Christina Schott

Südostasien: Koloniale Kontinuitäten

2024-10-14

Diese Ausgabe der südostasien nimmt in den Blick, wie Kolonialismus sich bis heute auswirkt und unsere Diskurse bestimmt. Eine neue, gemeinsame Sichtweise lässt sich nur entwickeln, indem wir die Perspektiven aller miteinbeziehen.

Das moderne Leben in Europa und anderen westlichen Staaten wäre undenkbar ohne die kolonialen Macht- und Ausbeutungsverhältnisse vergangener Jahrhunderte. Sie waren – und sind – eine wichtige Voraussetzung von Kapitalismus, Globalisierung und unserem heutigen Wohlstand. Aus dieser Entwicklung resultieren jedoch geopolitische Konflikte und der Klimawandel als Folgen der Ausbeutung von natürlichen Ressourcen, ebenso wie Rassismus und soziale Ungleichheit.

Die Staaten des Globalen Südens fordern zunehmend Entscheidungen auf Augenhöhe, was sich in neuen Staatenbündnissen und Machtverschiebungen auf globaler Ebene zeigt. Zudem erwarten sie eine Wiedergutmachung für Menschenrechtsverbrechen und gesellschaftliche Traumata, die die früheren Besatzer*innen zum großen Teil bis heute nicht anerkannt haben. Um das bis heute anhaltende Ungleichgewicht zwischen ehemaligen Kolonialmächten und den von ihnen unterdrückten Regionen zu überwinden, muss jedoch in westlich geprägten Ländern das Verständnis dafür wachsen, wie sich der europäische Kolonialismus bis heute auf die betroffenen Länder und ihre Einwohner*innen auswirkt.

In dieser Ausgabe der südostasien wollen wir vor allem Prozesse aufzeigen, die dazu beitragen, koloniale Kontinuitäten aufzubrechen. Natürlich können wir keine endgültigen Lösungen für eine Vielzahl an komplexen Problemen präsentieren. Vielmehr ist dies ein Versuch, durch gedankliche und lebenspraktische Beispiele mehr Verständnis dafür zu schaffen, wie das Handeln europäischer Kolonialmächte die Lebensrealität von Menschen in Südostasien bis heute beeinflusst – und warum wir lernen sollten, die Perspektiven der Betroffenen als gleichberechtigt anzuerkennen.

Redaktion: Monika Schlicher, Christina Schott et al.