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Zeitschriften zum Schleuderpreis

Was mir an den Polen schon immer gefallen hat, ist deren Sinn fürs Improvisieren und fürs Geschäft. Sobald es ein paar Stunden regnet, verkaufen Strassenhändler direkt vor den grossen internationalen Einkaufstempeln am der Warschauer Marszalkowska-Strasse auf ihren Klapptischen Regenschirme und Ponchos aus Plastik. Beginnt es zu schneien, werden die Schirme von bunten Handschuhen, Mützen und Schals verdrängt. Schnürsenkel und Bettbezüge sind immer angesagt.

 

Private und staatliche Sicherheitsorgane versuchen diesem grassroot- kapitalistischen Treiben seit über zehn Jahren Herr zu werden und die fliegenden Händler zumindest aus der Innenstadt zu vertreiben. Doch gelungen ist dies bisher höchstens für ein paar Wochen. Der Anblick improvisierter Verkaufstische zieme sich einer europäischen Hauptstadt nicht, wird immer wieder von Neuem argumentiert. Doch das Volk kauft weiter Schirme und Schnürsenkel auf der Strasse.

 

Für Korrespondenten und andere Leseratten besonders interessant sind dabei die Bahnhöfe. Unverkaufte Wochenmagazine und Fachzeitschriften landen in Polen nämlich nicht im Altpapier sondern bei den Strassenhändlern. Diese verkaufen dann die letzt-, vorletzt- und vorvorletzwöchigen Politmagazine Wprost, Newsweek Polska oder Polityka für rund einen Drittel des Preises. Gleiches gilt für polnische Monatszeit- und Quartalszeitschriften. Wer also wie ich wegen der kleinen EU-Normbriefkästen der Polnischen Post (www.poczta-polska.pl) kein Jahresabo hat, spart bei jeder Rückkehr aus dem nicht-polnischen Berichtsgebiet gleich dreimal. Es sei denn er erwerbe den letztwöchigen SPIEGEL – der kostet höchstens noch einen Fünftel.  

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