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STORM WATCH – zwei Zentimeter Regen in Los Angeles

 

Es ist November und das bedeutet für Los Angeles Regenfälle. Eigentlich ein Ereignis, das man angesichts vertrockneter Vorgärten, sonnenverbrannter Hügel und erhöhter Brandgefahr mit Freudenstänzen begrüßen sollte. Schließlich handelt es sich bisher ausschließlich um Regen in Ausmaßen, über die meine Verwandtschaft aus Wuppertal nur milde lächeln kann – zwei Zentimeter höchstens pro Tag. Und die Schauer dauern höchstens ein paar Stunden. Danach kommt die Sonne raus und es gibt traumhafte Regenbögen. 

Doch so sicher wie Lindsay Lohan wieder vor Gericht landet, rufen die lokalen Fernsehstationen in Los Angeles beim ersten November-Regen den Ausnahmezustand aus. STORM WATCH! Moderatoren kündigen mit hysterisch geweiteten Augen umfassende Berichterstattung aus allen gefährdeten Regionen an als würde es sich um ein Kriegsgebiet handeln. Reporter haben die Wahl, sich für die Abendnachrichten entweder LIVE vor einer Riesenpfütze im Berufsverkehr von vorbeifahrenden Autos nassspritzen zu lassen oder in die Berge zu fahren, um dort LIVE schwitzend unter Pudelmütze, mit Wollhandschuhen und Superdaunenjacke von den ersten mutigen Snowboardern zu berichten. Damit die Unterlage für deren Eskapaden taugt, muss sie natürlich mit künstlichem Schnee angereichert werden. Genauso wie die Riesenpfütze in der Stadt weniger durch starke Regenfälle als durch ein komplett veraltetes Abflusssystem zu erklären ist.

Ich muss zugeben, dass auch mein Körper nach acht Jahren Kalifornien verweichlicht ist, ich bei Temperaturen unter 15 Grad dicke Socken und Plüschpullis aus dem Schrank hole und überlege, ob wir den Kamin anfeuern sollten.

In meinem ersten November 2003 in Los Angeles hatte ich mich noch im T-Shirt höhnisch über lokale Weicheier lustig gemacht. Schließlich habe ich fünfzehn Berliner Winter überlebt!

Die STORM WATCH-Hysterie über anhaltende Regenschauer und den ersten Bergschnee zieht mir aber immernoch alle Jahre wieder die Plüsch-Pantoffeln aus. 

 

 

 

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