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Osterspaziergang

In Indonesien geht niemand wirklich freiwillig zu Fuß: Selbst um am Straßenstand an der hundert Meter entfernten Kreuzung Kokosmilch zu kaufen, setzen sich die meisten Leute aufs Fahrrad oder Moped. Wenn ich mit meinem Sohn im Kinderwagen in den Park des etwa 200 Meter entfernten Sozialamtes laufe, um die dort lebende Hirschfamilie zu bestaunen, stellen wir gleich eine doppelte Attraktion dar: ich auf meinen zwei Beinen und mein Sohn in seinem vierrädrigen Untersatz.

Die indonesischen Kinder verbringen ihr Leben, bevor sie laufen lernen, vor allem im Tragetuch – danach werden sie gerne auch mal auf einem Plastikdreirad mit Haltegriff durch die Gegend geschoben. Viel Gesellschaft haben wir am späten Nachmittag im Hirschpark trotzdem: Ganze Familien kommen auf ihren Mopeds um die Ecke gefahren, während die Kleinen beim Bambi-Gucken immer mal wieder einen Löffel Brei in den Mund geschoben bekommen. Nicht sehr idyllisch, aber ziemlich nervenschonend, wenn ich an unsere endlosen Fütterungsrituale am Esstisch denke.

Wirklich exotisch haben wir wohl bei unserem gestrigen Osterspaziergang ausgesehen. Obwohl Ostern auch im überwiegend muslimischen Indonesien ein nationaler Feiertag ist, an dem der Osterhase (den Holländern sei dank) Ostereier bringt, hat es der Spaziergang als Osterbrauch noch nicht bis hierhin geschafft. Die Idee entstand nach dem Osterbrunch bei deutschen Freunden – es war ausnahmsweise weder zu heiß, noch hat es geregnet.

Dummerweise kannten wir die Gegend nicht so gut und gerieten samt Kinderwagen immer tiefer in das unbekannte Viertel, die Wege wurden immer enger und hubbeliger, einige Hunde rückten uns auf die Pelle. Freundlich staunend zeigten uns die Anwohner den Weg aus den verwinkelten Gassen. Ein Kind fragte seinen Großvater, was die „Londos“ (mit diesem Wort für Holländer bezeichnen die Javaner seit der Kolonialzeit alle Europäer) denn hier machen würden? „Vielleicht ist ihr Auto stehen geblieben“, erklärte er zahnlos lächelnd.

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