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Am Morgen danach: Michael Neubauer aus Paris

FotoParis

Die Schaufensterscheibe des Le Petit Cambodge hat ein großes Loch. Splitter liegen auf dem Gehsteig. Die Attentäter haben anscheinend mehrmals auf das beliebte asiatische Restaurant geschossen. Es liegt ganz in der Nähe des Canal Saint-Martin. Ein quirliges Ausgehviertel.

Immer wieder zeigten am Freitagabend die Nachrichtensender dieses Foto mit der zerschossenen Schaufensterscheibe. Dahinter ein Tresen, an dem man normalerweise essen und zugleich auf die belebte Kreuzung schauen kann. Ich muss schlucken. Vor wenigen Tagen saß ich genau dort, wo jetzt das große Loch im Schaufenster ist. Aß eine Suppe mit Rindfleisch, Nudeln, Sprossen und Kräutern.

Der Terror ist wieder zurück. Anders als im Januar haben die Terroristen sich nicht eine bestimmte Zielgruppe ausgesucht: damals waren es Karikaturisten, Juden, Polizisten. Am Freitag haben sie wahllos auf alle geschossen. Auf Menschen, die Musik hören, ausgehen, Spaß haben und  ihren Hunger stillen wollten.

„Der Krieg mitten in Paris“, „Der Horror“, „Blutbad in Paris“, „Dieses Mal ist es Krieg“ titeln die Tageszeitungen. Das Leben heute in Paris wird mehr oder minder stillgelegt sein. Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Sporthallen, Lebensmittelmärkte, Museen bleiben geschlossen.

„Und jetzt?“, fragt der Zeitungsverkäufer. „Wir müssen doch weiterleben, dürfen uns nicht zu Hause verstecken. Dann hätten sie gewonnen.“

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