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Flieg, Asche, flieg…

Australien hat reichlich Potential für Dramen: Fluten, Brände, Dürren – immer, oft und gern. Vulkane gehörten bislang nicht dazu. Feuerspeiende Hügel gibt’s hier unten einfach nicht. Dass sie trotzdem gerade Medien-Thema Nr. Eins sind, verdanken wir Chiles Puyehue-Cordón Caulle. Richtig: Asche kann offenbar weiter als nur von Reikjavik bis Recklinghausen reisen. Sie fliegt bei Rückenwind erstaunliche 11061,49 Kilometer von Chile bis nach Adelaide. Das nenn ich mal Globalisierung im ganz großen Stil. Aber dies nur am Rande, denn natürlich geht es hier um Wichtigeres. Um Höhere Gewalt und menschliche Schicksale! 

Denn abgesehen von den Reisenden, deren Beweglichkeit durch die wg Asche stornierten Flüge eingeschränkt ist, tun mir dieser Tage vor allem meine Kollegen vom TV leid (stimmt nicht, sie gehn mir kolossal auf die Nerven): Seit Queen’s Birthday hocken sie nun in Flughäfen und führen tagein tagaus die mit Abstand uninteressantesten Interviews der Welt: Sie sprechen mit Menschen, die in Melbourne “gestrandet” sind (es gibt in Melbourne keinen Strand!), mit Passagieren, die in Adelaide “festsitzen” (ps: auch Adelaide hat Bus und Bahn), oder, Schreck-schwere-Not! solchen, die gar Hobart nicht erreichen / verlassen können.

 

Da stehen sie nun, die Kollegen von Kanal 2 bis 10 und halten im Halbstundentakt Leuten mit Koffern ihre Mikros und Kameras ins Gesicht. Und diese sagen dann mit 150prozentiger Sicherheit – richtig: so rein überhaupt und gar nichts Wissenswertes. Bzw: “Tja, nach xz wollte ich heute nun, und guess what? das wird wohl nix.” Manche ergänzen noch persönliche Details zb welche Festivitäten/Anschlussflüge/Konferenzen/ sie nicht erreichen.

Gestern machte derlei öffentlich rechtlich über 8 Minuten der 15-minütigen Hauptnachrichten aus! Wirklich nicht Schuld der “Gestrandeten”, dass sie uns so endlos langweilen. Aber was um Himmels willen sollen diese armen Figuren nun auch Ergreifendes sagen? Welche Originalitäten erwarten die Kollegen Reporter und TV-Stationen eigentlich?

Befreiung von der Qual, fürchte ich, kann wieder mal nur von Ganz Oben kommen. Also: Bitte liebe Asche – Senke dich, falle nieder oder flieg zurück. Wir möchten wieder Nachrichten mit Inhalt! 

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