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Ein Riesen-Spaß (oder: das ist ja zum Auswandern!)

Danke, danke, wir haben es mitbekommen, selbst an entlegenen Globusrändern wie Australien wissen wir: Deutschland wandert aus was das Zeug hält. Von deutschen TV-Sendern auf allen Kanälen begleitet, von jeder anderen Medienart beschrieben und erzählt, von Unrast getrieben. Und wir? Wir, die wir an denen angeblich so begehrten Fluchtzielen leben, können dann wohl einfach sehen, wie wir damit klar kommen, wie? Naja, das geht schon ok. Auch wenn ich mich zuweilen insgeheim frage, wie es wird, demnächst nach Deutschland zu kommen – und peng: da ist keiner mehr. Alle futsch. Good-bye und Tschüs. Logisch, ich weiß, ein paar bleiben. Muss ja. Schon allein die, die all die Serien schreiben und filmen oder angucken müssen. Und die nämlich, die haben super viel Spaß in Deutschland zur Zeit. Eine Riesengaudi. Monsterjux.

Woher ich das weiß? Auch dank des Auswanderer-Booms. In Deutschland wird nämlich längst nicht mehr für Geld gearbeitet. Kein Scherz. Gerackert wird aus lauter Spass an der Freude, aus schierer, purer Lebenslust! Lohn, Honorar, Bezahlung? Pah, das ist doch was für Nörgler und Auswanderer. Oder für Korrespondenten am Ende der Welt, die noch nix von der neuen deutschen Spass-Gesellschaft gehört haben. Für Hinterwäldler wie mich. Die angemailt, angerufen,  angetextet werden um den deutschen Medienauswandererboom zu füttern. Mit frischen Fällen. “Sind Sie doch bitte so nett, bis Anfang der Woche bräuchten wir ein Single aus Bayern …”  “Würden Sie bitte mal schnell… – Ah, nee, Sydney hatten wir schon so oft, können Sie nicht wen auftreiben, der ins Outback  gezogen ist?” “Na, das klingt doch super, aber wäre schon besser, wenn die Familie auch Haustiere hätte… “ Lustige Recherche-Arbeit eben. Durch den Kontinent telefonieren, Leute überreden, Kontakte auswringen, wieder telefonieren. Mach ich ganz gern mal zwischendurch. Vorher teile ich den deutschen TV-Mitarbeitern meinen Tagessatz für derlei Dienste mit. Und dann hört der Spass ganz abrupt auf. Oder fängt so richtig an, wie man’s nimmt. Bezahlen ist nämlich (siehe oben) von gestern. “… haben wir eigentlich leider nicht die Möglichkeiten, Honorare zu zahlen…” lese ich dann, oder “…teile ich Ihnen mit, dass wir Vermittlungen dieser Art in der Regel nicht vergüten…” Und zuletzt höre ich: “Wir sind auf die Mitarbeit von Kollegen angewiesen, die Spaß an der Sache haben und uns gerne unterstützen möchten.” Einen Riesenspass hatte ich. Danke, Channel X! Selten so gelacht. Sorry, aber unter uns: Wenn ich Spaß brauche, geh ich dann doch lieber surfen als für deutsche Sender honorarfrei am Telefon zu hängen (auch Telekommunikation ist übrigens in Australien noch gebührenpflichtig). 

PS: Mit welchen Spaß-Moneten, in welcher Lach-Währung bestreiten deutsche Fernsehredakteure eigentlich inzwischen ihren Alltag? In Sydney, falls das eine der Auswanderer-Serien interessiert, werden altmodische Sachen wie zB Miete – total vorsintflutlich – immer noch in Dollar gezahlt. 

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