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Die Globalisierung geht auch am Journalismus nicht vorbei

 

 

 

 

Wer jemals bei der Lancierung eines Beauty-Produkts war, weiß, dass bei einem solchen Event weder Kosten und Mühen gescheut werden. Aber der weiß auch, dass die mächtigen Beauty-Konzerne genaue Vorstellungen haben, wie später das mediale Ergebnis dieser Ausgaben aussehen soll. Ich war gestern mal wieder auf so einem Event.

Über 200 geladene, eingeflogene und in Nobelhotels untergebrachte Gäste aus der ganzen Welt trafen sich erst zum Galadiner anlässlich der Präsentation eines neuen Herrenduftes, um dann am nächsten Morgen in Paris’ neuer In-Bar die dazu passende Pflegeserie kennen zu lernen. Die Pressekonferenz war spannend, gut bestückt mit externen Wissenschaftlern und bestens reglementiert: Die anwesenden Journalisten durften an die hauseigenen Forscher exakt vier Fragen stellen. Danach zogen sich die Experten in eine Ecke zurück, so dass sich niemand traute, das intime Sit-in zu stören.

Gleiches Spiel beim Stargast, einem englischen Hollywoodstar, der als Rolemodel für den neuen Duft fungiert. Nach 20 min. und circa 15 Fragen zum Werbespot, dem Regisseur des Werbespots, dem Model im Werbespot und seinen persönlichen Beauty-Gewohnheiten war Schluss. Ich beteilige mich an solchen Masseninterviews schon lange nicht mehr.

Nach einem Erlebnis auf der Massen-Pressekonferenz zum Filmstart des Da Vinci Codes, als ich zwei Fragen an Audrey Tautou stellte, die ich am nächsten Tag in der gesamten Springerpresse lesen durfte und selber in meinem Artikel nicht mehr verwendet habe, weigere ich mich, bei diesem Spiel mitzumachen. Wenn das Ziel solcher Veranstaltungen ist, völlig identische Artikel von Taiwan bis in die USA und von Südafrika bis Schweden publiziert zu bekommen, finde ich das schade und fragwürdig. Wo bleibt bei der journalistische Anspruch? Wo die individuelle Einschätzung?

Ich für meinen Teil zerbrach mir während des gesamten öden Masseninterviews den Kopf, mit welchem Dreh ich die Geschichte anders aufziehen könnte. Mir ist auch was eingefallen, aber das behalte ich schön für mich.

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