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Der echte Maori-Santa

Seit der SPIEGEL fälschte, fühle auch ich mich irgendwie ertappt. Korrespondenten kommen wieder in Verruf. Denn wieviel leichter ist es, Menschen in exotischen Ländern zu erfinden, die die meisten Leser nie betreten? Jetzt stehen die, die am weitesten entfernt von der Heimat unter harten Bedingungen für die deutsche Medienfront schuften, unter Kollektiverdacht. Just sayin‘… 18.000 Kilometer sind es in meinem Fall. Da kommt man ins Schwitzen.

Es gab nämlich nicht nur die Hitler-Tagebücher und Tom Kummer, sondern auch die kurzzeitig berühmte Ulla Ackermann. Mit der saß ich vor 15 Jahren in einer Talkshow, als ihr hochdramatisches Korrespondenten-Epos „Mitten in Afrika“ bei Hoffmann und Campe erschien. Las sich toll. Reden konnte sie auch. Alle waren ganz weg von ihren Stories über den wilden, dunklen Kontinent. Da konnte ich mit meinem Buch über sieben Monate auf einem Südsee-Atoll kaum mithalten.

Dumm nur, dass Ackermann alles in ihrem Werk zusammengeschwindelt hatte, inklusive Besuch bei Nelson Mandela auf Robben Island, was echten Afrika-Korrespondenten dann doch etwas spanisch oder unsüdafrikanisch vorkam. Ihr Baby, das angeblich an Malaria starb, gab’s wohl auch nie. Ging aber ans Herz, das Kapitel. Fakt oder Fiktion – der Tränendrüse war‘s egal. Dass Ackermann in dem Jahr aufflog, als ich auswanderte, war aber wohl ein Segen.

Was hätte ich sonst nicht alles an spektakulären Geschichten aus dem tiefen Süden fabriziert, statt über drolligen Kolumnen zu brüten? Vielleicht hätte ich Menschenfresser in Samoa entdeckt oder Kim Dotcoms heimliche Geliebte anonym auspacken lassen. Das erste geklonte Schaf namens Dolly hätte Konkurrenz bekommen durch das Riesenschaf Shrek, das sechs Jahre Wolle am Leib trug und  als PR-Gag auf einer Eisscholle vor der Ostküste der Südinsel geschoren wurde. Ach was – das gab’s ja wirklich!

Wahr oder falsch: Das werde ich ab sofort einfach offenlassen. Kann ja jeder selber googeln, ob der Maori-Nikolaus wirklich existiert Der tauchte in der traditionellen Weihnachtsparade in Nelson statt des üblichen Rauschebartes auf. Er trug ein Blumenhemd, einen indigenen Umhang (immerhin in rot) und einen Angelhaken als Zepter. Nelsons Kinder wurden angeblich schwer enttäuscht und das ganze Land mal wieder in eine bikulturelle Krise gestürzt: Wieviel Maori muss es sein? Ist uns denn gar nichts mehr heilig – nicht mal der einst von Coca-Cola erfundene Mann in Weiß und Rot? Der Stadtrat von Nelson entschuldigte sich für den kulturellen Lapsus.

Doch Rob Herewini, der den umstrittenen Maori-Santa verkörperte, kam Wochen später doch noch zu späten Ehren: Man lud ihn letzte Woche mit großem Bahnhof auf ein Festival nach Wellington ein, wo er mehr als willkommen war. “Aroha ki te tangata“, sagte er, „liebet euch alle.“ Das wird ab sofort mein Arbeitsmotto in diesen schweren Zeiten sein. 

 

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Ausgeschlossen in Venedig

„Unbuilding Walls“  – Titel und Thema des Deutschen Pavillons auf der diesjährigen Venedig Biennale für Architektur passen bestens zu „Ausgeschlossen: Eine Weltreise entlang Mauern, Zäunen und Abgründen“, dem neuen Buch der Weltreporter.  

Deshalb präsentierten die Weltreporter Marc Engelhardt (Herausgeber; Schweiz) und Clemens Bomsdorf (Autor des Kapitels über Grenzen in der Kunst; Nordeuropa) das Buch erstmals in Italien. Zum Abschluss der Architektur Biennale diskutierten sie am Samstag, 24. November, um 18.30 in der Evangelisch-Lutherischen Kirche, mit Marita Liebermann (Direktorin des Deutschen Studienzentrums in Venedig) und Agnes Kohlmeyer (Kuratorin, Uni Venedig) über Sinn und Unsinn von Grenzen und wie Kunst und Architektur damit umgehen.

Obwohl auf Deutsch debattiert wurde und obwohl an dem Wochenende die Konkurrenz an spannenden Veranstaltungen in Venedig groß gewesen sein dürfte, wie man es aus Berlin kennt, kamen geschätzt mindestens 60 Leute zu der Veranstaltung. Das Interesse am Thema ist eben grenzenlos.

 

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Wie Philipp Mattheis mal kurz reich war

Werden Kryptowährungen wie Bitcoin die Welt so grundlegend verändern wie das Internet? Oder sind sie nur eine Blase? Im vergangenen Winter war Philipp Mattheis mal kurz reich. Darüber und über Bitcoin und andere Kryptowährungen hat er zusammen mit einen Kollegen ein Buch geschrieben, das gerade bei Nicolai Publishing & Intelligence erschienen ist: “Kryptopia”!

 

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Splitter aus dem US-Wahlkampf: Auch in Texas ist die Zeit nicht stehengeblieben

Der amerikanische Bundesstaat Texas wird oft auf Klischees reduziert – auch weil Texaner gerne den Eindruck erwecken, sie seien im Wilden Westen stehengeblieben und arbeiteten immer noch als tabakspuckende Cowboys. Die Wahrheit allerdings ist weit komplexer. So bezeichnen sich mittlerweile fast 40 Prozent der 28 Millionen Bewohner des Staates als Latinos, als Menschen mit Wurzeln in Mittel- oder Südamerika. Und rund ein Drittel der Texanerinnen und Texaner spricht hauptsächlich Spanisch. Es wäre deshalb naheliegend, würde der Republikaner Ted Cruz im aktuellen Wahlkampf an dieses Wählersegment appellieren – schliesslich wurde der Senator von seinem kubanischen Vater und seiner amerikanischen Mutter auf den Vornamen Rafael Edward getauft. Allein: Sein Spanisch ist lausig. Als er diese Woche seinen ersten Fernsehspot auf Spanisch veröffentlichte, übergab er das Wort deshalb seinem Vater.

https://www.youtube.com/watch?v=ZUsJLD-lukE&feature=youtu.be

Und hispanische Wähler gelten unter texanischen Politikern als unzuverlässig, weil sie im Vergleich zu Menschen, die ihre familiären Wurzeln in Europa haben, oft nicht an Wahlen teilnehmen. Die Berater von Cruz verweist deshalb höchstens darauf, dass der Nachname des Republikaners keine Zweifel daran lasse, dass er ein Latino sei. Sein demokratischer Kontrahent wirbt derweil aggressiv um die Stimmen der hispanischen Bevölkerung und versucht, möglichst viele neue Wähler zu registrieren. So tritt Robert Francis O’Rourke, wie er mit Taufnamen heisst, unter dem Spitznamen Beto (für Roberto) auf – ausgesprochen übrigens mit einem spanischen Akzent, einem sanften «B» und einem harten «T». Er werde seit Kindesbeinen so genannt, sagt O’Rourke, und präsentiert zum Beweis ein süsses Foto, auf dem Klein-Beto einen Pullover trägt, der seinen Spitznamen zeigt. Auch spricht O’Rourke oft und gerne darüber, wie seine drei Kinder in der Grenzstadt El Paso zweisprachig aufwachsen und wie er und seine Gattin Amy problemlos zwischen Englisch und Spanisch hin und her wechseln. Mit politischem Opportunismus oder kultureller Aneignung habe dies nichts zu tun, sagt O’Rourke. Vielmehr bilde El Paso mit der Nachbarstadt Ciudad Juárez auf der anderen Seite des Rio Grande schon lange eine Symbiose, auf die Amerikaner und Mexikaner stolz sein könnten.

Und wem nun der Kopf brummt, angesichts dieses Ausflugs in die demographischen Besonderheiten des «Lone Star State», hier eine kurze Zusammenfassung: Ein erzkonservativer Senator aus Texas hat einen Vater, der einst auf Kuba an der Seite des Kommunisten Fidel Castro gegen den Diktator Fulgencio Batista kämpfte und anschliessend ins Exil gehen musste. Dennoch hört dieser Senator seit Kindesbeinen auf den Spitznamen Ted und spricht nur bruchstückhaft Spanisch. Sein demokratischer Herausforderer stammt aus einer Familie mit Wurzeln in Irland und heisst Robert Francis O’Rourke. Er wird aber gemeinhin Beto genannt und spricht fliessend Spanisch. Beide bewerben sich um einen Senatssitz in einem Staat, der geradezu symptomatisch abbildet, wie Amerika sich von einem Land, in dem in erster Linie die Nachkommen europäischer Einwanderer den Ton angeben, wegbewegt. Auch in Texas ist die Zeit eben nicht stehengeblieben.

 

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Robert-Geisendörfer-Preis 2018 für Bettina Rühl

Bettina Rühl, Vorsitzende von Weltreporter.net und Weltreporterin in Kenia, erhält den diesjährigen Sonderpreis der Jury des Robert-Geisendörfer-Preises. Die Jury würdigt damit ihre „herausragende, unermüdliche und jahrelange Berichterstattung aus und über Afrika“. “„Bettina Rühl analysiert scharf und zeichnet differenzierte Bilder, die frei von Pathos und Klischees das Leben in Afrika darstellen“”, so die Jury. Sie erinnere im Radio unermüdlich an den „vergessenen Kontinent“ und helfe, das meist ziemlich vage Bild von Afrika zu konturieren und zu korrigieren.

 

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“Ausgeschlossen” – Buchpräsentation in Berlin

„Wir dachten eigentlich, die Zeit der Mauern wäre vorbei. Stattdessen haben wir bei unserer Recherche festgestellt, dass sie heute wieder das politische Mittel der Wahl sind: 60 neue Grenzzäune und Mauern sind seit 1990 errichtet worden. Zur Zeit des kalten Krieges waren es nur 19″, sagt Marc Engelhardt, Herausgeber des neuen Weltreporter-Buches „Ausgeschlossen – eine Weltreise entlang Mauern, Zäunen, Abgründen“. Gemeinsam mit Bettina Rühl (Kenia), Anke Richter (Neuseeland) und Wolf-Dieter Vogel (Mexiko) diskutierte er gestern in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin mit dem Publikum darüber, warum nicht nur Trump und Orban den Mauern-Trend bestimmen, dass viele Zäune Grenzverkehr und Schmuggel erst noch verstärken und warum manche Abgrenzungen auch Positives bewirken.

 

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Sackgasse Brexit

Für die britische Regierung wird die Brexit-Saga zunehmend zum ernsthaften Problem: Das Land wird bereits im Frühling 2019 aus der EU austreten, aber gestritten wird noch immer genauso intensiv wie während der Referendumskampagne. Ohne auf die Ursachen für das folgenreiche Votum einzugehen, wird das Land keine Lösung für die derzeitigen Probleme finden. Die gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Wurzeln des EU-Austritts beschreibt Peter Stäuber in seinem neuen Buch „Sackgasse Brexit“. Seine Reportagen zeigen ein Land zwischen boomender City und vergessener Peripherie, zwischen Wirtschaftswahn und sozialem Elend – und sie zeigen Möglichkeiten auf, wie die gespaltene Gesellschaft zusammenwachsen könnte. Die Buchvernissage findet am 3. Oktober in Zürich statt. Zentrum Karl der Grosse, Kirchgasse 14, 19.30 Uhr.

 

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Schön, taub, aber entschlossen

Als Sophie Vouzelaud geboren wurde, sah wenig danach aus, dass sie einmal als Model arbeiten würde. Sie kam nahezu völlig gehörlos auf die Welt. Trotzdem lernte sie sprechen und besuchte eine normale Schule. Mit 19 nimmt sie an einem Modelwettbewerb teil und ergattert am Ende den zweiten Platz bei der Wahl zur Miss France. Seitdem ist die Schönheit mit den Hörgeräten in Frankreich ein kleiner Star und setzt sich für mehr Akzeptanz der Gehörlosen in der Gesellschaft ein. Sie möchte beweisen, dass man auch mit einem Handikap ein normales Leben führen kann. Weltreporterin Barbara Markert stellt die Französin, die aktuell eine Botschafterrolle für Dior Parfums übernommen hat, in einem Modeportrait mit umfangreicher Bilderreihe zur aktuellen Herbstmode vor.

 

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Eine Heldin für alle Frauen

Eineinhalb Jahre Vorbereitung, sechs Monate Dreharbeiten, 28 Tage Expedition – mit einem Ziel: Die erste afghanische Frau auf den Gipfel des höchsten Berg Afghanistans zu bringen. Die Anstrengung hat sich gelohnt. Hanifa Youssefi, 24 Jahre alt, hat es an die Spitze geschafft, auf knapp 7500 Meter. Lange mussten die Details der Expedition aus Sicherheitsgründe geheim gehalten werden. Aber nun, da das Team sicher wieder zu Hause angekommen ist, will Hanifa die Welt wissen lassen: „Ich will eine Heldin für alle Frauen sein.“ Theresa Breuers Reportage über die Expedition und ihr Film „An Uphill Battle“ erscheinen in den kommenden Monaten.

 

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Weltreporter-Jahrestagung in Köln

Wir sind rund 50 Korrespondenten, die aus 160 Ländern berichten. Uns trennen tausende Kilometer und sämtliche Zeitzonen: Wenn Seoul schlafen geht, steht Los Angeles gerade auf. Um die zeitliche und räumliche Distanz zu überwinden, treffen wir uns einmal im Jahr in Deutschland, um die wichtigsten Themen zu besprechen und vor allem um den gemeinsamen Geist zu spüren, der uns verbindet – ganz real und ohne virtuelle Schranken.


Dieses Jahr fand das Treffen vom 14. bis 16. September in Köln statt. Ein Höhepunkt war die Vorstellung unseres neuen Buches „Ausgeschlossen“ mit anschließendem Empfang im Excelsior Hotel Ernst – zu dem wir gemeinsam mit dem Kölner Presseclub und dem Kölner Stadtanzeiger eingeladen hatten. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt, die Reaktionen überwältigend, die Bücher ausverkauft. Herzlichen Dank an das tolle kölsche Publikum!

Foto: Christian Ahrens

 

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Schweizer Journalistenpreis für Marc Engelhardt

Weltreporter und UN-Korrespondent Marc Engelhardt hat für sein Buch „Weltgemeinschaft am Abgrund“ den Schweizer Medienpreis Prix Nicolas Bouvier erhalten. Die Jury lobte die tiefgehenden Recherchen des Autors über die Vereinten Nationen, denen gerade in der gegenwärtigen Krise des Multilateralismus eine große Bedeutung zukomme.

http://www.christoph-links-verlag.de/index.cfm?view=3&titel_nr=984

 

 

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Ausgeschlossen – Eine Weltreise entlang Mauern, Zäunen und Abgründen

Kaum einen Sprechchor stimmen Anhänger von US-Präsident Trump so leidenschaftlich an wie diesen: »Build that wall!« – Bau die Mauer! Dass wir uns in einer Ära der Mauern und des Grenzschutzes befinden, wird aber nicht nur in den USA deutlich: Heute gibt es weltweit mehr als dreimal so viele Grenzzäune, Mauern und Absperrungen wie zu Zeiten des Kalten Kriegs. Zusammengenommen sind sie 41.000 km lang, aneinandergereiht würden sie einmal um die ganze Erde reichen. Auch die EU baut kräftig mit, in Afrika und anderswo.

Die Weltreporter sind diese Grenzen auf verschiedenen Kontinenten entlang gereist. Sie haben Baustellen besucht und Architekten, Unternehmer und Politiker getroffen, Grenzschützer, Schleuser und Flüchtlinge gesprochen. Aus den Recherchen ist das Buch «Ausgeschlossen. Eine Weltreise entlang Mauern, Zäunen und Abgründen» entstanden, randvoll mit spannenden Reportagen von einer abgeschotteten Welt.

Grenzzaun zwischen Somalia und Kenia, südlich der kenianischen Stadt Mandera © Bettina Rühl

Zu den Ergebnissen gehört die Erkenntnis: Mauern sind in Beton gegossene Furcht. Sie werden errichtet um die auszuschließen, die unerwünscht sind. Zugleich zementieren sie Ungleichheit: Reiche schützen sich vor Armen, Gewinner vor Verlierern.

«’Ausgeschlossen’ bietet spannende, unerwartete, manchmal aufwühlende Einblicke», urteilt Anne Burgmer im Kölner Stadtanzeiger. Und zwar aus allen Weltregionen, von Kanada bis nach Neuseeland, von der Schweiz bis nach Somalia. Die traurige Erkenntnis, so Burgmer: «So unterschiedlich die vorgestellten Regionen und Geschichten sind, eint sie doch der Glaube der Herrschenden, dass Abgrenzung Probleme lösen könne.»

Dabei lenkt der neue Mauerboom davon ab, dass die großen Probleme der Menschheit keine Grenzen kennen: Weder Klimawandel noch Terrorismus, Hunger oder Seuchen machen vor Mauern Halt.

Beim Prelaunch in Köln am 14. September (v.l.): Peter Pauls, Chefautor des Kölner Stadtanzeiger, Gerd Braune und Marc Engelhardt (Photo © Barbara Markert)

Im Kölner Hotel Excelsior Ernst stellten die Weltreporter das Buch – hot off the press – erstmals der Öffentlichkeit vor. Mehr als 150 Zuschauer waren dabei, als Autorinnen und Autoren von Kalifornien bis Neuseeland, von Kanada bis Somalia ihre Mauer-Stories vorstellten.

Großer Bahnhof beim Pre-Launch von “Ausgeschlossen” in Köln  (Photo © Barbara Markert)

Am 20. September stellen vier Autoren das Buch in Berlin vor: Bettina Rühl (Nairobi), Anke Richter (Christchurch), Wolf-Dieter Vogel (Mexiko Stadt) und Herausgeber Marc Engelhardt (Genf) diskutieren im Großen Saal der Heinrich Böll Stiftung mit Markus Bickel, dem Herausgeber des Amnesty-Magazins. Der Eintritt ist frei.

 

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Sauer auf Lauer

Matt Lauer war einer der großen Männer des US-Fernsehens, den #MeToo zu Fall brachte. Doch als der Moderator voriges Jahr wegen sexueller Belästigung vom Sender NBC gefeuert wurde, da hatte er bereits seine Schäfchen im Trockenen. Im wahrsten Sinne des Wortes und im Land der Schafe. Lauer hatte eine Luxusfarm in Neuseeland gekauft. Doch die macht ihm nun Ärger – und er uns.

Am alpinen Lake Hawea auf der Südinsel besitzt Lauer seit letztem Jahr 6.500 Hekt­ar Land, wo Schafe und Kühe grasen: vorne Wasser mit dreißig Kilometer Seeufer, dahinter schneebedeckte Berge. Und dazwischen ein Fluss zum Forellen- und Lachsangeln. Lauer hatte in der „Tonight Show with Jimmy Fallon“ zuvor davon geschwärmt, wie er sein Fleckchen Paradies im tiefen Süden entdeckt hat und ihn die Natur dort begeistert – bis auf die Toilettengänge in der Wildnis. „Ich hab’s für vier Tage eingehalten. Im Ernst, ich hab nicht zu Mittag oder Abend gegessen, weil ich wusste, ich muss irgendwann aufs Plumpsklo.“

Trotz des traumatischen Stuhlgangs blieb die Liebe für Aotearoa. Sie muss entsprechend groß sein. „Es ist das sensationellste Land auf der Welt“, schwärmte Lauer. „Es ist wunderschön.“ Doch die Liebe hat einen Knacks bekommen, obwohl er eine Luxusschnitte seines Traumlands besitzt: Hunter Valley Station ist das größte Seegrundstück im Lande und hat ihn schlappe dreizehn Millionen Neuseeland-Dollar gekostet. Ein Klacks für den geschassten TV-Star – sein letzter Jahresvertrag mit NBC lag bei zwanzig Millionen US-Dollar. 2016 moderierte er eine Wahlkampfdebatte zwischen Donald Trump und Hillary Clinton.

Jetzt befindet er sich in einem fast so spannenden ­Duell – mit Wanderern in Wanaka. Die möchten gern weiterhin den vierzig Kilometer langen Pfad begehen, der sich am Rande des Sees durch Lauers Grundstück ins Tal windet. Lauer verbietet es ihnen nicht direkt, aber die Farmbetreiber machen das Betreten für Besucher kompliziert. Die Naturschutzbehörde DOC und die Wanderlobby „Walking Access Commission“ fordern das Wegerecht vom Besitzer ein – für das er wiederum einen Ausgleich in Millionenhöhe fordern kann. Sein Anwalt droht sogar, den neuseeländischen Staat zu verklagen.

Das Dramolett am See spitzt sich seit Tagen zu. Matt Lauer tweetete wütend über die Journalistin, die die Schlagzeile dazu lieferte. Auch der amtierende Premierminister Winston Peters mischte sich ein und befand, dass das „Overseas Investment Office“ (OIO) gemauschelt hat, als es Lauer zu solchen Konditionen Land kaufen ließ. Sogar über Crowdfunding hatten die Beamten nachgedacht, um den Wanderweg zu sichern.

Anfang dieses Jahres hatte das OIO angesichts Lauers #MeToo-Schande verkündet, dass er weiterhin „guten Charakter“ beweisen müsse, um seinen Bauern- und Anglerstatus nicht zu verlieren. Kiwis abzocken zeugt hierzulande aber von schlechtem Charakter.

 

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WR Podcast # 5: Überwachen

Das Thema “Überwachen” ist mittlerweile so international wie unser Netzwerk. Im fünften Podcast der Weltreporter geht es deshalb diesmal um Überwachung und Datenschutz: um Blockwarte und Distriktpolizisten, um Facebook und soziale Medien. Aber auch um Toilettenrollen und Fernsehbildschirme. Wem sich dieser Zusammenhang nicht erschließt, sollte unbedingt hineinhören!

 

Über die digitale High-Tech-Überwachung wurde zuletzt endlich auch auf politischer Ebene breit diskutiert, in den USA und im deutschen Bundestag. Stichwort: Facebook, Google und co. Aber selbst in Weltgegenden, die noch Modem- und glasfaserfrei sind, werden Bürgerinnen und Bürger überwacht.

Im neuen WR-Podcast erzählen rund ein Dutzend Weltreporter von ihren Erfahrungen in “ihren” Ländern und beschreiben mehr oder weniger ausgefuchste Methoden der Schnüffelei, die in ihrer Plumpheit teils schon wieder amüsant sind. Stichwort Toilettenrolle, im Bericht von Birgit Kaspar. Geradezu sprachlos macht der Bericht von Weltreporterin Christina Schott aus Indonesien: ein derart gut organisiertes System von behördlich angeordneter, nachbarlicher Spitzelei hätte man dort wohl eher nicht erwartet. Aber sie nennt auch den tragenden Pfeiler dieser staatlich verordneten Bespitzelung: die Freude der Nachbarn daran, andere sozial zu kontrollieren und zu bevormunden.

Von ebenfalls ganz analogen Formen staatlicher Überwachung berichtet Bettina Rühl aus der Demokratischen Republik Kongo: Militärbarrikaden, an denen Soldaten eine Art Wegzoll verlangen sind fast alles, was die Bürgerinnen  und Bürger beispielsweise in der Provinz Kasai von ihrem Staat erleben. Auf dem Land gibt es kaum staatliche Schulen oder Gesundheitszentren, keine Straßen, die den Namen verdienen. Das einzige was funktioniert ist das System der Überwachung, die Kontrolle der Bewegungen von Reisenden.

In der DR Kongo verdienen die Menschen ihr Geld mit Muskelkraft, und überwacht wird noch überwiegend analog.

Schwerer zu durchschauen ist die hochtechnisierte, vor allem die digitale Überwachung. Zur Einführung in das Thema diskutieren die Weltreporter des Podcast-Teams über die Tücken und Verführungen der sozialen Medien, über verräterische Likes und Klicks. In der Diskussion zwischen Leonie March in Südafrika, Birgit Kaspar in Frankreich, Jürgen Stryjak in Ägypten, Sascha Zastiral in London und Kerstin Zilm in Los Angeles wird deutlich, wie sehr die sozialen Medien auch unsere Arbeit als Journalisten beeinflussen. Und wie unterschiedlich wir Weltreporter mit dem digitalen Mitteilungsrausch umgehen (müssen), abhängig auch davon, in welchem Staat wir arbeiten. Ein Beispiel: Während Jürgen Stryjak Klicks und Likes meidet, um der ägyptischen Zensur nicht zusätzlich in die Hände zu spielen, macht Kerstin Zilm ihre private politische Haltung in den sozialen Medien durchaus transparent. Das sei in der Ära Trump fast ein Gebot der Stunde, meint sie. Mit ihrem Ärger darüber, dass die sozialen Netzwerke die gesammelten Daten weitergeben, sei sie in den USA allerdings ziemlich allein.

Noch selbstverständlicher ist das Daten-Sammeln in anderen Weltregionen. Zum Beispiel in China. Dort träumt man von einem Ende der chronischen Staus mit Hilfe von “Big Data” und “intelligenten Verkehrsleitsystemen”. Wie Christiane Kühl berichtet, beobachten und fotografieren deshalb in den Metropolen Kameras ständig den Verkehr. Angeblich, um Staus zu vermeiden. Wirklich nur deshalb? Aus Seoul berichtet Fabian Kretschmer von Technikfaszination und fehlendem Bewusstsein für die Risiken und Nebenwirkungen der großen Datensammelei. Ähnlich ist das in Kopenhagen, wo Clemens Bomsdorf als “paranoider Deutscher” – na ja, sagen wir mal: eingeordnet wird, wenn er Bedenken gegen das Datensammeln äußert.

 

Und Danja Antonovic erzählt, warum sie sich in der serbischen Belgrad immer wieder mit dem Handy auf ihrer eigenen Festnetzleitung anrufen muss.

Wer wissen will, ob wir Deutschen also wirklich paranoid sind, was den Umgang mit Daten angeht, und wie das Datensammeln und – jagen andernorts funktioniert, erfährt das alles im Weltreporter Podcast #5, zusammengestellt von unserem Podcast-Team: Birgit Kaspar, Leonie March, Jürgen Stryjak, Sascha Zastiral und Kerstin Zilm.

Und als Überraschungsgast tritt kurz vor Schluss auch noch ein Nashorn auf. Leonie March erklärt, was es damit auf sich hat.

 

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Im Rollstuhl zu den Orang-Utans

Vor zwei Jahren bekam ich die erste Mail von Benni Over. Der 27-jährige Pfälzer fragte, ob ich seine Reise zu den Orang-Utans in den Regenwald von Borneo begleiten wolle – im Rollstuhl: Benni leidet an schleichendem Muskelschwund und ist völlig gelähmt. Verrückt, dachte ich zuerst. Ein Dutzend Mails später wusste ich, dass er es ernst meint. Mit Willensstärke und Lebensmut hat Benni zusammen mit seiner Familie seinen Traum realisiert. Im Buch „Im Rollstuhl zu den Orang-Utans“, das zum Welt-Orang-Utan-Tag am 19. August 2018 erscheinen wird, beschreibe ich die abenteuerliche Reise der Overs zu den bedrohten Menschenaffen: zu Tierrettungscamps, Dayak-Dörfern und durch endlose Palmölplantagen, die ein Hauptgrund für die Zerstörung des Regenwalds und den weltweiten Klimawandel sind.

 

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Das Privileg, für alle zu berichten

Der Axel-Corti-Preis ging dieses Jahr an Weltreporter Karim El-Gawhary. Bei seiner Dankesrede für den österreichischen Fernsehpreis der Erwachsenenbildung erinnerte der Nahost-Korrespondent daran, dass sich niemand aussucht, wo er geboren wird und welchen Pass er dadurch zufällig erhält. Die meisten Menschen auf dieser Welt können nicht hinreisen, wo sie wollen. Sie haben auch keinen freien Zugang zu unabhängigen Medien. Daher empfindet El-Gawhary es als „unheimlich großes Privileg öffentlich-rechtlich für Sie alle zu arbeiten, sozusagen Ihnen allen zu gehören“. Und ruft dazu auf, dass wir uns dieses Privileg von niemandem wegnehmen lassen sollten.

Link: https://www.facebook.com/weltreporter/videos/2439909616025424/

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Von Eseln und Büchern: Die Welt von Cornelia Funke

Termin mit Bestsellerautorin Cornelia Funke: Ich will sie über den von ihr mitfinanzierten Book Truck interviewen. Dieser bringt nagelneue Young Adult Literatur zu Teenagern in Los Angeles, die noch nie ein Buch gelesen haben. Der Weg führt entlang am Pazifik, später über eine gewundene Straße und ein ausgetrocknetes Flussbett bis zu einem Holzgatter. Kein Mensch in Sicht, dafür riesige Eukalyptus-Bäume, Palmen, hohes Gras, eine Scheune mit Dach aus Wellblech. Ich schiebe das Gatter beiseite, fahre noch ein paar Meter bis zu einem Bungalow mit rot-grün-blau bemalter Pergola und Gummistiefeln vor der Tür. Bevor ich klingele, geht sie auf und zwei enthusiastisch-wilde Welpen springen mir entgegen. „Ich habe auch ein paar Enten und zwei Esel“, sagt die weltbekannte Jugendbuchautorin. „Ich kann mir nichts Besseres vorstellen, als bei den Tieren zu sein, wenn ich eine Pause vom Schreiben brauche.“ Neben dem Besuch in ihrem Privatzoo haben wir natürlich auch noch darüber gesprochen, wie wichtig Bücher für junge Leute sind. Und ich bekam ein paar Enteneier mit nach Hause.

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An Uphill Battle

Seit zwei Jahren arbeiten Weltreporterin Theresa Breuer und die amerikanische Fotografin Erin Trieb an einem Dokumentarfilm über das erste weibliche Bergsteigerteam Afghanistans. Die jungen Frauen haben sich vorgenommen, was bisher noch keine Afghanin vor ihnen wagte: Sie wollen den höchsten Berg des Landes erklimmen. Mount Noshaq ist 7500 Meter hoch und selbst für Bergsteigerprofis eine Herausforderung.

Zudem werden Frauen, die in Afghanistan Sport treiben, sozial geächtet und müssen sich immer wieder gegenüber ihrer Familie und deren Umfeld behaupten. Um die einmalige Expedition zu begleiten, trainieren Breuer und Trieb seit fast zwei Jahren.

Wer das Projekt „An Uphill Battle“ unterstützen will, kann das hier tun: https://www.kickstarter.com/projects/erintrieb/an-uphill-battle#

 

 

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“Kurden unter Beschuss” – Podium mit Birgit Svensson in Hamburg

Über die Situation der Kurden im Irak, aber auch in Syrien und der Türkei sprach unsere Nahost-Expertin Birgit Svensson bei der Körber-Stiftung in Hamburg mit dem Journalisten, Blogger und politischen Kommentator Kamal Chomani. Birgit Svensson hält sich seit 2004 kontinuierlich im Irak auf, Kamal Chomani lebt im Exil in Hamburg.

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann in der Mediathek der Körber Stiftung angeschaut werden: https://www.koerber-stiftung.de/mediathek/kurden-unter-beschuss-1592.

 

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Ausgezeichnet – Das tolle Gefühl, einen Preis zu bekommen

Kerstin Zilm mit den anderen Preisträgern und RIAS-Kollegen in Berlin.

“Die Preisträger sollen keine Dankesrede halten. Das wird schnell zu langweilig. Ich werde Euch einfach ein paar Fragen stellen.” Ich war sehr froh, als Petra Gute, die Moderatorin der Preisverleihung mir das sagte.

Dankesreden sind Landminen. Nicht dass ich schon viele gehalten hätte, aber von jahrelanger Berichterstattung über die Oscars weiss ich, dass selbst die erfahrensten Redner vergessen, Menschen zu danken, ohne die sie niemals einen Preis erhalten hätten. Oder dass Musik angespielt wird, bevor sie es tun können.

Ein paar Fragen also, das sollte nicht schwierig sein.

Ich war bei der Verleihung der RIAS Medienpreise in Berlin, in genau dem Funkhaus, in dem alles, was echtes Radio angeht, für mich angefangen hat, mit einem Volontariat kurz nach dem Mauerfall. Aufregende Zeiten waren das für das ‘Radio In the American Sector’ und deshalb auch für mich. Bis dahin wollte ich Hitparaden DJ werden, beim Radio Platten auflegen und in Wunschsendungen mit Hörerinnen und Hörern reden. Kaum war ich einmal mit Mikrofon und Aufnahmegerät unterwegs in Berlin, wusste ich: was ich wirklich will, ist Reporterin werden.

“And the rest” – wie man so schön in meiner neuen Heimat sagt, “is history.”

Ausgezeichnet wurden an dem Abend JP Burgard aus dem ARD-Fernsehstudio in Washington DC, Lara Wiedeking vom ZDF in Washington DC, Arndt Peltner, freier Korrespondent und Radioshow-Moderator aus Oakland, Ainara Tiefenthäler und Shane O’Neill von der New York Times, und ich. Die ausgezeichneten Werke befassen sich mit Themen vom Verschwinden der Gletscher in Alaska bis zur Geschichte des Stacheldrahts und dessen Bedeutung für die US-Gesellschaft.

Ich bekam den Preis für eine Serie von Beiträgen darüber, wie sich die US-Gesellschaft mit der Präsidentschaft von Donald Trump geändert hat, und wie die Menschen in Kalifornien darauf reagieren.

Weltreporterin Zilm mit RIAS Berlin Geschäftsführer Erik Kirschbaum und Moderatorin Petra Gute

Nach einer leidenschaftlichen Rede des CBS-Reporters Bill Whitaker und einem Appell an alle Journalisten, alles daran zu setzen, akkurat und ehrlich über aktuelle Ereignisse zu berichten, war es endlich so weit. Die Preise wurden vergeben.

Ich überlegte, wie ich in das Gespräch mit der Moderatorin irgendwie einbauen kann, welche Bedeutung der RIAS für mich hat und auch dass die RIAS Berlin Kommission buchstäblich mein Leben veränderte.

Dank der Kommission war ich 1994 acht Wochen in den USA, bei Politikern, Universitäten, Fernseh- und Radiostationen. Dort entdeckte ich meine Faszination für das Land und die Menschen, die dort wohnen. Über mehrere Stationen bekam ich 2003 den Posten der ARD-Korrespondentin in Los Angeles. 1998 in Washington als Juniorkorrespondentin für das Deutschlandradio lernte ich einen netten Mann kennen. Mit dem bin ich inzwischen verheiratet. Das wäre alles nicht passiert ohne die RIAS Berlin Kommission! Und ich wäre sicher nicht ARD-Westküstenkorrespondentin geworden. Irgendwie wollte ich das alles unterbringen ohne eine Dankesrede zu halten.

Na endlich! Moderatorin Petra Gute und Kerstin Zilm

Ja, und dann stellte Petra Gute mir die erste Frage: “Was haben Sie gedacht, als Sie hörten, dass Sie den Preis bekommen?” Kurz dachte ich an all die diplomatischen Dinge, die ich sagen könnte/sollte. Aber es platzte ehrlich aus mir heraus:

“Na endlich!”

Seit zehn Jahren nämlich reiche ich Beiträge ein für den Preis. Ich hatte schon fast aufgegeben.

Zum Glück lachte der ganze Saal. Und irgendwie hab ich in den nächsten Antworten dann auch all die Sachen untergebracht, die ich auch noch sagen wollte.

 

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Jacindas Bösewicht

Seit unsere hochschwangere, supercoole, blitzgescheite und wunderschöne Premierministerin Jacinda Ardern Europa beehrt hat, ist jeder und vor allem jede ihr Fan. Angela Merkel lächelte beim Besuch in Berlin ein gütigeres Mutti-Lächeln als sonst – fast schon ein inniges Omi-Strahlen. Angie und Cindy posierten zusammen mit einem Kiwi-Stofftier. So viel Kuscheligkeit! So viel Wärme! So viel Weiblichkeit! Der Oxytocin-Ausstoß war spürbar.

Was nicht nur hormonell anschlug, sondern stilistisch imponierte, war Arderns Dinner-Auftritt im Buckingham-Palast nach dem Empfang bei der Queen. Da erschien sie mit prallem Babybauch wie ein Hollywoodstar im bodenlangen rostfarbenen Kleid, über dessen schmeichelhaften Ton und Fall sich in ganz Ozeanien keiner mehr einkriegte. Um ihre Schultern trug sie einen traditionellen Maori-Umhang aus Federn, über dessen korrekten Namen die neuseeländische Presse stolz tagelang fachsimpelte.

Und am Arm hatte die PM Clarke Gayford, schnieker Ehemann im Smoking – über den gerade ein Mediengewitter niederging, das sowohl Shitstorm wie Reinwäsche war. Denn leider darf niemand sagen, ob es dabei Blitz, Donner oder Hagel gab. Alles geheim. Hat der werdende Kindsvater der neuen Staatschefin Schande gebracht? Hat er Dreck am Stecken? Ist er ein promigeiler Blender, der sich an den Rockzipfel einer mächtigen Powerfrau gehängt hat – oder gar schlimmer?

Die neuseeländische Polizei gab diesen Mittwoch ein ungewöhnliches Statement heraus: Sie bestätigte, dass keinerlei Ermittlungen gegen den 41-jährigen Moderator der Anglershow „Fish of the Day“ vorliegen oder er jemals im Visier der Behörden war. Seit Monaten brodelten schmutzige Gerüchte in der Medienküche, die dem „First Husband“ anrüchige bis illegale Handlungen unterstellte – vertuscht von einer angeblich korrupten Justiz.

Jetzt ist der Strom an den überbrodelnden Dampfkochtöpfen endlich aus. Jacinda Arderns Kommentar dazu war lediglich, dass sie kein Interesse an „dirty politics“ habe – und einen Job zu erledigen. That’s our girl! Doch auch wenn alles nur ein widerliches Komplott ihrer konservativen Gegner war: Die Flecken auf dem Herd, die bleiben. Denn jetzt fragen sich alle, die die Gerüchte noch nicht kannten: Was bitte soll der schnuckelige Gayford verbrochen haben, außer dass er aussieht, wie frisch aus der Fernseh-Datingshow „The Bachelor“ entlaufen?

Langsam sickern in Aotearoa die ersten Insider-Kenntnisse durch. Drucken darf man sie dort nicht, aber hier. Es ist nicht der Verdacht, dass der TV-Star sich das leicht prätentiöse „e“ am Vornamen – Clarke – selbst zugelegt hat. Viel schlimmer. Aucklands Fischläden sind angeblich in den Schmierenskandal verwickelt. Der „Fisch des Tages“, den Jacindas Gatte jede Woche vor der Kamera aus dem Wasser zieht, sei gar nicht frisch, sondern stinkt: Er habe ihn heimlich vorher gekauft.

 

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Regenwald-Gipfel ohne Bäume

Minister aus Indonesien, Singapur und Australien, Regierungsvertreter aus Dänemark und Norwegen, von den Philippinen und den Fiji-Inseln, insgesamt 1200 Gäste aus rund 40 Ländern, dazu riesige Mengen an Catering in Fünf-Sterne-Sälen, die so eisgekühlt sind, dass man einem Schal braucht.

Selbstverständlich erhalten sämtliche Gäste alle möglichen nötigen und unnötigen Information auf Papier ausgedruckt, anstatt sie auf den USB-Stick zu kopieren, der sowieso Teil der Geschenktasche aus Kunststoff ist, die jeder Gast erhält. So beginnt der dritte Asia Pacific Rainforest Summit in Yogyakarta. Master of Ceremony Anthony Benny vom australischen Umweltministerium lädt die Gäste gleich zu Anfang ein, sich nach dem Gipfel die „tropischen Regenwälder in der Region anzusehen“ – was zumindest bei einigen einheimischen Teilnehmern die Mundwinkel zucken lässt, gibt es doch in Zentraljava schon seit Jahrhunderten keine nennenswerte Regenwälder mehr.

Die indonesische Umweltministerin Siti Nurbaya Bakar klärt das Missverständnis in ihrer Rede dann zumindest indirekt auf: Es werden Touren zu Wiederaufforstungsprojekten angeboten. Diese Baumplantagen sorgten unter anderem dafür, dass Java mittlerweile nicht mehr Holz aus Kalimantan, dem indonesischen Teil von Borneo, einführen muss, sondern im Gegensatz dazu die eigene Produktion nach Kalimantan verschifft. Was sie nicht sagt: dass in Kalimantan nicht mehr viele Bäume übrig sind, die man irgendwohin verschiffen könnte. Dort sind neben den sich krebsartig ausbreitenden Palmölplantagen fast nur noch geschützte oder schwer zugängliche Gebiete bewaldet, also in Nationalparks und im Gebirge: Spätestens seit 2014 gilt Indonesien als der unbestrittene Weltmeister im Abholzen von Regenwäldern.

 

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Reich und unabhängig wie Norwegen? Das wär’s!

Norwegen steht beim UN World Happiness Report an zweiter Stelle. Das liegt sicher auch daran, dass das Land reich ist und sich die Norweger keine Sorgen um Geld machen müssen. Den das Land hat den Ölfonds und damit pro Kopf über 160.000 Euro an den internationalen Finanzmärkten angelegt.

Seit Anfang 1998 investiert der Ölfonds breit gestreut und hat binnen dieser 20 Jahre eine höhere Rendite erwirtschaftet als der DAX! Und das bei geringerer Volatilität, also weniger Risiko.

Auch Privatanleger können Ihr Geld wie Norwegen anlegen und vermehren und damit hoffentlich ein wenig reicher und sorgloser, weil finanziell unabhängiger, werden – und das wie der Fonds unter Berücksichtigung ethischer Kriterien. Für mein neues Buch „So werden Sie reich wie Norwegen – Genial einfach ein Vermögen aufbauen“, das heute (12. April 2018) im Campus Verlag Frankfurt/New York erscheint, habe ich aus der Strategie des Fonds die norwegische Finanzformel extrahiert und sie an die Bedürfnisse von Privatanlegern angepasst.

Zur Buchseite bei Weltreporter (mit Bestelllink) und zur Website nur fürs Buch.

 

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WR Podcast #4: Alles eine Frage der Zeit

Weltreporter sind in fast allen Zeitzonen zu Hause. Das hilft uns bei der Arbeit, sorgt für Aufträge, kann aber auch für Verwirrung sorgen. Welche das sind, erzählen unsere Reporter auf einer 20-minütigen Reise um die Welt, aus Regionen, in denen die Uhren oft gründlich anders ticken als in Berlin oder in Bremen. Im vierten Podcast der Weltreporter geht es um Zeit – um Rhythmus, Ungeduld und Warten, um Verschiebung der Zeit und ihren Wert. Ein Dutzend Reporter nehmen Sie mit auf einen sehr persönlichen Ausflug in ihren Alltag und an Orte, von denen wir sonst für Sie – Leser und Hörer – in deutschen Medien berichten. 

Weltreporter schreiben und recherchieren nicht nur auf sechs Kontinenten, einige von uns nutzen die Zeitverschiebung, die diese Arbeit mit sich bringt auch für Jobs, die es vor fünf Jahren noch gar nicht gab. Christina Schott hätte, als sie als Journalistin nach Indonesien zog, nie gedacht, dass ausgerechnet die Zeitverschiebung ihr mal eine familienfreundliche Arbeitszeit verschaffen würde. Wie viele Kollegen in der Region sorgt sie mehrere Tage im Monat an einem online Newsdesk dafür, dass die Webseiten großer deutscher Tageszeitungen 24 Stunden aktuell bleiben. Und wenn dann kurz vor ihrem Feierabend ein Vulkan spuckt, bricht bei ihr kein Stress aus – dann übergibt sie an die Frühschicht in Berlin oder Frankfurt. 

Zug verpasst? Das kann in den Niederlanden Folgen haben…

“Meine Arbeitstage in Seoul sind oft endlos lang”, sagt hingegen Fabian Kretschmer, und er sagt auch, warum das so ist und er eigentlich nichts dagegen hat. Der Südkoreakorrespondent erinnert außerdem an einen historischen Moment, in dem in seiner Region die Uhr zum politischen Theater wurde, und eine halbe Stunde kurzfristig die Weltpolitik durcheinander brachte.

Möge dir Zeit übrig bleiben

Kerstin Zilms Großmutter wünschte der Enkelin in Kalifornien einst, ihr möge Zeit übrig bleiben. Auf Kerstins  “Auf Wiedersehen” reagierte die alte Dame gerne mit einem “so Gott will und die Heiligen einstimmen.” Ein Spruch, den Jürgen Stryjak in Kairo in ähnlicher Variante fast häufiger hört als ein “Guten Morgen”; denn zur präzisen Zeiteinschätzung gehört in Ägypten das Inschallah إن شاء الله  – so Gott will. Ob beim Schraubeneinkauf oder im Kebab-Restaurant – der Herrgott hat bei der Verwirklichung von Wünschen offenbar seine Hände im Spiel. In Stryjaks Wahlheimatstadt, die den Korrespondenten zuweilen an eine Science-Fiction-Vision aus dem Filmklassiker “Blade Runner” erinnert, kann die Formel “In schā’a llāh” sogar Einfluss auf das Tragen eines Sicherheitsgurtes haben… 

Benjamin Wamocho studiert Tiermedizin und unterrichtet Musik in Nairobi

Gott hat den Europäern die Uhren gegeben und den Afrikanern die Zeit – diesen Spruch zitieren Afrikaner gerne, wenn mal wieder ein Europäer ausflippt, weil jemand Stunden nach dem vereinbarten Termin kommt. Bettina Rühl, die auch nach 30 Jahren Arbeit in Afrika noch zuweilen mit dem dortigen Zeitverständnis hadert, hat in Kenia einen Experten für Zeit und Rhythmus befragt: einen Musiker. Benjamin Wamocho erklärt ihr wunderbar, warum nicht immer schlecht sein muss, wenn man eher spürt, wann es Zeit für etwas ist, als ständig die Zeiger eines Geräts bestimmen zu lassen.

Ungeduld ist die Tugend des Korrespondenten

Marc Engelhardt, der von der Schweiz aus die Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates verfolgt, muss bei der Arbeit mit einem anderen Aspekt der Zeit zurechtkommen: “In der in Diplomatie ist Zeit auch Macht”, weiß er. Je länger etwa in New York über Syrien-Sanktionen verhandelt wird, um so mehr Menschen sterben im Bombenahgel in Ostgutha. “Warten können mag eine Tugend der Diplomaten sein – Ungeduld ist die Tugend des Korrespondenten”, sagt Marc Engelhard.

Bei Kerstin Zilm in Los Angeles ticken die Uhren anders, erst recht zur Oscar-Zeit

Folgen Sie uns auf dieser akustischen Reise, und freuen Sie sich auf einige überraschende Erkenntnisse:
Wie tickt Los Angeles und wann ist der richtige Moment für eine Hochzeitsparty in Tunesien? Wie unterscheiden sich die südafrikanischen Gummizeiten right now von just now und now now? Weshalb schüttelt Christine Wollowski in Brasilien immer noch den Kopf und verabredet sich Tina Schott längst nicht mehr an Straßenecken? Welche Folgen kann ein verspäteter Zug im superpünktlichen Holland haben, und wie genau klingt die Schafszeit in einem südfranzösischen Dorf? – Antworten auf all diese Fragen und einiges mehr hören Sie im Weltreporter Podcast #4, zusammengestellt von unserem Podcast-Team in fünf Zeitzonen: Kerstin Zilm, Birgit Kaspar, Jürgen Stryjak, Sascha Zastiral und Leonie March. 

PS: Sie haben unsere ersten Podcast-Ausgaben über Licht und Identität verpasst? Sie finden Sie nach wie vor in der Soundcloud und natürlich auf unsere Homepage.

 

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#WR-Magazin: Philippinische Gewalt – Was Präsident Duterte mit seinem Land und seinen Leuten macht

Das neue Magazin der Weltreporter (Foto: Bomsdorf).

Das neue Magazin der Weltreporter (Foto: Bomsdorf).

Mehrfacher Bürgermeister einer Millionenmetropole, Jurist, Präsident – und bekennender Killer. Der philippinische Staatschef Rodrigo Duterte trägt eine skurrile Ansammlung an Titeln. In gut zwei Wochen wird er 73 Jahre alt, dann dürfte seine tödliche und unmenschliche Politik gegen das Drogenelend seines Landes wieder etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Hilja Müller, unsere Weltreporterin in Peking, die zuvor neun Jahre in Manila gelebt hat, beobachtet die Lage im Land schon seit langem aus der Nähe. Über den Staatschef schreibt sie:

“Duterte hat der Kriminalität den Kampf angesagt. Er ordnet auch Erschießungen an – und zerstört so Familien. Seine Anhänger sind begeistert.”

Hilja Müllers ganze Geschichte, für die sie Angehörige von Opfern von Duettes gewaltsamen Kampf gegen die Drogen getroffen hat, steht im Rekorder, dem neuen Magazin der Weltreporter. Über die weiteren Geschichten informieren wir Sie ebenfalls in unserem Blog.

 

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Weltreporter-Magazin “Rekorder”

Es sind hunderte von Artikeln und stundenlanges Audiomaterial, die wir Weltreporter laufend mit unseren Berichten aus allen Kontinenten produzieren. Die meisten großen deutschsprachigen Medien greifen für ihre Auslandsberichterstattung auf „Weltreporter“ zurück. Damit erreicht unsere Arbeit in Deutschland sehr viele Menschen und bringt ihnen ferne und nahe Länder nah. Im digitalen Zeitalter sind journalistischen Produkte ebenso leicht zugänglich wie oftmals vergänglich – schließlich ist alles von fast überall her abrufbar und wird ständig um Neues ergänzt. Wir Weltreporter schätzen dieses breite Informationsangebot und tragen gerne dazu bei.

Jetzt halten wir aber einmal inne und bieten etwas zum In-der-Hand-halten: unser neues Weltreporter-Magazin „Rekorder“.

Das neue Magazin der Weltreporter (Foto: Bomsdorf).

Das neue Magazin der Weltreporter (Foto: Bomsdorf).

Auf 200 Seiten haben wir Reportagen, Analysen und Interviews unserer Mitglieder gesammelt, die über das Ersterscheinungsdatum hinaus Relevanz haben. Denn gute Texte haben es verdient, mehr als einmal gedruckt zu werden. Guter Journalismus hat es verdient, den Spalten der Tageszeitungen und Magazine entnommen und in anderer Form erneut publiziert zu werden.

Ein Dutzend Texte von Mitgliedern der Weltreporter in dieser Form erneut zu veröffentlichen zeigt, was Auslandsberichterstattung im Allgemeinen und wir Weltreporter im Besonderen können: Geschichten erzählen, die neue Perspektiven auf die Welt eröffnen und damit vielleicht auch das eigene Leben.

Das Magazin ist im Weltreporter-orange gehalten und wurde von der Frankfurter Agentur very gestaltet. Wir bringen es bei Redaktionsbesuchen in den kommenden Monaten mit. Neben dem Podcast ist es unser zweites neues Medienangebot. Federführung bei dem Projekt haben die Weltreporter Sarah Mersch (Tunesien) und Clemens Bomsdorf (Nordeuropa).

Sollten Sie noch keins bekommen haben und können nicht länger warten, wenden Sie sich an magazin@weltreporter.net, um schon jetzt ein Exemplar zugeschickt zu bekommen (begrenztes Kontingent).

Hier, auf unserem Blog, werden wir in den kommenden Monaten in unregelmäßigen Abständen auch einen kurzen Einblick ins Magazin geben und einzelne Texte daraus vorstellen.

 

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Buschtrommel statt “Bunte”

„Gone bush“ heißt es in meiner Abwesenheitsnotiz, denn ich verbringe den Sommerurlaub wie jedes Jahr in unserem Hauslaster-Domizil an der wilden Westküste. Der steht hoch oben auf einem dicht bewachsenen Hang über tosendem Meer. Solarstrom, Plumpsklo, kein Internet, kein Handyempfang. Das ist Segen und Fluch, mal wieder.

Es war vor exakt sechs Jahren, als ich mich auf dem Fahrrad die steile Küstenstraße entlang bis zum nächsten Café in Punakaiki quälte, um dort einen Blick auf die Zeitung vom Vortag zu erhaschen. So aktuell sind dort die Auslieferungszeiten. Dafür kann man immer mit Sandfliegen rechnen. Solch kleine Mankos machen sie dort mit einmaliger Whitebait-Pizza und singenden Einheimischen wett, die jeden Freitag bis in die Puppen musizieren.

So kam es, dass ich als Letzte im Lande erfuhr, was dem bekanntesten wie dicksten Deutschen in Aotearoa widerfahren war: Kim Dotcoms Villa außerhalb Aucklands war in einer Großrazzia, wie sie das Land noch nie gesehen hatte, gestürmt worden. Der Hausherr saß im Knast – und die Auslandskorrespondentin am schönsten Arsch der Welt, weit von jedem Flughafen oder WLAN-Anschluss entfernt. Tage verbrachte ich telefonierend in dem Café, sah viele Touristen kommen und gehen und bekam am Ende eine halbwegs seriöse Geschichte zustande.

Jedes Mal, wenn ich das Pancake Rocks Café betrete, fällt mir kurz der von Dotcom versaute Urlaub ein. Und jedes Mal schwöre ich, dass sich solche Tiefpunkte statistisch nicht wiederholen können. Denn Januar ist Sommerpause, da ruht das kiwianische Leben komplett. Nicht ganz. Ein Leben begann längst woanders – im Bauch unserer neuen Premierministerin. Jacinda Ardern, keine drei Monate im Amt, und zack-bumm, schwanger. Ja, Wahnsinn! Eine Weltnachricht. Und ich mal wieder in seliger Unerreichbarkeit im Busch.

Darüber lachten wir dann alle beim letzten Grillen vor dem Hauslaster. Stießen auf unsere coole PM an, die das babytechnisch sicher alles gewuppt kriegt. Sonnten uns als eingewanderte Spät-Kiwis in dem Glanz, mit Jacinda ein bisschen internationalen Eindruck gemacht zu haben, auch wenn mein medialer Beitrag dazu bis dato noch fehlte. Bis unser frisch angereister Gast, der früher an dem Tag Empfang hatte, einen Schluck vom Bier nahm und beiläufig sagte: „Aber dass Kim Dotcom gerade wieder geheiratet hat und den neuseeländischen Staat in Milliardenhöhe verklagen will, das weißt du?“

Der MegaUpload-Krösus, dessen schillernde Laufbahn gerade in einem dollen Dokumentarfilm beleuchtet wurde, hatte ausgerechnet den Jahrestag seiner Verhaftung für die zweite Hochzeit gewählt – um, wie er twitterte, etwas Schlechtes in Gutes verwandeln. Nach wie vor schlecht für mich. Welch ein Sommer. Schlagzeilen sprudeln in die Welt, die zusammen eine halbe „Bunte“ füllen könnten, und ich habe nichts als eine Buschtrommel. Ich bin dann mal Wellenreiten.

 

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WR Podcast #3 Lichte Momente

Fehlt Ihnen im Nordhalbkugel-Winter zuweilen eine Dosis Licht? Australien wird mit Sonne und Hitze derzeit reichlich versorgt, vorgestern war es in Sydneys Westen gut beleuchtete 47 Grad. Die kann ich Ihnen nicht um die Welt schicken, aber etwas deutlich Besseres: Nehmen Sie sich etwas Zeit und reisen Sie mit uns in zwanzig Minuten um die Welt: Mit dem Weltreporter-Podast #3. In der dritten Audio-Reise des Journalisten-Netzwerks geht es um Licht. Begleiten Sie Weltreporter an Orte, an denen Licht verzaubert, wo Lichter aufgehen und dorthin, wo ein ganzes Land das Licht am Ende eines Tunnels feiert.

Aber Vorsicht, die erleuchtete Welt der Reporter hat ein paar Überraschungen für Sie parat: Unsere Kollegin in Südosteuropa hat ein besonderes Lichtspektakel sogar richtig sauer gemacht. Denn dort gehen die Uhren anders – sagt eine, die es wissen muss: Weltreporterin Danja Antonovic aus Belgrad. Sie erklärt Ihnen, warum dort die Weihnachtsbeleuchtung im September an- und erst im Februar wieder ausgeschaltet wird. Sie weiß auch, was über diese Lichterflut jene Belgrader denken, die selbst kaum genug Geld für die eigene Stromrechnung haben.

Belgrads winterliches Lichtermeer

Die meisten Momente, die das Podcast-Team der Weltreporter – Kerstin Zilm, Sascha Zastiral, Jürgen Stryjak, Birgit Kaspar und Leonie March  – zusammengetragen hat, sind aber auf eher positive Art erhellend.

Auf der Audio-Reise zu den Einsatz- und Arbeitsorten von Weltreporter-Kollegen in aller Welt erfahren Sie von ungewöhnlichen Augenblicken in Tschechien, Australien und Kairo. Außerdem erleben Sie einen eiskalten Sonnenaufgang im Zelt über den Wolken in den Pyrenäen.

In Kenia, drei Autostunden von Nairobi entfernt, rennt Bettina Rühl vor Sonnenaufgang durch die Savanne. Warum sie dabei von Massai bewacht wird, erfahren Sie ebenfalls im Weltreporter Podcast #3.

Über den Wolken in den Pyrenäen

Von ganz persönlichen und manchmal sogar magischen Momente, die mit Licht und Schatten zusammenhängen, berichten Weltreporter aus dem nächtlichen Paris und einem Delfter Museum, aus Kairos Straßen und vom Strand in Lombok.

Wir haben Licht am Ende des sprichwörtlichen Tunnels in Tschechien gefunden und schauen in Chile vorbei, wo endlich neue, günstige Solaranlagen gebaut werden. Im Podcast erzählt unser neuer WR-Kollege in Südkorea, welche Hoffnungsschimmer die Einwohner von Seoul haben, angesichts der eher düstern Angst vor einem drohendem Atomkrieg. Sie erfahren, weshalb nicht mehr viele serbische Mädchen Svetlana (“Tochter des Lichts”) genannt werden und folgen Marc Engelhardt 175 Meter unter die Schweizer Erde, in die Tunnel des Europäischen Kernforschungszentrums. Auch dort funkelt ein besonderes Licht.

Gamelan-Musiker in Indonesien

Zu einem Klang- und Licht Erlebnis der historischen Art nimmt Christina Schott Sie in die Sultansstadt Jogjakarta mit. Dort wird seit Jahrhunderten die Kunst des Schattentheaters zelebriert, ein Meisterwerk des Kulturerbes, an dem heute auch Touristen teilnehmen können. Lauschen Sie dem Klingklong der indonesischen Gamelan, deren fünf- oder siebentönige Tonskalen vielleicht Geister vertreiben, mit Sicherheit aber die Zuhörer in eine ganz andere Welt versetzen.

An einem wiederum anderen Ende des Globus trifft sich die größte indische Bevölkerungsgruppe außerhalb Indiens zu einer Prozession, in der mit Lampen, Gesang und Farben der Sieg des Lichts über die Dunkelheit gefeiert wird. Auf welchem Kontinent diese Zeremonie die Straßen in ein spirituelles Volksfest verwandelt, erfahren Sie ebenfalls im Weltreporter-Podcast #3.

Sonnenaufgang in Kenia

PS: Alle drei Monate erzählen Weltreporter von Jobs und Recherchen zwischen Durban und Dänemark und laden ein zum Blick hinter die Kulissen, nehmen Sie mit in den Korrespondentenalltag oder teilen persönliche Eindrücke.

Sie haben die ersten WR-Podcast verpasst? Hören Sie sie in der Soundcloud an. Sie treffen einen Weltreporter-Gründer, hören, welches Geräusch unsere Kollegin in Los Angeles zuweilen von der Arbeit abhält, welche Eigenschaften zum Job gehören und was Kollegen in Krisenregionen auch in schwierigen Zeiten zum Durchhalten motiviert. Im zweiten Podcast geht es um Identität.

 

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Der Verräter

Im letzten Jahr war ich drei Monate außer Landes, und was hat es mir gebracht? Vor allem das heimelige Wohlgefühl, nach dem Sabbatical wieder in mein kleines, feines, heiles Land zurückkehren zu dürfen. Wenn man hier lebt, kommt es einem ja nicht immer so paradiesisch vor. Aber wochenlanges Reisen in Indien und U-Bahn-Fahren in Berlin haben mich bekehrt. Zumal eine neue Regierung am Ruder war, als ich wiederkehrte: Jacinda Ardern, die jüngste Premierministerin der Welt. Nebenbei DJ und Feministin.

Bei so viel Frauenpower ist man plötzlich doch fast ein bisschen stolz darauf, Kiwi zu sein. Komisch, dass sich das so viel leichter sagt, als stolz auf irgendwas Deutsches zu sein. Einem anderen Migranten geht es mit dem Herkunftsdilemma ähnlich, nur andersrum: Filmemacher Taika Waititi, der noch cooler als Jacinda Ardern und die Sängerinnen Aldous Harding und Lorde zusammen ist. 2003 wurde er für seinen Kurzfilm „Two Cars, One Night“ für einen Oscar nominiert. Und mit dem Maori-Film „Boy“ brachte er „egg“ (Ei) als Beleidigung in den Sprachgebrauch zurück.

Waititi hat im Herbst mit „Thor: Ragnarok“ Hollywood erobert und war „Neuseeländer des Jahres 2017“ – wahrscheinlich auch deshalb, weil er ein paar Insider-Witze in „Thor“ eingebaut hat, die man nur im südlichen Ozeanien versteht. Waititi spielt einen außerirdischen Superhelden namens Korg – mit starkem Kiwi-Akzent. Keinen besseren Botschafter in Hollywood könnte man sich also für unseren meist schnöde ignorierten Kulturraum wünschen. Doch an meiner zweiten Heimat und seiner ersten hat der Star-Regisseur einiges zu meckern.

„Ich bin nicht sehr stolz darauf, dass ich aus einem Land komme, von dem im Ausland alle denken, dass es rein, sauber und grün ist, aber in Wirklichkeit sind unsere Seen und Gewässer Gift. Wir müssen noch viel über Umweltschutz lernen“, sagte Waititi in einer Fernsehsendung. Im Lake Taupo, unserem größten Gewässer, kann man wegen Algenpest zurzeit nicht mehr schwimmen. Nachhilfe bräuchte Neuseeland auch auf anderen Sektoren: „Depressionsrate, Selbstmordrate, Teenager-Selbstmordrate, Kinderarmut und die Immobilienkrise. Bevor man nur ans Geld denkt, sollte man erst mal einige dieser Probleme lösen.“

Die Retourkutsche war die gleiche wie vor drei Jahren, als die neuseeländische Schriftstellerin Eleanor Catton den Booker-Preis gewann und es wagte, kritische Worte über die damals noch konservative Regierung zu verlieren. Auch diesmal fiel das Wort „Verräter“. Waititi habe „Neuseeland den Geiern zum Fraß vorgeworfen.“ Probleme gebe es schließlich überall. Wie könne man bitte „Neuseeländer des Jahres“ sein, ohne stolz auf sein Land zu sein?

Darauf hatte Taika Waititi eine Antwort. „Es tut mir leid, NZ!“, twitterte er. „Ich habe in der Eile nicht richtig nachgedacht. Ich habe vergessen, auch häusliche Gewalt, Sexismus, Homophobie und Rassismus zu erwähnen. Mein Fehler!“

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