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Alterssitz für Riff-Raff

 

It’s astounding. Time is fleeting. Madness takes its toll! Darf ich hier so viele englische Sätze schreiben? Da sie jeder mitsingen kann, der die Achtziger Jahre mit Reis und Konfetti im Haar erlebt hat, wird so viel Anglizismus schon okay – ich meine, in Ordnung – sein. Ich werde auch ganz sicher nicht einmal das Wort ‚Kult‘ verwenden, I promise. Dabei war Riff-Raff aus der Rocky Horror Picture Show damals fast so berühmt wie heute Harry Potter, wenn auch mit deutlich mehr Potential für den Christopher Street Day. Und jetzt das!

Es ist in der Tat verblüffend, die Zeit rennt davon, und der Wahnsinn greift um sich: Der Mann, der uns das beste Transen-Musical unserer Jugend bescherte, kämpft wie der Leibhaftige darum, endlich ein ganzer Kiwi werden zu dürfen. Richard O’Brien heißt der Erfinder und Darsteller des buckligen Butlers, der den durchnässten Hochzeitsreisenden Brad und Janet an einem stürmischen Abend mit dem Dreizack in der Hand die Türe öffnet. Wie ein verlorener Tourist im Regen vor einem transsylvanischen Schloss muss der 68jährige Schauspieler sich nun selber vorkommen. Denn das Land, das die Brutstätte seines subversiven Schaffens war, das lässt ihn nicht als Staatsbürger einreisen.

Mit zehn Jahren kam der kleine Richard aus den englischen Cotswolds auf die Südhalbkugel, wo sein Vater eine Schaffarm in Tauranga kaufte. O’Brien – damals hieß er noch Smith – lernte reiten und bekam seine erste Rolle als Stuntman beim Film. Im Städtchen Hamilton arbeitete er später fünf Jahre in einem Frisörsalon, bevor er 1964 nach London zog. Dort betonte er stets, wie sehr ihn die Erlebnisse in Aotearoa beeinflusst hätten. Einige der Lieder aus Rocky Horror entstammen der Haarspray- und Schafzucht-Periode. So stolz waren die Neuseeländer auf ihren berühmten Sohn, dass sie zur Freude der örtlichen Schwulenszene und aller durchreisenden Touristen ein bronzenes Riff-Raff-Denkmal in Hamilton aufstellten – an der Stelle des ehemaligen Kinos, in dem der Transgender-Star einst so viele inspirierende B-Movies guckte.

O’Brien besitzt Land in seiner alten Heimat, zwei seiner Geschwister und sein Sohn leben dort, und jetzt wollte auch er auf seine alten Tage wieder zurück zu den Wurzeln. Doch die Behörden spielten nicht mit. Richard O’Brien hatte nämlich nie die neuseeländische Staatsbürgerschaft. Um sich als Rentner im Land der langen weißen Wolke zur Ruhe zu setzen, muss man eine halbe Million auf der hohen Kante haben oder 750.000 Dollar investieren. Riff-Raff is not amused. „Sie bauen eine Statue für mich und feiern mich als Neuseeländer, aber jetzt muss ich auf die Knie sinken und alles Mögliche versuchen.“

„Dammit, Janet!“ ruft da nicht nur Brad aus, sondern jeder, der mal Fan war. Facebook-Kampagnen wurden gestartet. Es war ein Sprung nach links, und dann ein Schritt nach rechts, und dann endlich doch ein Happy End: Der böseste Butler aller Zeiten bekommt zumindest Daueraufenthalt im freundlichsten Land der Welt. Let’s do the time warp again.

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