Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Zehn Jahre nach dem Tsunami: Traumabewältigung in Aceh

Am 26. Dezember 2004 war ich über Weihnachten in Berlin und hörte morgens im Radio die Nachricht, dass es vor Nordsumatra ein Seebeben gegeben hatte. Ich machte mir erst einmal nicht allzu viele Gedanken. Solche Nachrichten gibt es in Indonesien regelmäßig. Neun Tote im Osten der Insel wurden gemeldet, einige Brücken seien zerstört. Aus deutscher – und anfangs selbst aus indonesischer – Mediensicht also kein großes Ereignis, noch dazu am zweiten Weihnachtsfeiertag. Ich trank in Ruhe Kaffee.

Generatorschiff PTLP Apung 1, Banda Aceh

Tsunami-Gedenkstätte in Banda Aceh, Indonesien: ein 2.600 Tonnen schweres Generatorschiff, das vier Kilometer weit ins Landesinnere gespült wurde, Foto: Florian Kopp/Misereor

Doch die Nachrichten über das Seebeben verschlimmerten sich laufend: Erst kamen Berichte von tausenden Toten, die bei einem Tsunami im Süden Thailands gestorben waren, wenig später folgten ähnliche Meldungen aus Sri Lanka, Indien und von den Malediven. Der gesamte Indische Ozean schien rundherum über seinen Rand geschwappt zu sein, die Todeszahlen stiegen stündlich. Nur aus Aceh, der nördlichsten Provinz Sumatras hörte man gar nichts. Und das obwohl das Epizentrum des drittgrößten Bebens, das je gemessen wurde, nur 85 Kilometer vor der acehnesischen Küste lag. Mich beschlich ein dumpfes Gefühl. Ein Anruf bei Kollegen in Jakarta bestätigte die Vorahnung, dass die schlimmsten Nachrichten noch ausstanden. Gegen Abend fragte ein großes Nachrichtenmagazin an, ob ich für die Tsunami-Berichterstattung auf die Malediven fliegen wolle. Ich lehnte ab und schlug vor, stattdessen früher nach Indonesien zurückzufliegen. Die Redaktion hielt das nicht für nötig – dort sei ja nicht so viel passiert. Laut Nachrichten.

Es dauerte tatsächlich mehrere Tage, bis die Welt anfing zu verstehen, warum es kaum Nachrichten aus Aceh gab. Aufgrund eines fast dreißigjährigen Unabhängigkeitskriegs stand die indonesische Provinz zu jenem Zeitpunkt unter Kriegsrecht und war von der Außenwelt weitestgehend isoliert. Nichtregierungsorganisationen und Ausländer durften nur mit Sondergenehmigung einreisen. Knapp zwei Tage dauerte es, bis die ersten indonesischen Hilfs- und Reporterteams sich über die vom Erdbeben zerstörten Straßen und Militärblockaden bis zur Westküste der Provinz durchgekämpft hatten und berichten konnten. Das Schreckensszenario dort überstieg jede Vorstellung: Über Hunderte von Kilometern waren ganze Küstenstreifen einfach ausradiert. Häuser, Bäume, Straßen – alles weg. Nur die platten Fundamente erinnerten noch daran, dass hier einmal Menschen gelebt hatten. In manchen Orten hatten gerade einmal zehn Prozent der Bevölkerung überlebt, mit wenigen Ausnahmen diejenigen, die zum Zeitpunkt der Katastrophe nicht zu Hause waren. Die Überlebenden zogen sich unter Schock und zum Teil schwer verletzt in die Berge zurück. Strom- und Telefonnetz waren komplett zusammen gebrochen, es war unmöglich, Hilfe herbeizurufen. Viele mussten tagelange Fußmärsche auf sich nehmen, um Lebensmittel oder ärztliche Versorgung für zurückgebliebene Angehörige zu besorgen.

Heute wissen wir, dass der Tsunami allein in Aceh 170.000 Menschen in den Tod riss. Als ich genau eine Woche nach der Katastrophe am Flughafen von Jakarta landete, hatte ich ein Dutzend SMS auf dem Handy: alle von Redaktionen, die mich plötzlich schnellstmöglich auf dem Weg nach Aceh sehen wollten. Es war abzusehen, dass der größte Tsunami unserer Geschichte noch Wochen und Monate die globalen Nachrichten beherrschen würde. Denn was jetzt folgte, war die größte Spendenaktion aller Zeiten.

Seit meiner Ankunft in Banda Aceh weiß ich, wie Leichen riechen. Zehn Tage nach der Katastrophe lag über der ganzen Stadt der süßliche Gestank der Verwesung. Rund 2000 aufgedunsene Körper zogen die Bergungstrupps jeden Tag aus Flussmündungen, unter Trümmern und Schutt hervor und fuhren sie auf großen Lastwagen in Massengräber. Jeder Gesprächspartner hatte Verwandte und Freunde verloren. In den am schlimmsten betroffenen Orten waren manche Familien komplett ausgelöscht worden. Die Überlebenden quetschten sich in Schulen oder Zeltlager. Die meisten hatten noch gar nicht realisiert, was eigentlich passiert war. Wo sich die 12 bis 30 Meter hohen Wellen mit voller Wucht hinübergewalzt hatten, war nicht mehr viel zu sehen außer ein paar Kokospalmen und vereinzelten Hausskeletten. Der Grenzstreifen der Todeszone lag etwa fünf Kilometer stadteinwärts: Hier stapelten sich Hausrat, zerquetschte Autos und die Überreste derer, die sich nirgends mehr hatten festhalten können. Mittendrin, fast unversehrt, lagen riesige Schiffe, als hätte sie ein Riese beim Spielen aus Versehen dort fallen lassen.

„Ist das Deine erste Katastrophe?“ fragte mich ein krisenerfahrener Kollege, mit dem ich zusammenarbeitete, und fügte – nicht sehr aufmunternd – hinzu: „Na, dann hast Du es ja gleich richtig erwischt.“ Dank seiner Unterstützung habe ich meine Arbeit trotzdem irgendwie geschafft. Nach einer Woche konnte ich wieder nach Hause fliegen. Es fühlte sich an wie der erste tiefe Atemzug an der frischen Luft nach einem längeren Tauchgang. Zwar spukten manche Bilder und Gespräche noch eine Weile im Kopf herum, doch die Katastrophe rückte wieder weit genug weg, um ein Nachrichtenbild im Fernseher zu werden. In den kommenden anderthalb Jahren flog ich noch mehrmals nach Aceh. Die Bedingungen wurden besser und ich härtete ab. Ich absolvierte das ABC der Katastrophenberichterstattung und zugleich noch einen Schnellkurs in internationaler Nothilfe und Entwicklungsarbeit. Doch die Betroffenen selbst konnten nicht einfach wegfliegen und die Tür hinter sich zu machen. Wie haben sie ihre schrecklichen Erinnerungen verarbeitet?

Namen von Opfern des Tsunami 2004 im Museum Tsunami Aceh, Indonesien; Foto: Florian Kopp/Misereor

Namen von Opfern des Tsunami 2004 im Museum Tsunami Aceh, Indonesien; Foto: Florian Kopp/Misereor

Zehn Jahre nach dem großen Tsunami von 2004 fuhr ich noch einmal nach Aceh. Diesmal um über das heutige Leben dort zu berichten, über den längst abgeschlossenen Wiederaufbau und den Frieden, den die Katastrophe der umkämpften Provinz brachte. Aber auch über die Scharia, die in der autonomen Provinz immer schärfer eingeführt wurde. Natürlich kamen Erinnerungen hoch. Ein Dokumentarfilm im Tsunami-Museum von Banda Aceh versetzte eine ganze Besuchergruppe in hemmungsloses Schluchzen und eine Mutter erzählte mir mit Tränen in den Augen, dass sie bis heute das Gefühl hat, einer ihrer beim Tsunami verschwundenen Söhne würde noch irgendwo leben.

Ich fühlte mich nicht wohl, die Frau durch meine Fragen nach den schrecklichen Erinnerungen so aufzuwühlen. Der Helfer jedoch, der mir den Kontakt vermittelt hatte, sagte: „Mach Dir keine Sorgen, das macht sie oft – und danach geht’s ihr wieder besser. Dieses Mitteilen ist ihre Form von Selbsttherapie.“ Schon zehn Jahre zuvor war ich tief beeindruckt, wie offen und freundlich die Opfer auf die Fragen fremder Besucher antworteten. Selbst im Zeltlager bekam ich manchmal noch etwas zu Trinken angeboten.

Internationale Hilfsorganisationen gehen automatisch davon aus, dass Opfer einer großen Naturkatastrophe posttraumatische Stresssymptome zeigen müssen, und richten ihre Einsätze demzufolge aus. Bei der psychologischen Betreuung in Aceh sind sie mit diesem Denkansatz kläglich gescheitert. Der Umgang mit den traumatischen Erfahrungen in Indonesien ist anders als bei uns. Alles mit der Gemeinschaft teilen ist dabei ein wichtiger Punkt, Religion ein andere. Die meisten Acehnesen glauben, dass der Tsunami eine Strafe Gottes für das Blutvergießen im Bürgerkrieg war. Durch diesen Glauben an eine göttliche Vorbestimmung und durch ihren kollektiven Lebensstil haben sich viele auf ihre eigene Art von den traumatischen Erinnerungen befreit. Fast alle Interviewpartner sagten, dass die psychischen Nachwirkungen des Bürgerkriegs bis heute viel schlimmer seien als die des Tsunamis: Gegen die Naturkatastrophe seien sie völlig machtlos und alle gleichermaßen betroffen gewesen. Während des Konflikts jedoch haben sich Menschen gegenseitig gequält und umgebracht, ohne dass irgendein höherer Sinn dahinter erkenntlich gewesen sei. Der Friede sei somit auch ein Geschenk Gottes.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 24.12. – Oude Kerk

Oude_KerkDie Glocken der Oude Kerk hat Kerstin Schweighöfer  für eine Reportage (Dlf, Europa Heute) über das berühmte Amsterdamer Rotlichtviertel aufgenommen. Vor kurzem hat Kerstin wieder darüber berichtet, diesmal für den Standard: “Amsterdam räumt sein Rotlichtviertel auf”. – Die Oude Kerk steht mittendrin und ist gesäumt von roterleuchteten Fenstern, hinter denen leichtbekleidete Frauen ihre Reize feilbieten. Und ja, John Irving-Leser kennen die Oude Kerk aus „Until I find you“ und in „A widow for one year”. Und so hört sie sich an.

 

 

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 23. 12. – ein Esel in Hasankeyf am Tigris

Susanne Güsten, IstanbulDer Esel, den wir am 23. Dezember im WELTREPORTER-Adventskalender hören, brüllt in einem kurdischen Dorf namens Kesmeköprü am Tigris, gegenüber der historischen Stadt Hasankeyf.

Susanne Güsten hat ihn aufgenommen: “Das Dorf soll zusammen mit der Stadt geflutet werden, wenn der Ilisu-Staudamm fertig ist. Für die Bewohner von Hasankeyf hat der Staat eine neue Stadt auf den höher gelegenen Hügeln hinter Kesmeköprü gebaut, auf den dazu enteigneten Feldern der Dorfbewohner. Die Dörfler sollen aber nicht mit in die Neustadt ziehen dürfen, klagten sie mir, weil die Städter sie dort nicht haben wollen. Hintergrund ist, dass die Bewohner von Hasankeyf überwiegend arabischer Herkunft sind, die Dorfbewohner aber Kurden. Da kann man wirklich nur noch brüllen.”

Susanne Güsten, geboren 1963 in München, aufgewachsen in Westafrika, Schulabschluss in den USA, Studium der Politikwissenschaften in Deutschland, Absolventin der Deutschen Journalistenschule; Redakteurin, Reporterin und zuletzt stellvertretende Chefredakteurin der Nachrichtenagentur AFP in Deutschland; seit 1997 als freie Korrespondentin in Istanbul.

 Susanne Güsten berichtet aus der Türkei und Nordzypern unter anderem für den Tagesspiegel und den Deutschlandfunk.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 22. 12. – “Nachtwache” im Reichsmuseum Amsterdam

-18083020666E196833_MG_9506A“Gleich brechen sie auf, die Mitglieder der Kompagnie von Frans Banning Coq, einer Bürgerwehr, die Rembrandt 1642 auf seinem wohl berühmtesten Gemälde verewigt hat: der Nachtwache.

Seit Mai 2013 hängt das Bild wieder an seinem angestammten Platz, am Ende der Ehrengalerie. Zehn  Jahre hatten Kunstfreunde darauf warten müssen, denn so lange dauerte es, bis das erweiterte und renovierte Amsterdamer Reichmuseum endlich in neuem Glanz seine Pforten eröffnen konnte. Wir Auslandskorrespondenten in den Niederlanden hatten die berühmteste Baustelle des Landes zuvor mehrmals auf so genannten Hart hat-Tours besichtigen können.

Nun sind die Meisterwerke ins Museum zurückgekehrt: die Vermeers, die van Goyens, die van Ruysdaels – und natürlich auch die Rembrandts, allen voran die Nachtwache: Dramatisch beleuchtet von der neusten LED-Lampen-Generation schauen Frans Banning Coq und seine Mannen dem Besucher entgegen, Lanzen und Waffen aufbruchbereit in der Hand und – was neu ist – Auge in Auge mit den Betrachtern: Museumsdirektor Wim Pijbes hat dafür gesorgt, dass Rembrandts bekanntestes Gemälde etwas tiefer als zuvor gehängt wurde.”

Kerstin Schweighöfer, von der unser heutiger Adventston kommt – ebenso wie die kleine Geschichte dahinter –  lebt seit 1990 als freie Autorin und Auslandskorrespondentin in den Niederlanden. Sie arbeitet vorwiegend für die ARD-Hörfunkanstalten, Deutschlandfunk und DeutschlandradioKultur, das Nachrichtenmagazin Focus und das Kunstmagazin Art.

Wer mehr von Kerstin über die Niederlande lesen möchte: Seit März 2012 gibt es ihr unterhaltsames Niederlande-Buch “Auf Heineken können wir uns eineken. Mein fabelhaftes Leben zwischen Kiffern und Calvinisten” (Piper Verlag) – und auf Youtube dazu “Fünf Fragen an Kerstin Schweighöfer”.

 

 

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 21. 12. – der Gave de Cauterets

BirgitKasparWanderungPyrenäenHeute hören wir im WELTREPORTER–Adventskalender einen Gebirgsfluss – den Gave de Cauterets, einen reißenden Gebirgsfluß, der in seinem Verlauf mitten durch den Ort Cauterets fließt (ein bekanntes Thermalbad in den Pyrenäen). Es war dieser Gave, der bei den Unwettern im Juni 2013 über die Ufer getreten ist und ganze Häuser und Straßen mit sich gerissen hat.

“Eure Nachrichten haben damals vermutlich nur über Lourdes und die Überschwemmungen berichtet”, mailt Birgit Kaspar dazu. “Damit Ihr für meinen Gebirgsbach ein passendes Fotos habt – hier eines von mir hoch oben in den Pyrenäen. Wo ich ja nicht nur gerne arbeite, sondern noch lieber wandere!”

Wenn Birgit nicht wandert, dann beobachtet sie von Toulouse aus, wie sich die Pariser Politik im Leben der Menschen auswirkt. Besonders interessiert sie sich für die Integration von Minderheiten (Muslime, Juden, Roma), eine ungelöste Problematik auf die viele Franzosen mit zunehmender Ausgrenzung bis hin zu Fremdenhass reagieren.

Birgits Berichte sind zu hören und zu lesen bei Deutschlandradio, dem ARD-Hörfunk und Zeitungen und Magazine wie „Cicero“, „Luxemburger Wort“,„Sonntag/Leben & Glauben“ und „Country“.

 

 

 

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 20. 12. – Ikonenmaler

george kordis

«Kann man Farbe hören? Man kann», sagt der Heiligenmaler George Kordis. Er greift zu einem Pinsel und fährt behutsam über eine graugrün grundierte Leinwand. Ein leises Zirpen ist zu hören. «Das liegt an der Beschaffenheit der Farbe, dem Verdaccio», sagt Kordis und fährt zum Vergleich mit dem Pinsel über eine nicht grundierte Fläche. «So kann man auch kontrollieren, ob die Farbe gut ist.» Für ihre Sendung über die Kunst der Ikonenmalerei hat Alkyone Karamanolis nicht nur lange Interviews mit Ikonenmalern geführt, sondern eben auch alle Geräusche aufgenommen, die im Atelier zu hören waren. Nur den Kuchenduft – beim Vergolden kommt nämlich auch Eiweiß zum Einsatz – konnte ihr Mikrofon nicht einfangen.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Endlich ausgehobbit

Hobbit-Fans strömten ins Kino, Hobbit-Hasser atmeten auf: „Die Schlacht der fünf Heere“ ist gestartet und damit die Attacke der sechs Tolkien-Filme für immer vorbei. Bei aller Liebe für Elfen und Zwerge, für Zauberer und Orcs – aber 15 Jahre Mittelerde sind genug, trotz all der Oscars. Erbarmen, liebe Fabelwesen! Sonst wachsen uns noch Haare an den Füßen und unsere Häuser werden zu Höhlen. Jetzt herrscht langsam wieder Hobbit-Freiheit für Aotearoa. Darauf schmauchen wir uns ein schönes Gandalf-Pfeifchen.

hobbit

Anderthalb Millionen Zuschauer strömten in Deutschland seit voriger Woche trotz gemischter Kritiken in die Kinos. Hier, in der Geburtsstätte der beiden Trilogien, hielt sich der Ansturm zurück. Und das, obwohl „The Lord of the Rings“, kurz LOTR, zur neuen Staatsreligion im säkularsten Land der Welt wurde und der größte Hype, bevor Sängerin Lorde uns erlöste.

 1999 begannen die ersten Dreharbeiten; jeder gefühlte zweite Kiwi war involviert. Pathos und Patriotismus wuchsen schneller, als das Kaff Matamata sich „Hobbiton“ nennen konnte. Doch nach all der Anfangseuphorie ist es erstaunlich ruhig um den letzten cineastischen Zwergenaufstand geblieben. Ermüdung oder Erleichterung?

Man kann endlich wieder in Wellington landen, ohne dort von gigantischen Adlern und Schwertern begrüßt zu werden, die von der Decke hängen. Unsere Hauptstadt nennt sich nicht mehr „Middle of Middle Earth“. Jetzt darf man ungestraft zugeben, dass man sich nicht alle 17 Stunden an Schlachten und Dramen reingezogen hat. Dass man Bifur nicht von Bofur, Nori nicht von Ori und Narzug nicht von Yazneg unterscheiden kann. Vielleicht kann man sogar fragen, ob es wirklich nötig war, Warner Brothers 67 Millionen Dollar Steuerfreiheit einzuräumen, damit sie Neuseeland so schön als Kulisse vermarkten.

Aber egal – es ist vorbei. Allerdings nicht für alle. William Kircher, der den Zwerg Bifur in „Der Hobbit“ spielt, kann den Rest seines Lebens damit verbringen, für gutes Geld auf Film- und Fantasy-Messen aufzutreten. Allein im letzten Jahr tauchte er von Kanada bis Kopenhagen bei „Hobbitcon“ oder „Ringcon“ auf, manchmal vor über 5.000 Fans. Air New Zealand lud 150 der knallhärtesten Tolkien-Verehrer zu den Originalschauplätzen ein. Treffen mit den Darstellern, Kreischen, Tränen vor Aufregung, gar spontanes Nasenbluten. Filmreif!

Der Inder Naresh Kumar lief gerade 87 Tage lang 3.000 Kilometer von Nord nach Süd nur in Sandalen durchs Land, trotzte Schnee und Sturmfluten: ein Jugendtraum, seit er „Herr der Ringe“ erstmals sah. Wer sich nicht für Gollum & Co begeistern kann, wird nie verstehen, was in Abermillionen Köpfen von Peter Jackson losgetreten wurde. Jeder fünfte Neuseeland-Tourist kommt mittlerweile wegen seiner Filme. Es gibt sogar eine Eis-Sorte mit Hobbit-Geschmack.

Im neuen Jahr rollt dann die nächste Invasion aus Hollywood an. Regisseur James Cameron lebt mittlerweile in Neuseeland. Hier entstehen die drei Fortsetzungen von „Avatar“. Blaue Haut statt Zottelbärte? Wir sind bereit.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 19. 12. – Afrikanischer Busch

_MG_9570ADer afrikanische Busch. Aufgenommen in Zentralkenia, in einer von Masai geführten Lodge, der Il Ngwesi-Lodge. Bettina Rühl hat dort über Elfenbeinwilderei recherchiert: “Zur Lodge fuhr ich, die Wilderei in dieser Region stark abgenommen hat, seit die Masai ganz direkt vom Tourismus profitieren. Jetzt erst erscheinen ihnen die Tiere, auch die Elefanten, wirklich schützenswert. Ein wirklich schöner Fleck Erde, und die Geräusche aus dem Busch sind immer nah.”

Anhören: zum tönenden Adventskalender

Von der kenianischen Hauptstadt Nairobi aus schildert Bettina, was die großen politischen Prozesse und Umbrüche in Afrika für den Alltag der Menschen bedeuten. Mit mehreren Medienpreisen wurde Bettinas ARD Radio-Feature “Die Macht der Warlords von Mogadischu“ (2012) ausgezeichnet, darunter der Leipziger Medienpreis. Im Frühjahr 2013 erhielt sie für ihre einstündige Hörfunk-Dokumentation “Der Anführer” in Berlin den “Reemtsma Liberty Award”.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 18. 12. – Bahnsteig-Melodie in Tokio

Hagenberberg_Roland Tokyo winter LR

Jede Bahnstation in Tokio hat eine Kennmelodie, die aus Lautsprechern plärrt, kurz bevor der Zug abfährt. Eine automatisierte Frauenstimme ruft danach zum zweiten Mal den Stationsnamen aus und sagt: „Bitte Türknopf drücken, wenn notwendig!“

Ihre Ansage überschlägt sich mit der Stimme des Stationsbeamten:

„Aufpassen, gleich schliessen sich die Türen!“ – während der Zugfahrer bereits die nächste Station ankündigt.

Anhören: zum tönenden Adventskalender

Roland_manga

Roland Hagenberg lebt seit 1994 als freier Autor, Fotograf, Videojournalist und Produzent in Tokio. Schwerpunkte seiner Reportagen sind Kunst, Architektur, Film, Mode, Reisen und Design. Auf “hagenworld”, seinem You-Tube-Channel, gibt er regelmäßig einen Einblick in seine Arbeit “from my street”.

 

 

???????????????????????????????

Foto: Bahnsteig der Yamanote-Linie in der Shinjuku-Station,
wo täglich mehrere Millionen Menschen ein- und aussteigen.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 17. 12. – Armenischer Gottesdienst in Istanbul

Susanne Güsten, IstanbulIn diesen Gottesdienst in einer kleinen armenischen Kirche im Istanbuler Stadtteil Kadiköy wanderte Susanne Güsten zufällig hinein, als sie auf der Suche nach einer anderen Kirche war – nach der Konzilskirche von Chalcedon, wo im Jahr 451 das vierte Ökumenische Konzil der Christenheit tagte: “Ich freute mich, eine orientalisch-orthodoxe Kirche an jenem Ort vorzufinden, wo diese sich seinerzeit von der übrigen Christenheit abspaltete. Den Ort der ursprünglichen Konzilskirche fand ich später auch noch, dort steht heute eine relativ neue griechisch-orthodoxe Kirche. Die Türkei mag ein moslemisches Land sein, doch die Wurzeln der Christenheit stecken tief in ihrer Erde und sind auch noch nicht abgestorben.”

Susanne Güsten, geboren 1963 in München, aufgewachsen in Westafrika, Schulabschluss in den USA, Studium der Politikwissenschaften in Deutschland, Absolventin der Deutschen Journalistenschule; Redakteurin, Reporterin und zuletzt stellvertretende Chefredakteurin der Nachrichtenagentur AFP in Deutschland; seit 1997 als freie Korrespondentin in Istanbul.

Susanne Güsten berichtet aus der Türkei und Nordzypern unter anderem für den Tagesspiegel und den Deutschlandfunk.

 Anhören: zum tönenden Adventskalender

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 16. 12. – Goran Bregovic

Danja Antonovic, Belgrad 2013-05-07 23.59.30“Ich persönlich mag diesen diesen schnellen, lauten, ekstatischen Rhythmus von Bregovic sehr gerne”, schreibt Danja Antonovic, Weltreporterin in Belgrad: “und wenn man ihn hört, dann denkt man an Serbien.”

Tesla, Tito und Trompeten sind Markenzeichen der boomenden Stadt Belgrad an der Save und Donau. Mädchen mit den kürzesten Röcken und den längsten Beinen der Welt spazieren durch die unzähligen Jazzclubs, Bars und Cafées, durch alternative Kunstdistricts in zerfallenen Gründerzeithäusern.  Serbian Sushi als nouvelle couisine vom Balkan im Belgrader Hafen – “und das alles billig” schreibt `Lonely Planet` und macht Belgrad zu einer der zehn “must see destinations” für 2015. Die Touristenzahlen steigen, im letzen Jahr um 15 Prozent.

Und während Belgrad eine “Enjoy-Stadt” geworden ist, stehen dem gegenüber fast 30 Prozent Arbeitslose in Serbien und eine patriarchalische Gesellschaft, in der Frauen, Roma und Schwule nichts zu lachen haben.

Danja Antonovic lebt seit 2006 als Auslandskorrespondentin in Belgrad und bereist von dort aus die ex-jugoslawischen Länder, von Slowenien bis Mazedonien. Dabei wirft sie einen humor- und liebevollen Blick auf die Skurrilitäten der Region – ob Paprika-Erntefeste oder weihnachtlicher Konsumrausch, ob Emir Kustoricas “Küstendorf” in den serbischen Bergen oder das Merchandizing zum neuen Tito-Kult.

 Anhören: zum tönenden Adventskalender

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 11. 12. – Auftakt Lubanga-Prozess …

… vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (Foto: ©ICC-CPI–Wim Cappelen).

_MG_9506AC_Building©ICC-CPI--Wim_CappelenKerstin Schweighöfer ist vor allem als Hörfunkjournalistin bekannt, sie ist häufig auf DRadio zu hören, wenn es um niederländische Themen geht wie Tulpen, Fußball und Königshaus, aber auch gesellschaftliche Dauerbrenner wie Sterbehilfe und Drogen, Einwanderungspolitik und Rechtspopulismus. Und seit einiger Zeit auch Kriegsverbrecherprozesse wie die gegen Karadzic und Mladic.

In den letzten zehn Jahren haben sich immer mehr internationale Institutionen und Tribunale in Den Haag niedergelassen: Angefangen bei Eurojust und Europol über das UN-Büro zum Verbot chemischer Waffen und den Internationalen Gerichtshof bis hin zum Jugoslawientribunal und dem neuen Internationalen Strafgerichtshof ICC – jenem Weltgericht, das Kriegsverbrechen in aller Welt ahnden soll und als Meilenstein in der Entwicklung des internationalen Rechts gilt.

Den O-Ton vom Auftakt des Prozesses gegen den kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga Dyilo nahm sie auf für ein Deutschlandfunk-Hintergrundstück über die Bedeutung der internationalen Strafgerichtshöfe in Den Haag.

Wir finden: Auch so ein O-Ton gehört in einen Welt-Ton-Adventskalender.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 10. 12. – Nilpferde im Garamba Nationalpark

_MG_9570AVon der keniBettina Rühl, Nairobi 2013-05-08 00.02.04anischen Hauptstadt Nairobi aus schildert Bettina Rühl, was die großen politischen Prozesse und Umbrüche in Afrika für den Alltag der Menschen bedeuten. Mit mehreren Medienpreisen wurde Bettinas ARD Radio-Feature “Die Macht der Warlords von Mogadischu“ (2012) ausgezeichnet, darunter der Leipziger Medienpreis. Im Frühjahr 2013 erhielt sie für ihre einstündige Hörfunk-Dokumentation “Der Anführer” in Berlin den “Reemtsma Liberty Award”. In dem ARD-radiofeature geht es um den ruandischen Milizführer Ignace Murwanashyaka. Er muss sich seit Mai 2011 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verantworten. Die Anklage wirft ihm vor, von Deutschland aus Kriegsverbrechen im Kongo befohlen und gesteuert zu haben.

Zu ihrem O-Ton “Nilpferde” im Weltreporter-Adventskalender schreibt Bettina: “Aufgenommen im kongolesischen Garamba-Nationalpark, dort war ich unterwegs für ein Feature über den Zusammenhang zwischen der Finanzierung von Milizen und Elfenbeinwilderei. Die Töne stammen von einer großen Nilpferde-Badestelle, dutzende Tiere zusammen, auch Jungtiere. Vorsicht ist geraten, weil Nilpferde schnell und gefährlich sind. Sie haben mich zwar beobachtet, sich aber sonst nicht weiter stören lassen.”

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 9. 12. – Taiwanesischer Politiker wirbt um Stimmen

Taiwan_Politiker

Klaus Bardenhagen ist ein Multi-Talent: schreibt für Print- und Onlinemedien, arbeitet für Radiosender und dreht Fernsehbeiträge als Videojournalist. Aus Taiwan und anderen Ländern der Region berichtet er seit 2008 – über Menschen, die Chinesisch sprechen und demokratisch wählen, über eine Gesellschaft, die vor vielen ähnlichen Herausforderungen steht wie Deutschland, und über ein Land, das vom Westen noch zu entdecken ist.

Seinen O-Ton für den Weltreporter-Adventskalender hat er vor der eigenen Haustür aufgenommen:

“Auch mein Stadtviertel in Taipeh war Ende November im Regionalwahl-Fieber. Kandidaten wie Hong Jian-yi trommelten um Stimmen und schickten solche Lautsprecherwagen durch die Straßen. Diese Botschaft kam wohl gut an – Hong wurde wieder in den Stadtrat von Taipeh gewählt. Und ich hatte einen schönen Ton für meinen Vorbericht zur Wahl.“

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 8. 12. – Sufi-Sänger

… aus Nizamuddin in Neu Delhi.  Diesen O-Ton haben wir aus einem Video herausgenommen, das Michael Radunski in Delhis Stadtteil Nizamuddin aufgenommen hat, in einem kleinen Hinterhof vor dem Mogul-Grab Chausath Khamba. Was wir hier hören ist “Qawwali”, ist ein zum Sufismus gehörender Gesangsstil, der ursprünglich aus der ehemaligen Provinz Punjab im heutigen Pakistan und Nordindien stammt.

Das Grab im Hinterhof wurde 1623 erbaut und hütet die Gebeine des Mogul-Kaisers Mirza Aziz Kokaltash. Der Name Chausath leitet sich von der impossanten Deckenkonstruktion ab, die auf 64 Marmorsäulen ruht (Chausath = 64). Seit 2011 wurde das Grabmal mit Unterstützung der Deutschen Botschaft in Delhi restauriert und nun feierlich mit Qawwali-Gesang für die Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Michael hat das Video extra für den Adventskalender aufgenommen.

Bevor Michael 2012 nach Neu Delhi kam, hat er in England und China gelebt. In seinen Reportagen, Interviews und Porträts erzählt er nun von einem Land, das ihn durch seine Unterschiedlichkeit fasziniert.

(Fotos: co Deutsche Botschaft Neu Delhi/German Embassy New Delhi)

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 7. 12. – Am Abend der verlorenen WM …

knf_2… in Buenos Aires.

Karen Naundorf, Weltreporter-Korrespondentin in Südamerika, sah das WM-Finale Deutschland-Argentinien in Buenos Aires. Wirklich begeistert waren ihre Freunde zwar nicht, den Gegner, eine Deutsche, im Haus zu haben. Trotzdem kauften sie ihr Leberwurst und Gürkchen. Und gratulierten nach dem Spiel zum Weltmeister-Titel für Deutschland.

Traditionell geht man in Buenos Aires nach Ende eines wichtigen Spiels nicht einfach nach Hause. Man macht sich auf zum Obelisk, dem Wahrzeichen der Stadt, auf der Straße 9 de Julio, der vielleicht breitesten der Welt. Entweder zum Feiern oder zu gemeinsam zu trauern. 2006 und 2010, als Argentinien im Viertelfinale gegen Deutschland ausschied, hatte es Tränen gegeben. Doch diesmal überraschten die Argentinier die Korrespondentin: Der Vize-Weltmeister-Titel wurde gefeiert! Ohne Anti-Deutschland-Lieder, mit Grillwürstchen und Fahnenschwenken.

Karen Naundorf berichtet aus Südamerika für deutschsprachige Medien. Ihre Print-, Radio- und TV-Reportagen erscheinen u.a. in Spiegel, Zeit, Geo Special, Mare, Neon, SZ-Magazin, beim BR, WDR, Deutschlandfunk, Arte und ZDF. Über den WM-Abend berichtete sie für Spiegel Online und N-Tv.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 6. 12. – Balletttraining …

_MG_9878…  im Bolschoi.

Land und Leute zum Klingen zu bringen, gehört ebenso zu den Leidenschaften von Thomas Franke wie schnelle faktenorientierte Berichterstattung. Seit mehr als 20 Jahren macht er schon den Spagat zwischen Nachrichten und Literaturfeatures. Er hat vom Zusammenbruch der Sowjetunion berichtet, war Ende der 90er  Jahre auf dem Balkan unterwegs und ist seit einigen Jahren zurück in Russland, das sich erneut in einer Umbruchsphase befindet. Das Bolschoi-Theater hat Thomas immer wieder besucht und für den WELTREPORTER-ADVENTSKALENDER hier einen Ton gestiftet, der uns in diesen legendären Kosmos mit hinein nimmt.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 5. 12. – Tänzerinnen am Erewan-Hinduschrein …

Sascha_Porträt_IMG_5240 3Sascha_20141128_140427 3

 

…  in Bangkok. Gläubige Buddhisten und Hindus aus aller Welt besuchen den Erewan-Schrein im Zentrum von Bangkok, der dem hinduistischen Gott Brahma gewidmet ist. Sie bitten um Geld, Liebe, beruflichen Erfolg, aber auch um Gesundheit und Erleuchtung. Bei größeren Wünschen kann man eine Tanztruppe anheuern, die – begleitet von einem traditionellen Orchester – Tänze aufführt, um den Gott zu erfreuen.

Für den WELTREPORTER-Adventskalender hat Sascha Zastiral  die Tanztruppe mit seinem Handy aufgenommen:  “Der Schrein steht neben einer Hauptverkehrskreuzung, daher der recht bunte Soundtrack. Für eine Geschichte habe ich den O-Ton nie gebraucht. Ich war aber oft dort: An der Kreuzung, an der dieser Schrein steht, finden seit Jahren Proteste rivalisierender politischer Gruppen statt. 2010 sind hier bei Zusammenstößen mit der Armee Dutzende Menschen (die für demokratische Wahlen protestiert haben) getötet worden.”

Sascha Zastiral berichtet seit Anfang 2010 aus Bangkok und den Ländern der Region. Vorher hat er einige Jahre in Neu-Delhi gearbeitet. Er schreibt und produziert Radiobeiträge und Sendungen. Und Musik. Gerade macht er sich auch als DJ einen Namen.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 4. 12. –  ein schnurrender Gepard in … ?

March_Interview mit Gepard KopieHier schnurrt keine Hauskatze, sondern die Gepardin Thandi. Gemütlich auf der Seite liegend ließ sie sich von Leonie March streicheln. Leonie: “Ich hatte dabei eher ein flaues Gefühl im Magen. Die zahme Raubkatze ist die Attraktion des „Tenikwa Wildlife Awareness Centre“ an Südafrikas Garden Route. Durch die Tuchfühlung mit den Geparden sollen Touristen für den Schutz der bedrohten Raubtiere sensibilisiert werden.” Über das Centre hat Leonie u. a. in einer Reportage für Deutschlandradio Kultur berichtet.

Leonie lebt und arbeitet seit 2009 in Durban, Südafrika. Reportagen, Features und Analysen aus den Ländern des Südlichen Afrika sind ihre Spezialität. Dabei stellt sie bewusst die Klischees und Vorurteile gegenüber dem „schwarzen Kontinent“ auf die Probe. Als Radio-Korrespondentin berichtet sie aus Kultur, Politik und Gesellschaft, unter anderem für Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk, SRF und Monocle24. Den Gepard können Sie hier hören.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Schwere Jungs vor Gericht

Es war die Woche des rotierenden Gerichtsdramoletts – der reinste Showdown down under. Große Namen, schnelle Auftritte, kuriose Szenen, heiße Luft. Viel Action mit wenig Inhalt gab’s zuerst mit AC/DC-Schlagzeuger Phil Rudd. Das 60jährige Schwermetall-Reptil mit dem bürgerlichen Nachnamen „Witschke Rudzevecuis“ bewegte sich aus seinem mit Tournee-Postern zugekleisterten Haus ins Rampenlicht des Bezirksgerichts von Tauranga. Das war schon alles. Aber das dafür bühnenreif.

Der gebürtige Australier, der sich 1983 in die  verschlafene Küstenstadt in Neuseelands Osten absetzte, dort ein Hafenrestaurant eröffnete und in der neuen Heimat vor allem durch seine Vorliebe für Prostituierte, Drogen und schnelle Autos auffiel, musste dort erneut vor dem Richter antanzen. Anfang des Monats war er festgenommen worden, weil er angeblich Killer angeheuert hatte. Jetzt hängen ihm nur noch eine Morddrohung und der Besitz von Cannabis und Metamphetaminen an.

Rudd, ganz der Rockstar, erschien eine halbe Stunde zu spät im Gericht – zwei Minuten, bevor man ihn deshalb erneut verhaften lassen wollte. Sein rechtes Augenlid zuckte nervös; sein einziger Kommentar für die Reportermeute war „Bullshit“. Als der Termin vorbei war, sprang der Drummer hinten auf einen seiner Bodyguards und ließ sich huckepack zu seinem Sportwagen tragen. Mit dem Auto setzte er so ruckartig auf die Straße raus, dass er um ein Haar in einen Laster krachte. Trommelwirbelsolo!

In Auckland ging’s weiter, aber im Vergleich dazu geradezu distinguiert. Diesmal mit Kim Dotcom, der sich seit seiner Schlappe bei den Nationalwahlen im September bedeckt hält. Nichts als Pech für den angeblichen Internetpiraten: Auch sein Anwaltsteam hat ihn fallen gelassen. Jetzt wurde im Vorfeld des drohenden Auslieferungsverfahrens seine Kaution neu verhandelt. Hollywood hatte angeblich Druck gemacht, ihn bis zum Prozess im Juni wieder hinter Gitter zu stecken oder ihm zumindest elektronische Fußfesseln anzupassen. Was Dotcom in souveräner Manier vor dem Gerichtsgebäude als Armutszeugnis für die neuseeländische Regierung kommentierte – in einem druckreifen Statement, ganz „Global Player“ mit Nerd-Brille und Dreitagebart statt schriller Bösewicht. Wo er recht hat, hat er recht – ob man ihn mag oder nicht.

In der dreitägigen Anhörung kamen so spannende Details ans Licht wie die Tatsache, dass Dotcom mit einem auf „Kim Schmitz“ ausgestellten Führerschein zu halsbrecherisch gefahren sei. 40 Millionen Neuseeland-Dollar hat der Krösus vor allem durch Anlagen seit seiner hollywoodreifen Festnahme verdient, aber dennoch sei er damit nicht auf der Flucht – was für ihn spreche, so der Richter. Big Kim bekam als verschärfte Kautionsauflage aufgebrummt, sich ab sofort zweimal pro Woche bei der Polizei zu melden. Er muss seinen Pass abgeben und darf weder ein Schiff noch ein Privatflugzeug betreten. Sein Abgang nach dem Gerichtstermin hatte so gar nichts von AC/DC. Letzte Worte: „Jetzt gehe ich nach Hause und spiele mit meinen Kindern.“

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 3. 12. – Klinsmann-Fans

Kerstin Zilm, Los AngelesIMG_3866

Kerstin Zilm hat für den WELTREPORTER-Adventskalender diese begeisterten Klinsmann-Fans in Los Angeles bei einem Freundschaftsspiel des US-Teams gegen Korea aufgenommen:

“Ich bin großer Klinsi-Fan und hab mich sehr gefreut, wie die Fans am Rand des Trainingscamps den deutschen Trainer gefeiert haben. Ich habe einige Male über das US-Team berichtet und bin dabei selbst zum Fan der US-Mannschaft geworden. Zu den Spielen reisen inzwischen tausende von Fans an. Sie nennen sich die “American Outlaws” weil Fußball in den USA ja noch immer ein wenig eine Außenseiterrolle spielt.

IMG_3850IMG_3836Als Deutschland gegen die USA gespielt hat, hab ich gemerkt, dass die Liebe zum Team meiner Wahlheimat doch lange nicht an meine Begeisterumng für die Deutschen herankommt. Ich hab das Spiel in einer Kneipe mit deutschen und US Fans gesehen und hab nur den Deutschen die Daumen gedrückt. Das Finale hab ich in einer überfüllten Kneipe geschaut und hinterher mit Freunden die Meisterschaft riesig gefeiert.”

Meine Töne von den Fans sind unter anderem in ein Feature für die Sendung ‘Nachspiel’ vom Deutschlandradio eingeflossen.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Adventston 2. 12. – Krakeelende Kookaburras

Julica Jungehülsing lebt und arbeitet seit 2001 als freie Journalistin in Australien. Ihre Reportagen und Interviews von der Südhalbkugel erscheinen unter anderem in Stern, GEO Saison, GEO Special, Merian, Zeit, SZ-Magazin und Brigitte. 2007 erschien bei Herder ihr Buch “Ein Jahr in Australien”, das seither zum Bestseller wurde. Julica liebt Australiens faszinierende Weite und Natur, für den Adventskalender nahm sie das Geschrei der Kookaburras im Limburner’s Creek National Park and der Küste von New South Wales auf. Tonal unterstützt werden die lachenden Eisvögel in der Aufnahme vom Quaken der grünen Baumfrösche.

Bildschirmfoto 2014-11-30 um 20.41.45

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Ein schwarzer Tag für Truthähne

Das Gerücht hält sich hartnäckig. Harry Truman soll, vor nunmehr 67 Jahren, eine der schmalzigsten Traditionen im amerikanischen Festtagskalender begründet haben. 1947 war es, als heimische Geflügelzüchter den volkstümlichen Präsidenten mit einem massigen Truthahn beglückten – und Truman das Vogelvieh in den Tagen vor «Thanksgiving», dem amerikanischen Erntedankfest, kurzerhand begnadigte. Seither gehört dieses Washingtoner Ritual zu Thanksgiving wie die Sauce aus Cranberries und das opulente Füllmaterial, die den Truthahn erst geniessbar machen.

Bloss: Für diese Überlieferung gibt es keine Beweise. Die Harry S. Truman Library in Independence (Missouri), die sich dem Andenken an den Demokraten verschrieben hat, fand auch nach langer Suche keine «Dokumente, Reden, Zeitungsartikel, Fotografien» oder andere zeitgenössische Belege für diese Anekdote. Zwar stimme es, heisst es in einem Beitrag auf der Internetseite der präsidialen Bibliothek, dass Truman 1947 einen Truthahn geschenkt bekommen habe – ein PR-Stunt des nationalen Truthahn-Züchter-Verbandes. Von dieser Zeremonie ist gar ein Bild überliefert, auf dem der Präsident, der nun wahrlich kein Kostverächter war, mit erwartungsvollem Blick auf den Truthahn starrt. Aber diese Übergabe habe sich kurz vor Weihnachten 1947 ereignet, und nicht kurz vor dem Thanksgiving Day, sagen die Archivaren. Und der Vogel endete im Ofen, und nicht im Truthahn-Paradies.

Kein Kostverächter: Präsident Harry S. Truman, von Angesicht zu Angesicht mit einem Truthahn. Quelle: Harry S. Truman Library and Museum.

Kein Kostverächter: Präsident Harry S. Truman, von Angesicht zu Angesicht mit einem Truthahn. Quelle: Harry S. Truman Library and Museum.

Wie dem auch sei. Auf verschlungenem Weg nistete sich die Legende von Truman, dem Truthahn-Freund, im kollektiven Gedächtnis der Amerikaner ein. Und deshalb verweisen seine Nach-Nach-Nachfolger immer um diese Jahreszeit auf die grosse Geste des Präsidenten – um es ihm anschliessend im Weissen Haus gleichzutun.  Am Mittwoch wird Präsident Barack Obama an diese Tradition anknüpfen, wohl froh darüber, für einmal nicht im Zentrum einer Kontroverse zu stehen.

Historiker sagen übrigens, dass es Bush der ältere war, der als erster offiziell von seinen präsidialen Vorrechten Gebrauch machte, und einen Truthahn vor dem Schlachter rettete. Am 14. November 1989, fünf Tage nach dem Fall der Mauer in Berlin, sprach George Bush im Weissen Haus die historischen Worte: «Dieser wird nicht auf einen Esstisch landen, nicht dieses Kerlchen.» Und dann begnadigte der Republikaner das Vogelvieh nach allen Regeln der Kunst – und begründete damit mehr oder weniger spontan eine neue Tradition.

In diesem Sinn: Happy Thanksgiving!

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

“Nichts kann die Recherche vor Ort ersetzen”: Ein medialer Frontbericht aus Bagdad

Birgit Svensson lebt und arbeitet seit Jahren in Bagdad. Als freie Journalistin an einem der aktuell gefährlichsten Orte schreibt und berichtet sie u.a. für Die Zeit, Die Welt, den Deutschlandfunk, den Schweizer Rundfunk und die Deutsche Welle. Sie ist eine der ganz wenigen Frauen, die vor Ort das aktuelle Chaos, die dramatischen Veränderungen erleben. Noch im letzten Jahr musste sie um ihren Verbleib in Bagdad kämpfen, für viele Medien schien der Irak uninteressant. Jetzt sind sie alle wieder interessiert, wollen Berichte und Reportagen.

Wie Birgit Svensson das alles erlebt, wie sie  mit dem Problem Sicherheit umgeht, wie dieser Bürgerkrieg auch sie verändert – darüber redet sie nur selten. Sie sagt: “Die Iraker sind die Helden – nicht ich.”

Tikrit Saddam

Im Saddam-Mausoleum in Tikrit, nun zerstört durch den IS

Schon gibt es die erste deutsche Tageszeitung, die ohne Journalisten produziert wird. Synergieeffekte, Zentralisierung, Konzentration auf die Kernbereiche nennt sich dieses betriebswirtschaftliche Projekt ohne Inhalte. Geldsparen ist wichtiger als kritischer und unabhängiger Journalismus. Die Zeitungen schaffen sich selbst ab.

Dabei sind Journalisten im Zeitalter der grenzenlosen Beliebigkeit und Informationsüberfüllung notwendiger denn je. Denn nichts kann die Recherche vor Ort ersetzen und die Einordnung, die diese mit sich bringt. Es ist Erfahrung und Professionalität von Journalisten, die Quellen zusammenführen und daraus Schlüsse ziehen. Es ist die Fülle von Kontakten, die ein Gesamtbild erlaubt. Der Mikrokosmos eines Dorfes oder eines Stadtviertels lässt Rückschlüsse auf das große Ganze zu. Keine Internetrecherche kann dies leisten.

Die Stille vor der Explosion einer Bombe in Bagdad, das Anwachsen der Spannung bei den Demonstrationen in Kairo, die Angst in den Gesichtern der Bewohner von Damaskus kann nur der nachvollziehen, der sich mittendrin befindet, der mit leidet, mit fühlt und trotzdem eine gewisse Distanz zu dem Geschehen bewahrt. Das ist der Spagat, den ich und andere professionelle Journalisten vor Ort täglich leisten: den Austritt aus der Beliebigkeit.

“Die Kämpfe um Kobane erhalten eine Wichtigkeit, die keiner qualitativen Prüfung standhält.”

Im Mittleren Osten wird dies derzeit besonders deutlich. Vom größten Krisenherd der Welt erleben wir eine Überflutung mit Nachrichten, Bildern und Propaganda. Die Kämpfe um Kobane erhalten eine Wichtigkeit, die keiner qualitativen Prüfung standhält. Nur weil der Krieg um diese eine Stadt buchstäblich vor unseren Augen ausgetragen und in die Wohnzimmer der Fernsehzuschauer hineingetragen wird, ist über Wochen von nichts anderem die Rede.

Kerbela

Auf Pilgerfahrt in Kerala

Dabei spielen sich anderswo in der Region weit wichtigere Schlachten ab, die allerdings weniger Propagandamaterial im Internet aufweisen und von Fallschirmjournalisten komplexe Erklärungsmuster fordern würden, die sie nicht leisten können. Wer nur mal eben schnell von einem Krisenherd zum anderen fliegt, erfasst kaum Zusammenhänge, sondern liefert Spotlights. Doch die immer komplizierter werdenden Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten erfordern zumindest Scheinwerfer, um sie verstehen zu können. Ein Zerrbild der Wirklichkeit ist die Folge.

Natürlich ist es bequemer am Schreibtisch zu sitzen und die Welt per Internet in die Redaktionsstube zu holen, als sich draußen abzuducken, wenn Steine fliegen oder eine Bombe explodiert. Kostengünstiger ist es allemal. Wer wie ich jahrelang vor Ort recherchiert und um eine authentische Berichterstattung bemüht war, fühlt sich derzeit mehr als Fossil als auf der Höhe der Zeit. Die Fehler im Netz zu korrigieren, ist äußerst schwierig. Das Internet hat keine Randspalte wie die Zeitung, auf der unten rechts die „Anmerkungen der Redaktion“ Korrektur verheißen.

“Eine Bankrotterklärung an den Qualitätsjournalismus.”

Der kritiklosen Gläubigkeit der Internet-Nachrichten sitzen jedoch nicht nur Yellow Press und Krawallblätter auf, weil sie keine Leute vor Ort haben, die die Angaben auf ihre Richtigkeit überprüfen. Auch seriöse Medien mit bis dato hohem journalistischem Anspruch meinen, immer mehr auf  Rechercheure vor Ort verzichten zu können und übernehmen, was ihnen das Internet vorkaut. Um einen Hauch von Seriosität zu bewahren wird erwähnt, dass „die Richtigkeit der Angaben nicht zuverlässig überprüft“ werden könne. Tatsächlich ist dies aber eine Bankrotterklärung an den Qualitätsjournalismus und eine willkommene Ausrede sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Ich hoffe trotzdem, dass sich auf kurz oder lang Qualität wieder durchsetzen wird, auch wenn ich mit dieser Position im Moment noch wie eine Ruferin in der Wüste klinge.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Kriegstänze und Sex mit Schafen?

Letzten Freitag, als Angela Merkel erstmals auf Staatsbesuch in Auckland einfiel, verschlug es mich in die entgegengesetzte Richtung – in ein Schweigeseminar. Das musste leider dringend sein und war zeitlich geschickt eingefädelt. Denn solch ein Puffer hilft, um anschließend besser zu begreifen, was Aotearoa in jenen Tagen eigentlich wiederfuhr.

© Jorge Royan / http://www.royan.com.ar / CC-BY-SA-3.0

Nichts schärft die Sinne so wie tagelange Meditation in der Stille, nur durch Magengrummeln und dem halbstündlichen Gong einer tibetischen Klangschale unterbrochen. Kein Handyempfang, keine Emails, keine Weltnachrichten. Dafür steife Knie vom Lotussitz. Während ich sechs Stunden am Tag ommmte und atmete und mein Hirn zu bändigen versuchte, verpasste ich die beiden entscheidenden Momente, die einmal um den Globus gingen. Zum Glück waren die weit angereisten Kollegen von Stern bis Spiegel dabei und hielten fest: Merkel bekam einen Maori-Nasenkuss. Und Merkel streichelte einen Kiwi-Vogel. Der hieß „Whau Whau“.

Es war das erste Mal seit 17 Jahren, dass ein deutscher Regierungschef die lange Reise antrat. Helmut Kohl war der letzte Germane, der die 24 Stunden Flug wagte, und wurde prompt auf der Südhalbkugel in Badehose abgelichtet. Es war seitdem auch garantiert das erste Mal, dass Neuseeland es politisch bis in die BILD-Zeitung schaffte. Der politische Teil des Textes beschränkt sich jedoch darauf, dass die Hauptdarstellerin auf dem Weg zum G20-Gipfel in Brisbane war. Die restliche Berichterstattung ist eine Art Gebrauchsanweisung für alle BILD-Leser, die noch nie von diesem komischen Flecken Erde da unten am Globusrand gehört haben.

Mein tägliches Umfeld im scharfen Blick der deutschen Presse zu sehen – das ist wie einen Spiegel vorgehalten zu bekommen. Was bei alteingesessenen Korrespondenten, die betriebsblind zu werden drohen, ab und zu so brutal nötig ist wie Stille für einen überarbeiteten Kopf. Das erfrischt. Kein Geschwafel von Natur, Bungee-Sprüngen und Hobbits. Keine einschläfernden Analysen wie in der Welt („Die Beziehungen zu Neuseeland sind unspektakulär gut“).

Nein, gleich aufs Wesentliche konzentrieren und die Rosinen aus dem Kiwi-Kuchen picken: „Schrilles Neuseeland – Kriegstänze und Sex mit Schafen“.

Besser hätte ich es auch nicht formulieren können. Wenn auch nicht so mutig. Jahrelang versuche ich an dieser Stelle tapfer, mich zu den großen Tabuthemen meines Exillandes vorzuarbeiten, ohne die Ausbürgerung zu riskieren – und dann macht ein treffsicherer, eingeflogener Kollege diese Arbeit auf einen Schlag. Das ist Fallschirmjournalismus vom Feinsten. Ich hätte glatt noch eine Woche weiter meditieren sollen.

 

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

The Power of the Shower

Eine meiner deutschen Freundinnen, nennen wir sie Monika, stellt, wenn sie mich anruft, immer die gleiche Frage: „Und? Was machst du heute?“ Dann sage ich zum Beispiel, dass ich einen Bericht über Gewerbeimmobilien schreibe oder das Porträt einer Managerin. Jedes Mal ist Monika enttäuscht. „Aber du bist doch in New York“, sagt sie vorwurfsvoll. So als verbinde sich mit dieser Tatsache die Verpflichtung, ständig etwas ganz Verrücktes zu erleben.

Im vergangenen Monat wäre Monika mit mir zufrieden gewesen. Ich erhielt eine Einladung zu einem Presse-Lunch, Thema: „Die besten Ideen beginnen unter der Dusche“.

IMG_0586-e1416252410636-764x1024

Dr. Scott Barry Kaufman, ein Psychologie-Professor an der New York University, und Richard Grohe, Sprößling einer bekannten Duschkopf-Unternehmer-Dynastie, würden über die Segnungen der Körperreinigung diskutieren. „Please join us as the two explore the power of the shower.“ Das Ganze in der „Houston Hall“, eine der düsteren Bierhallen, die in New York unverständlicherweise als typisch deutsch gelten und unglaublich angesagt sind.

The Power of the Shower, ein Psychologe und die Houston Hall – die Kombination war einfach unwiderstehlich. Ich trat also die von uns Brooklynern ungeliebte Reise ins ferne Manhattan an. Um es vorweg zu nehmen, es hat sich gelohnt. Es gab einen sehr anständigen Riesling, akzeptable Schweineschnitzel und Kekse in Form von Duschköpfen. Und eine Menge überraschender Erkenntnisse.

IMG_0581-1024x764

Oder wussten Sie, dass 72 Prozent der Menschen unter der Dusche Ideen haben und dort Probleme lösen? Weitere 17 Prozent fühlen sich „inspiriert“. Das, so sagte Psychologe Scott, seien außergewöhnlich hohe Werte: „Die Leute sind unter der Dusche kreativer als bei der Arbeit.“ Er konnte auch erklären, warum: weil sich der Duschende von störenden Eindrücken der Außenwelt isoliert. „Es gibt keine Ablenkung, das Gehirn konzentriert sich auf die Innenwelt.“

Liebe produktivitätssteigernde Unternehmensberater: umgehend alle Großraumbüros auflösen und Firmenduschen installieren!

IMG_0602-1024x764

Weitere Erkenntnisse waren, dass die optimale Duschtemperatur der Wärme entspricht, die Babys im Mutterleib wahrnehmen. Dass Japaner im Sitzen duschen und Amerikaner große Überkopf-Modelle lieben, während der Dynastiesprößling selbst eine Handdusche von Philippe Starck bevorzugt. Dass die Mitarbeiter von Hansgrohe in dem 800-Einwohner-Dorf Schiltach Zugang zu einem Unternehmens-Spa genießen und die Firma schon 68 Gerichtsverfahren gegen chinesische Markenpiraten gewonnen hat.

IMG_0595-1024x764

Zum Abschluss gab Richard Grohe den Presseleuten ein Zitat von Atari-Gründer Nolan Bushnell mit auf den Weg: „Jeder hat gute Ideen unter der Dusche – alles hängt davon ab, was du damit anfängst, wenn du abgetrocknet bist.“

Das, da bin ich sicher, würde auch meiner Freundin Monika gefallen.

Fotos: Christine Mattauch

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Die Karawane ist weiter gezogen

Dass Peking nun durchatmen kann, kann man so nicht sagen. Durchgeatmet haben wir tagelang während des Mega-Gipfels der APEC Staaten (Asia Pacific Economic Conference) hier in der Stadt: Denn Verkehr, Fabriken und sogar Behörden und Schulen wurden drastisch runtergefahren. Heute sind die APEC-Delegierten fort, und noch bläst der Nordwind zwar frische Luft in die Stadt. Sobald Windstille herrscht, wird sich aber wieder die Smogglocke über uns senken. Also durchatmen eher nicht. Aber aufatmen. Dass die Schulen wieder geöffnet sind, dass wir wieder vier Tage in der Woche und am Wochenende Auto fahren können statt nur jeden zweiten Tag. Und dass der ganze Hype sich nun nach Naypyitaw verlagert hat, der Hauptstadt Myanmars. Dort steigt heute der Gipfel der südostasiatischen ASEAN-Staaten, und auch dort schweben wieder wichtigste Würdenträger ein: US-Präsident Barack Obama reist aus Peking nach Myanmar, ebenso Japans Ministerpräsident Shinzo Abe. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang ist auch dabei – nachdem er die Show in Peking seinem Chef, Präsident Xi Jinping überlassen musste.

Und wozu sind diese Gipfel? Um über Handelsabkommen zu beraten, die regionale Sicherheitsstruktur. Um sich am Rande bilateral zu treffen um dort auch schwierige Themen zu debattieren, wenn die politische Lage offizielle Gipfel nicht zulässt. Siehe Xi und Abe. Siehe Obama und Russlands Wladimir Putin. Vom Rande des APEC-Gipfels gibt es Fotos von Xi und Abe, die sich sichtlich gequält die Hand gaben. Immerhin, man hat miteinander gesprochen, und sich geeinigt, nicht einig zu sein – über Territorialkonflikte und den Besuch Abes in einem Schrein, der Kriegstote, aber auch Kriegsverbrecher ehrt. Leichter war es für Xi mit Koreas Park Präsidentin Geun-hye, mit der er eine Rahmenvereinbarung für ein Freihandelsabkommen schloss. Oder mit Benigno Aquino, Präsident der Philippinen, mit denen sich China um einen Teil des Südchinesischen Meer streitet: Das Scarborough Shawl, das China 2012 besetzte. Aquino verglich einst die Reaktion der Welt auf Chinas Besetzung des Riffs mit Westeuropas Zaudern geegenüber Hitler in 1938, als dieser Teile der Tschchoslowakei besetzte. China war wenig begeistert. In Peking nun bescheinigte Aquino Xi Aufrichtigkeit und Wärme.

Obama und Putin sprachen laut Mitarbreitern hinter verschlossenen Türen ebenfalls miteinander, insgesamt etwa 15 Minuten. Nicht viel, aber doch mehr als in der Öffentlichkeit : “Schön nicht?” Soll Putin Obama mit Blick auf das güldene Dekor der Empfangshalle des Gipfels gefragt haben. Der antworte nur mit einem “ja” ins Leere. Einen Schulterklopfer von Putin ignorierte Obama ebenfalls.

Über zwei verschiedene Handelsabkommen wurde in Peking diskutiert, bei denen Experten noch streiten, ob sie in Konflikt miteinander stehen oder einander sogar ergänzen können. Das eine, die Free Trade Area of the Asia Pacific (FTAAP) für alle APEC-Mitglieder hatte China auf die offizielle Gipfel-Agenda gesetzt. Man beschloss, an der Planung zu arbeiten. Das andere, die bereits etwas konkretere Transpazifische Partnerschaft (TPP) von nur 12 Staaten besprach Obama mit ein paar anderen Staatslenkern lieber im Nebenzimmer. Kein Wunder, China ist bei dem geplanten Abkommen nämlich nicht dabei.

Zusammen waren sie am Ende alle wieder bei dem traditionellen APEC-Familienfoto in lokal angehauchter Kleidung.  Diesmal in schlicht lila-schwarz gehaltenen, traditionellen Seidenjacken mit Stehkragen, die offenbar einige an Outfits von Raumschiff Enterprise erinnerten. Austaliens Tony Abbott spreizte die Finger zum traditionellen Spock-Gruß und sofort waren Fotos im Netz und auf dem sozialen Netzwerk WeChat unterwegs, die die APEC-Granden mit den Enterprise-Granden verschmolzen.

 

 

APECSpock

Benigno Aquino durfte übrigens auf dem Foto in der ersten Reihe stehen, Abe musste in die zweite. Zufall? Wohl kaum. Kopien der Seidenjacken sind derweil schon einen Tag nach der Konferenz ein Hit unter Online-Shoppern (Foto siehe hier).

Ebenfalls viral gingen am Gipfelabend Fotos von Putin, wie er beim Galadinner galant Chinas First Lady Peng Liyuan eine Decke umhängte, als diese froer. Freundliche Geste? Oder Flirt? Die User fandens lustig, manche Chinesen mögen Putins Macho-Image. Die Zensoren nicht – nach kurzer Zeit verschwanden die Fotos aus dem chinesischen Web-Universum.

Jetzt sind sie alle in Burmas Hauptstadt, wo vielleicht wieder einige merkwürdige Begegnungen warten. Oder eine merkwürdige Atmosphäre. Still soll es sein in Naypyitaw, das weit weg ist von allem, heimlich aus den Reisfeldern gestampft, als die Junta im Land noch das alleinige Sagen hatte. Um China wird es aber auch dort gehen, denn schließlich streiten sich außer Aquino auch noch andere Staaten mit Peking um Riffe im südchinesischen Meer.

 

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Statt einer Urlaubspostkarte

Weltreporter machen (viel zu) selten Urlaub, und selbst dann stellt der innere Newsticker sich nicht ab: morgens hatte ich beim Frühstück auf Teneriffa noch die Ergebnisse der Volksabstimmung in Katalonien gelesen (vier von fünf Katalanen für die Unabhängigkeit) – mittags kam ich dann an diesem Wandbild vorbei, das die Unabhängigkeit der Kanaren von Spanien fordert.

Graffito oberhalb von Adeje (Teneriffa) am 10.11.2014

Graffito oberhalb von Adeje (Teneriffa) am 10.11.2014

Ichasagua war der vorletzte König der Guanchen, der Ende des 15. Jahrhunderts herrschte und dann eine (vergebliche) Rebellion gegen die spanische Besatzung führte. Unter Franco gründete sich im algerischen Exil eine Unabhängigkeitsbewegung. Inzwischen haben die Kanaren als autonome Gemeinschaft ein eigenes Parlament und eine Regierung. Die feiert zwar die Autonomie innerhalb Spaniens, und ist sauer darauf, dass eine Volksabstimmung gegen eine geplante Ölförderung vor den Kanaren von Madrid verboten wurde – mit einer möglichen Sezession im Stile Kataloniens rechnete aber niemand, mit dem ich sprach.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Ein Jahr ohne Streichholz

Drei Tage lang war ich auf einem Literaturfestival. Es ging kaum um Prosa und Poesie, sondern um echte Leute und Ideen. Großartig, inspirierend, und die Diskussionen in jeder Runde hitzig und wichtig. Begeistert zog ich von Zelt zu Zelt, von Autor zu Autorin. An jedem Nachmittag wurde eine Neuerscheinung gelauncht. So auch „My Year Without Matches“.

Streichhölzer

Wow. Der Titel ließ mich nach dem Blick ins Programm nicht mehr los. Ein Jahr ohne Streichhölzer? Wo gibt’s denn sowas? Wer tut sich das an, zwölf Monate lang? Wie, zum Teufel, bekommt man ohne Zündholz im Dezember die Kerzen am Tannenbaum an? Oder bastelt im Herbst Kastanienmännchen? Wie baut man nur all diese Miniatur-Kathedralen – etwa mit Zahnstochern? Oder zieht beim Auslosen den Kürzeren? Unendliche Fragen tun sich bei der Vorstellung auf, und nicht nur die naheliegenden („Warum nicht einfach mit Feuerzeug?“). Das will man doch alles wissen. Gut, dass diesem Ausnahmezustand 288 Seiten lang nachgespürt wird.

Langsam wird die Liste der Dinge auch dünne, ohne die man ein Jahr lang als Buchautorin gezwungenermaßen oder freiwillig auskommen muss. Kein Kaffee, kein Kühlschrank, kein Auto, kein Geld – gab‘s sicher alles schon im Selbstversuch. Ein Jahr ohne Internet oder Telefon: das hatten wir bereits vor Jahren, sowohl auf Deutsch wie international. Ein Jahr ohne Kleiderkauf oder stets im gleichen blauen Fummel: mitgefiebert, oft kopiert, abgehakt. Ein Jahr ohne Zucker? Hat uns nicht nur die amerikanische TV-Dame Katie Courie nahegebracht. Von einem Jahr ohne Saufen kann einem jedes Mitglied der Anonymen Alkoholiker anschaulich berichten, und auch ein Jahr ohne Sex ist nichts Spektakuläres mehr. „My Year Without Sex“ lief sogar als Film in Australien.

Jetzt also Streichhölzer. Logisch. Längst fällig, nicht erst seit dem Song von Oomph („Das letzte Streichholz“). Auf dem Weg zur Buchvorstellung überlege ich, auf was man noch alles verzichten könnte, um daraus ein Druckwerk zu machen. Mein Jahr ohne Zähneputzen? Mundgeruch im Endstadium als existentielle Naturerfahrung. Die daraus resultierende Entfremdung von den Mitmenschen, der Verlust der Sozialkontakte, das Einswerden mit der Oralflora und –fauna, und das Ganze einfühlsam beschrieben – das will doch jeder lesen. Hohe Auflage garantiert. Dazu die Vorher-Nachher-Bilder für die Presse-Kampagne zum Buch, beim Zahnarzt geschossen. Ich sollte mal mit einer der vielen Agentinnen oder Verlagsvertreter reden, die auf dem Festival herumgeistern. Solche Ideen muss man schnell umsetzen.

Die Veranstaltung beginnt. Autorin Claire Dunn hält ihr Erstlingswerk in den Händen. Sie hat sich ein Jahr lang ohne technische Hilfsmittel und jeglichen Komfort in die australische Wildnis begeben. Um ein wenig Wärme oder ein Essen zu zaubern, zündelte sie jedesmal mühsam mit Feuerstein und Hölzchen herum. Sie musste in der Survival-Zeit auch ohne Klopapier auskommen. Irgendwie hätte mich das als Titel mehr überzeugt. Ich denke viel zu kommerziell.

 

Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Der Duft der DDR in Los Angeles

Wer hätte das gedacht? Da werde ich am selben Tag zweimal an den Duft der DDR erinnert – und das mitten in Los Angeles! Einmal steigt er mir sogar direkt in die Nase!

Er kommt aus einem Kontrollhäuschen aus Ost-Berlin, das an einer Kreuzung in Los Angeles steht. Wenn man nah ran geht riecht man den Geruch der DDR, der aus allen Ritzen kriecht: die unverkennbare Mischung aus Reinigungsmitteln, Staub, verbrannter Kohle und deprimierender Unterdrückung.

ADN-Pförtnerhaus in Los Angeles

ADN-Pförtnerhaus ist das Projekt von Künstler Christof Zwiener. Er hat das Haus vor der Metallpresse gerettet und in Berlin auf zwei Quadratmetern mehrere Installationen kuratiert.

Nach Los Angeles kam es durch Initiative des Wende Museums, das seit über zehn Jahren Strandgut aus den ehemaligen Ostblock-Staaten sammelt und archiviert. Christof erklärt: das Häuschen riecht selbst nach mehreren Installationen und einer Containerreise noch nach DDR weil es über 11 Jahre lang ungelüftet auf dem Parkplatz des ehemaligen ADN-Gebäudes stand. Da hatte der Geruch richtig schön Zeit, sich festzusetzen.

Am selben Tag, an dem ich diese unerwartete Dosis DDR einatme, erzählt mir der Komponist, Arrangeur und Dirigent Chris Walden aus Hamburg von genau diesem “Duft”. Walden ist seit 18 Jahren in Hollywood und arbeitet inzwischen mit den größten der Musikszene, von Barbra Streisand bis Michael Buble. Gerade hat er mit seiner eigenen Big Band eine CD herausgebracht ‘Full On!’. Gleichzeitig arrangiert er für Stevie Wonder und Josh Groban Songs, hat vor wenigen Wochen ein selbst komponiertes Arrangement für Neil Youngs erste Orchesterplatte dirigiert.

Und wieso hat Chris Walden auch noch diesen DDR-Geruch in der Nase?

In den 90er Jahren arrangierte und dirigierte er mit der RIAS Big Band. Sie arbeiteten immer in den Studios in West Berlin, bis der RIAS – Rundfunk im Amerikanischen Sektor – 1994 mit Ost-Funkstationen zusammen gelegt wude. Da ging es ab nach Karlshorst, in die Räume der Nalepastraße. Eine Geisterstadt, in der die Band zwischen Spinnweben, zerbrochenen Scheiben und eben diesem Duft ihre Stücke einspielte.

“Gespenstisch, surreal und urig,” erinnert sich Walden.

Am 8. November gibt es beim Wende Museum eine große Party zur Feier des Mauerfalls. Da steht dann auch das ADN-Pförtnerhaus im Hinterhof. Ich werde so viele wie möglich hinlocken und auffordern, mal ganz tief einzuatmen: Das war der Geruch der DDR.

Und hier noch ein link zu einer Geschichte über das Pförtnerhaus, die ich für das Deutschlandradio produziert habe

Newsletter

Es gibt Post!