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4 Überlegungen zum Frühstück: Krise des Journalismus oder der Hotellerie? Oder sind es nur die Schweizer? Oder die von sich überzeugten Berliner?

Mitte Juni verbrachte ich für eine Konferenz einige Tage in Berlin. Man hatte mich im Swissôtel einquartiert. Das Haus am Kudamm gehört zu den nobelsten der Hauptstadt. Im Frühstücksraum angekommen, blickte ich am ersten Morgen in nahezu fieberhafter Erwartung auf das Zeitungsangebot, das mir präsentiert wurde. Zwar habe ich im Kopenhagener Büro zwei deutsche Tageszeitungen, doch kommt die eine stets einen Tag zu spät. Ein solches Hotel aber würde mir sicher die Wahl lassen zwischen den aktuellen Ausgaben von FAZ, FTD, Welt, Handelsblatt, SZ sowie einigen ausländischen und regionalen Blättern.

Eine Wahl, die bei mir meist dazu führt, sich in Flieger und Hotel etwas beschämt mindestens fünffach zu bedienen. Am liebsten würde ich in solchen Fällen immer allen Umstehenden, die sehen, wie ich so viele Zeitungen abgreife, entschuldigend und mit einem Lächeln zuflüstern "Ich bin Journalist".

Im Swissôtel war das gar nicht nötig. In der Auslage gab es die Berliner Zeitung und den Tagesspiegel im Überangebot, dann das Handelsblatt und Welt kompakt, einzig ausländische Zeitung war die International Herald Tribune.

Nun ist natürlich gegen keines dieser Blätter etwas einzuwenden, aber was heißt es, wenn ein solches Haus es nicht für nötig hält, seinen Gästen ein großes, überregionales Blatt ohne Spartenfunktion anzubieten (Also etwa Welt statt Welt kompakt und FAZ zusätzlich zum Handelsblatt)? Dass die Berliner Blätter sich als überregionale sehen, ist bekannt. Geteilt wird diese Meinung aber vor allem in der eigenen Redaktion. Ist es also ein Beweis dafür, dass in Berlin die Berliner Medien als die besten angesehen werden (These: überzeugte Berliner)? Oder sind Zeitungen heutzutage so uninteressant, dass die Gäste großer Häuser sich nicht drum scheren, was sie als Lesestoff geboten bekommen (These: Krise des Journalismus)? Oder hat das Hotel einfach eine schlechte Geschäftsführung, ist gar die Branche in Mediendingen unbewandert (These: Krise der Hotellerie)? Oder liegt es einfach daran, dass das Hotel Swiss im Namen hat, die NZZ spart ja bekanntlich auch tüchtig und entwickelt sich zu einem immer lokaleren Blatt (These: die Schweizer)?

Pay TV gab es jedenfalls. Allerdings nicht im Frühstücksraum.

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