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Soft Sydney: Reportagefotos zensiert

Tourismuswerbung will vor allem die schönen Seiten des Lebens zeigen, logisch. Reportagejournalismus zeigt zuweilen auch andere: Nachdenkliche oder gar unattraktive Aspekte. Das müsste sich eigentlich auch bis Sydney rumgesprochen haben. Doch dort überlappen sich im Moment so viele Events, dass die Touristiker von Destination NSW offenbar den Überblick verloren. Lieblingsevent der Stadtwerber ist derzeit Vivid, das Festival der Lichtspektakel. Und in das bezogen sie diesmal ein hochkarätiges Fototreffen ein, das Reportage Photography Festival. Nur irgendwie übersah dabei jemand, dass die Arbeit von Fotografen namhafter Agenturen wie Magnum, Noor und Contact nicht ausschließlich hübsch ausgeleuchtete Lichtbilder von glücklichen Momenten darstellt. Manchmal lichten sie auch Überschwemmungen ab, oder weinende Frauen in Ägypten. Oh, hm nö, das wollen wir aber lieber nicht so gerne, fanden die Stadtbeleuchter, und noch ehe die Bilder Samstag auf die Open Air Leinwand geworfen wurden, waren sie auch schon zensiert. “Too distressing” – zu bedrückend. Nur 14 der ursprünglich 37 Bilder durften bleiben.


Unter den angeblich nicht familien-freundlichen Exponaten waren auch legendäre Bilder wie David Burnett’s Iranfotos von 1970 oder Andrew Quiltys Aufnahmen von Landschaften nach Waldbränden. Die Fotofestival-Organisatoren finden die Entscheidung peinlich, der Sydney Morning Herald schuf eine Online-Galerie “Reportage uncensored”, der Rest wundert sich: Womit hatten die Tourismuswerber wohl gerechnet, als sie eine Schau mit Arbeiten von Reportage- und Kriegsfotografen sponserten? Vielleicht sollten sie nächstes Mal gleich auch das Thema vorgeben, etwa “Stimmungsvolle Naturbilder”. Dann aber nur von Flora und Fauna, die noch nicht bedroht ist, das könnte ja sonst auch wieder bedrücken.

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