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Zensur: Von Deutschland lernen?

Über ein faszinierendes Abkommen zwischen Deutschland und dem Videoportal Youtube berichtet der türkische Telekommunikationsminister Yildirim – faszinierend für mich jedenfalls, denn ich habe davon noch nie gehört: Die deutsche Justiz, so der Minister, sei ständig online mit Youtube verbunden (was ja an sich keine Kunst ist, wenn sie denn Internet-Zugang hat). Über diesen direkten Draht verschicken deutsche Staatsanwälte demnach sofort eine Warnung, wenn ihnen ein Video nicht gefällt; wenn es dann nicht binnen 72 Stunden aus dem Netz verschwinde, werde es von Youtube gesperrt.

Mir kommt das etwas merkwürdig vor, aber ich kann das ebenso schwer nachprüfen wie all die anderen türkischen Internet-Nutzer, denen Yildirim das erzählt, weil Youtube für uns in der Türkei ja schon seit Jahren komplett gesperrt ist. Immerhin können wir uns jetzt denken, was Yildirim von den Youtube-Vertretern verlangen wird, die diese Woche nach Ankara kommen, um die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Blockade zu sondieren – über die 15 Millionen Euro hinaus, die Ankara als Eintrittsgeld verlangt.

Sollte eine Einigung auf das von Yildirim skizzierte Modell hinauslaufen, wird Youtube personell kräftig aufstocken müssen, um all den Zensurwünschen der türkischen Staatsanwälte nachzukommen. Im World Wide Web sind hierzulande tausende Adressen gesperrt, darunter natürlich Dutzende kurdische Medien und linke Webseiten, aber auch allerlei unpolitische Seiten wie das internationale Anzeigenportal www.expatriates.com. Warum, das bleibt wie immer das Geheimnis der türkischen Behörden: Die Adresse sei auf Grundlage des türkischen Internet-Gesetzes vorbeugend geschlossen, lautet der kryptische Standard-Hinweis.

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