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Turista per sempre – das wärs: Ich bin verrückt nach römischen Rubbellosen

Ich bin der festen Überzeugung, dass man beim italienischen Lotto keinen vaso gewinnen kann, weshalb ich mich nie dazu verleiten lasse, in Italien irgendwo irgendwelche Kreuzchen auf irgendwelche Scheine zu machen. Da kann mein Arbeitskollege Michele (“Ach komm schon!”) noch so drängeln. 6 aus 49 wie in Deutschland ist ja schon unmöglich. Aber 6 aus 90 wie beim “Superenalotto”? Nein. Ich bin ja nicht stupido. 

 

Allerdings habe ich doch eine Schwäche für eine ähnlich doofe Form des Geld-aus-der-finestra-Werfens, für die “Gratta e Vinci”, “Kratze und Gewinne” genannten Rubbellose, die es in jedem Tabacchi gibt und die 5 bis sogar 20 Euro kosten. Manchmal hole ich mir da eins und wundere mich über mich selbst: Früher gönnte ich mir selbst bei wohltätigen Tombolas von Behindertenwerkstätten höchstens ein Los für einen Euro, aber ich bin in Italien sehr viel investitionsfreudiger geworden in dieser Hinsicht. Auch wenn ich ahne, dass der Finanzminister hier irgendwelche Haushaltslöcher, aber nicht die im Straßenbelag der Via Aurelia stopft.

 

 

Das Rubbeln fühlt sich nicht so irrwitzig an, wie das 6 aus 90, aber doch auch hier glaube ich langsam,  dass ich chancenlos bin: Wahrscheinlicher als ein Gewinn ist es, dass

 

es morgens um sieben an der Tür klingelt und ein Bote mir schönes deutsches Schwarzbrot und Johannisbeergelee fürs Frühstück bringt. Und doch: Mein Lieblingsrubbellos heißt dabei “Turista per sempre!”, “Tourist für immer”. Gerade habe ich mir wieder eins geholt, jetzt stehe ich in meiner Kaffeebar und rubble unter den neugierigen Augen meines Kaffeemanns und Freundes Dino: Wenn ich jetzt zwei mal ein Kästchen freirubble, auf dem “Turista per sempre!” steht, dann bekomme ich 200.000 Euro sofort, 6.000 für 20 Jahre, und am Ende nochmal 100.000. Fünf von 15 Feldern habe ich schon aufgerubbelt, einmal steht schon “Turista per sempre!” da.  Schon sage ich  Dino: “Bereite schonmal die Lokalrunde vor” – doch, völlig klar: Es kommt kein”Turista per sempre”- Feld mehr. Dino kommentiert: “Niente”. 

Also Strategiewechel: Ich hole noch weitere Rubbellose, vielleicht bin ich doch eher der Typ, der eine Million auf einen Schlag gewinnt. Sogar zu dem 10 Euro-Los “Mega Milliardario” habe ich mich vom Verkäufer überreden lassen. “Milliardario”, dass ich nicht lache! Gewinnen kann man nur eine Million´! Der Name soll den Italienern auf die Sprünge helfen: “Mensch stell Dir vor! Das waren mal eine Milliarde Lire.” 

Schnell stand ich wieder bei Dino an der Theke und rubbelte die silberne Fläche weg, Feld für Feld, damit sich die 10 Euro gelohnt haben. Meine “Glücksnummern”: 25, 24, 31, 20,45, 34. Nun muss ich hoffen, dass eine der 15 Zahlen unten mit diesen übereinstimmt. “40 -nö”, “13-nö”, 18-nö”. Und so weiter. Lass mich mal, sagt Dino, nimmt eins meiner weiteren Lose, es heißt “Schiff voller Geld” und beginnt, hastig zu kratzen. Ratz-Fatz ist alles weg, er reicht mir das Los rüber und sagt: “Niente”. 

 

 

Enttäuscht beginne ich, das letzte freizurubbeln, halte dann aber inne und sage zu Dino: “Den Rest mach ich nach und nach und Feld für Feld, da kann ich das Gefühl haben, ich könnte noch gewinnen.” Entgeistert schaut mich Dino an, nimmt mir plötzlich den Schein aus der Hand, rubbelt die restlichen Felder auf, reicht mir den Schein wieder rüber und sagt: “Niente”.  

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