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Kiwi-Vogel oder Farnkraut?

Um Kim Dotcom ist es verdächtig ruhig geworden. Sollte er nicht bereits sein Auslieferungsverfahren in die USA hinter sich haben? Ist er vor seinen Feinden aus Hollywood im U-Boot abgetaucht? Egal. Mein kleines Aotearoa hat längst ein neues Reizthema, das mindestens so bunt und kontrovers wie der dicke Internet-Krösus ist: die neuseeländische Flagge.

Die Emotionen kochen hoch, denn die Flagge soll per Volksabstimmung geändert werden. Bisher ist sie kaum von der australischen zu unterscheiden, außer dass ihr neben und unter dem Union Jack zwei Sterne fehlen. Was ja schon wieder traurig symbolisch ist: wie der große Bruder, aber mit weniger, ansonsten englisch. Kein Wunder, dass man uns noch immer für eine Insel Australiens hält oder eine Kolonie Großbritanniens. Jetzt werden wir endlich unsere eigene Identität im wehenden Rechteck erschaffen. Nur – wie soll die aussehen?

Schon 1983 entwarf Künstler und Visionär Friedensreich Hundertwasser ein alternatives Nationalsymbol für seine Wahlheimat: eine grüne Farnwedelspirale – von den Maori „koru“ genannt – auf weißem Grund. Sie flattert seitdem auf Protestmärschen und vor Öko-Kommunen. Vor acht Jahren machte unsere frühere Premierministerin Helen Clark einen simplen Vorschlag: einfach den britischen Union Jack entfernen und nur noch die vier rotweißen Sterne des Kreuz des Südens auf blauem Grund zeigen.

Das hätte uns viel Geld gespart – 26 Millionen Neuseeland-Dollar kostet das Prozedere, das sich noch bis 2016 hinzieht – und uns vor einigen Peinlichkeiten bewahrt. Denn 10.000 Bürger reichten jetzt ihre selbstentworfenen Vorschläge ein. Darunter ein Vogel, aus dessen Augen ein grüner Laserstrahl Richtung Erde zoomt, ein Schaf mit einer Eis-Waffel (garantiert die Sorte „Hokey Pokey“) und ein wackelig gezeichnetes Fahrrad. Was dazu führte, dass sich der englische Komiker John Oliver mal wieder im Fernsehen über uns scheckig lachte. Mit Neuseeland – laut Oliver „Australiens Australien“ – ist immer gut zu spaßen.

40 Vorschläge kamen in die engere Wahl. Im 12-köpfigen Auswahl-Komitee sitzen keine Designer, aber eine Produzentin von Reality-Shows, eine frühere Diskus-Werferin und der Ex-Bürgermeister von Dunedin. Deren Auswahl stieß öffentlich auf wenig Begeisterung. Weiß auf schwarz wecke zwar Assoziationen mit der Rugby-Mannschaft All Blacks, aber auch mit der IS-Flagge. Auf 11 Motiven dominiert ein stilisierter Farnzweig. In Kanada hat das Ahornblatt als branding bestens funktioniert,  aber in unserem Fall könnte die Pflanze für eine Feder gehalten werden. Und ist leicht zu verwechseln mit dem Logo der weiblichen Netzball-Mannschaft Silver Ferns. Daumen runter.

Die größte Empörung entzündete sich landesweit um das, was fehlt: der Kiwi-Vogel. Kein einziges Mal taucht das flugunfähige, nachtaktive Viech in der engeren Wahl auf. Dabei ist es das Nationalsymbol schlechthin, unser Wappen- und Münzentier, nachdem sich sogar die Menschen im Lande benennen. Eine Schande. Kim Dotcom, mach was!flag 3

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