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Schnäppchenpreis

Dass Japan ein teures Land ist und die Lebenshaltungskosten insbesondere in der Hauptstadt Tokio außerirdische Dimensionen haben, ist nicht wirklich das, was man als “breaking news” bezeichnen würde. Ich will trotzdem drüber schreiben. Weil ich selber staune, wie leicht der Mensch – damit meine ich mich – sich an horrende Preise gewöhnen kann.

Als wir letztes Jahr nach Tokio zogen, waren meine ersten Einkäufe geprägt von, hm, nennen wir es ruhig Fassungslosigkeit. Der Käse kostet grob zwischen 2,50 Euro und 5,50 Euro – pro 100 Gramm. Macht für ein ordentliches Stück Parmesan mal eben 20 Euro. Einen Laib Brot, sollte er eine festere Konsistenz als Marshmallows haben, gibt es ab etwa fünf Euro. Für einen Liter Milch muss man 1,50 Euro oder mehr berappen. Über Preise für Öko-Produkte wollen wir gar nicht reden.

 

Inzwischen ist meine Einkaufswelt wieder halbwegs im Lot. Denn a) ist der Mensch (= ich) ein Gewohnheitstier, siehe oben. Es schmerzt nicht mehr ganz so, wenn die junge Japanerin an der Supermarktkasse einem mit bezaubernden Lächeln 100 Euro für ein mäßig gefülltes Einkaufskörbchen abknöpft. Und b) habe ich natürlich längst herausgefunden, wo es wann was etwas günstiger gibt.

Vor zwei Tagen habe ich mich dennoch bei der Lektüre des “Daily Yomiuri”  beinahe an meinem Frühstücksbrot verschluckt. Am Seitenende stand in einer unscheinbaren Meldung, dass für ein Paar Cantaloupe-Melonen bei einer Auktion in Sapporo sage und schreibe 1,5 Millionen Yen bezahlt wurden. Wow, mehr als 13.000 Euro für zwei Melonen! Für verderbliche Ware also, nicht für ein Gemälde oder eine tolle Kinderzimmereinrichtung oder einen Kleinwagen. Welch ein Irrsinn. Und dann stand da noch, dass der Rekordpreis von 2008 leider nicht übertroffen werden konnte: Vor zwei Jahren berappte jemand gar 2,5 Millionen Yen (22.000 Euro) für zwei sicherlich absolut perfekt aussehende Melonen.

Was war ich froh, als ich eine Stunde später in einem der Geheimtipp-Märkte Honigmelonen fand, die im Sonderangebot waren. Nur 200 Yen habe ich für eine halbe Frucht bezahlt. Das Triumphgefühl war perfekt, als meinen Kindern abends der süße Saft das Kinn runterlief, während sie nach mehr verlangten.

Preisfrage: Kann eine Melone, die das xxxxx-fache kostet, wirklich sooooo viel besser schmecken?     

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