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Warten ist Geld

Ich warte. Seit vier Wochen. Auf meinen Pass. Auf meine Aufenthaltserlaubnis. Auf meine Arbeitserlaubnis. Auf meine polizeiliche Meldekarte. Und noch ungefähr sieben bis zehn andere Papiere.

Das mache ich jedes Jahr im August – dann steht nämlich immer meine jährliche Visumsverlängerung an. In dieser Zeit kann ich weder verreisen noch spontane Aufträge annehmen, die sich nicht vom Schreibtisch aus erledigen lassen. Indonesien gilt als eines der korruptesten Länder der Welt, bei Transparency International landet es regelmäßig auf einem der letzten zehn Plätze. Bei meinem ersten Antrag auf ein Journalistenvisum, vor vier Jahren, habe ich es noch selbst versucht.

Dazu muss man wissen, dass ausländische Journalisten auf der inländischen Misstrauensskala nicht weit hinter Terroristen rangieren. Drei Behörden habe ich ausgesessen ohne „Taschengeld“ zu verteilen. Nach drei Monaten und einem Nervenzusammenbruch habe ich damals aufgegeben. Ich habe einen Agenten bezahlt, der die Beamten – und ein paar Tage später hatte ich meine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung.

Dieser Agent war sehr teuer. Und er hat er hat mir für mein echtes Geld ein falsches Papier untergeschoben. Um das falsche in ein echtes Papier zu verwandeln, musste ich wiederum einen Beamten „einen Gefallen tun“. Nun bezahle ich eine neue Agentin, die billiger ist und ehrlicher. Daher dauert zwar alles länger, aber ich bekomme eine Quittung für jedes Stückchen Papier. Sollte ich bis Anfang September tatsächlich meinen Pass mit allen nötigen Stempeln in der Hand halten, könnte ich sogar doch noch jenen Auftrag annehmen, für den ich nach Malaysia reisen muss. Allerdings muss ich dann wieder teuer dafür bezahlen, dass ich ausreisen darf – um genau zu sein: hundert US-Dollar – wie jeder glückliche Besitzer einer temporären Aufenthaltsgenehmigung in Indonesien.

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