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Wenn Angela Merkel Außenpolitik macht, ist das für Berliner Journalisten die beste Gelegenheit, Einblick in das Innenleben der Großen Koalition zu erhalten. Die Mitreise-Möglichkeiten bei ihren Reisen sind bei Reportern begehrt, weil die Kanzlerin im Verlauf des Hin- und Rückfluges zu improvisierten Gesprächsrunden in der Regierungsmaschine lädt. Auf ihrer jüngsten China-Reise etwa konnte man erfahren, wie sie mit Steinbrück zusammen das Finanzsystem zu retten versucht und was sie von der Arbeit ihrer Minister hält. Zitieren darf man das zwar nicht, aber die politischen Einblicke sind meist sehr erhellend.
Was für andere Minister als lästige Pflicht erscheint, macht der Kanzlerin offenkundig auch noch Spaß. Sie schätzt nicht nur den intellektuellen Disput, sondern auch die politische Deutungshoheit. Entsprechend viel Zeit nimmt sie sich für diese "briefings", trotz des wie immer dichten Terminplans vor, während und nach ihren Reisen. Diesmal 3-einhalb Tage Peking, davon nur 2 Nächte in einem richtigen Bett, vor dem Abflug noch der Bildungsgipfel in Dresden, dazwischen schnell nach Hause in die Berliner Wohnung Am Kupfergraben, um ihren Koffer selbst zu packen. Sie dürfte die einzige unter den angereisten ASEM-Regierungschefs sein, die das selbst erledigt hat.
Von Erschöpfung dennoch keine Spur. Am Ende einer solchen Journalistenrunde, es geht gegen Mitternacht, die Pekinger Zeitverschiebung steht in allen müden Gesichtern geschrieben, nur die Kanzlerin ist noch topfit. Noch einen "Absacker" trinken? Da kann selbst der Regierungssprecher nur noch seufzen. Von "übermenschlicher Fitness" murmelt er und folgt dem Ruf der Chefin. Übermenschlich wohl nicht, aber deutlich mehr als ihre Berater.