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Warten auf Wirbelsturm Sandy

An diesem Sonntag vormittag ist es in New York ganz schön windig – Laub wirbelt durch die Luft, und auf der Straße haben viele eine Kapuze über den Kopf gezogen. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was uns offenbar bevor steht: Im Laufe der kommenden Nacht, spätestens am Montag wird Hurrikan Sandy an der Ostküste eintreffen.  Mit bis zu 120 Stundenkilometern und heftigem Regen. „Ein solcher Sturm ist noch nie da gewesen“, warnte Rick Knabb, vom National Hurricane Center. Das Besondere ist vor allem die Ausdehnung von Sandy – der Sturm ist so groß, dass er die Küste von North Carolina bis hoch nach Maine schädigen und, wenn er wie vorhergesagt nach Westen zieht, den gesamten Bundesstaat Pennsylvania erfassen wird. Der Meeresspiegel an der Küste soll um bis zu zweieinhalb Meter ansteigen, da zufällig auch noch gerade Vollmond ist mit ohnehin höherem Wasserstand. Andrew Cuomo, Gouverneur des Staates New York, hat den Notstand ausgerufen.

„Heute ist der Tag, um sich vorzubereiten, morgen ist es zu spät“, warnt das Wetterfernsehen. Aber eigentlich ist es heute schon zu spät. Als ich gerade noch ein paar Wassercontainer im Supermarkt kaufen wollte, waren die Regale schon ziemlich leer.

Hätte ich nur auf die Drogeriekette CVS gehört. Die schickte schon am Samstag eine Mail mit der Überschrift „Christine, be hurrican-prepared“! Genau 20 Sachen waren aufgeführt, die man für den Fall der Fälle unbedingt im  Haus haben müsse, darunter Pflaster, Windeln, Kerzen und Taschenlampen. Zufälligerweise alles Dinge, die CVS im Sortiment hat.

Auch ein „handbetriebener Dosenöffner“ gehört laut Drogerie zur Notfallausstattung. Tatsächlich besteht für die Menschen außerhalb der küstennahen Gebiete das größte Risiko des Wirbelsturms darin, dass der Strom ausfällt. Und damit möglicherweise auch Gas- und Wasserwerke den Betrieb einstellen. Es ist fast unheimlich, mit welcher Geschwindigkeit einschlägige Unternehmen reagieren. Auf der Website weather.com waren gestern große Banner des Batterieherstellers Duracell geschaltet, und im Fernsehen gibt es Werbung für den dezentralen Stromgenerator „Generac“: „Never feel powerless“.

Gerade trat Gouverneur Cuomo, im Fernsehen auf und stahl damit dem New Yorker Bürgermeister Bloomberg die Show – die beiden Männer befinden sich in einer Dauerkonkurrenz, die offenbar auch in Notzeiten keine gemeinsame Pressekonferenz zulässt. Jedenfalls wissen wir jetzt, dass U-Bahnen ab 19 Uhr und Busse ab 21 Uhr nicht mehr fahren. Ob morgen die Schulen geschlossen bleiben, wird später entschieden.

Wir stellen uns jedenfalls auf einen gemütlichen Montag ein, an dem wir  uns von Vollkornbrot und Thunfisch ernähren und die Körperreinigung mit kaltem Wasser aus der Waschschüssel vornehmen. Notfalls bei Kerzenlicht. Arbeiten können wir spätestens dann nicht mehr, wenn die Akkus leer sind. Stromausfall hat auch seine guten Seiten.

Foto: Christine Mattauch

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