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Haschischbuden? Nein Danke!

Bildschirmfoto 2016-09-02 um 14.01.09Der 2. September könnte ein denkwürdiger Tag werden in der Geschichte der Kopenhagener Freistadt Christiania. Denn heute wird abgerissen, was womöglich größter Touristenmagnet und größtes Problem Christianias zugleich ist: die Haschischbuden der Pusher-Street.

In den selbstgezimmerten Holzhäuschen wurde der Verkauf der weichen Droge seit langem toleriert, doch nachdem vor wenigen Tagen Polizisten angeschossen worden waren und ein Dealer auch (er erlag mittlerweile seinen Verletzungen), haben die Bewohner genug. Schließlich war Peace stets eine ihrer wichtigsten Losungen und da passt es absolut nicht ins Bild, dass ein Dealer um sich geschossen hat.

Sollte der heutige Tag der Beginn des Drogen-Banns sein, dann würde tatsächlich Geschichte geschrieben. Wer mehr über die Historie der Freistadt erfahren möchte, dem sei mein Kapitel im Buch Utopien empfohlen. Es trägt den Titel “Alle Macht allen: Die Geschichte von Hasch, Freiheit, Geld und Immobilien” und beginnt so:

“Es ist purer Zufall, doch passender könnte die Begrüßung nicht sein: Beim Betreten von Christiania kommt mir ein Mann schlendernd entgegen, die Zigarette in seiner Hand verströmt jenen süßlichen, an schmorende Kiefernnadeln erinnernden Geruch, der nur von verbrennendem Haschisch stammen kann.

»Alles ist erlaubt in Christiania«, sagt eine der deutschen Touristinnen, die ein paar Schritte vor mir gehen und dem Mann ebenfalls begegnen. »Alles«, wiederholt eine ihrer Begleiterinnen und es klingt bei beiden überhaupt nicht entrüstet, sondern eher so, wie sie wohl im Italienurlaub die dortigen Fahrsitten kommentieren würden: mit Freude in der Stimme sowohl darüber, dass es im Urlaubsland anders, entspannter, zugeht, und gleichzeitig auch darüber, dass es daheim doch geordneter ist.

Die Freistadt Christiania ist für Kopenhagen so etwas wie die Freiheitsstatue für die USA – eine der größten Touristenattraktionen, die zugleich für ein Lebensgefühl steht. Dänemark galt Jahrzehnte als Europas Hochburg der Linken und Liberalen, die auch dem Sinnlichen nicht abgeneigt waren. Hier wurde zuerst – ausgerechnet 1969 – pornografisches Bildmaterial legalisiert und die rote Sonne aus dem »Atomkraft? Nein Danke«-Logo erfunden. Hier wurden, schon lange bevor in Deutschland etwas Ähnliches passierte, Schritte in Arbeitsmarktpolitik und Kinderbetreuung ergriffen, die es Frauen ermöglichen sollten, Karriere und Kinder zu vereinbaren.”

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Conchita ist es Wurst

Wieder einmal findet der European Song Contest in Nordeuropa statt und wie letztes Jahr kümmere ich mich ein paar Tage nur am Rande um Wirtschaft und Hochkultur, sondern widme mich vor allem Europas größter Fernsehshow und allem, was drumherum so passiert. Besonders telegen ist die Österreichische Teilnehmerin Conchita Wurst. Groß, Wespentaille und Riesenwimpern – da spielt jemand mit dem Klischee des (Barbie-)Püppchens.

Wurst ist die weibliche Rolle von Tom Neuwirth und nicht nur in Kopenhagen, um zu singen, sondern auch, um für Toleranz zu werben – eigentlich seit langem ESC-Tradition. Einigen Osteuropäern missfällt das und womöglich auch einigen Westeuropäern. Es kam zu Boykottaufrufen, weil die sexuelle Orientierung als nicht telegen angesehen wurde.

Conchita Wurst lässt sich davon nicht allzu sehr berühren. Morgen tritt sie im zweiten Halbfinale auf. Ich habe Conchita Wurst schon einmal in Kopenhagen getroffen und für The Wall Street Journal interviewt. Den Text und sogar ein Video gibt es hier. In dem Film erklärt sie übrigens, was es mit ihrem Namen auf sich hat und was ihr Wurst ist.

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