Zenzeleni Community Networks ist der erste Internetanbieter in Südafrika, der einer Kooperative gehört. Es baut und verwaltet sein eigenes Netzwerk. Die Bürger*innen haben einen preiswerten Zugang zum Internet und nutzen ihn für die Entwicklung ihrer Gemeinde.
Frühmorgens, wenn Nontsokolo Sigcau aufwacht, wirft sie zuerst einen Blick auf ihr Smartphone. Die Großmutter schaut nach, ob die Internet-Verbindung funktioniert. „Das ist eine meiner Pflichten”, sagt sie. Denn auf ihrem Grundstück ist der zentrale Hotspot ihres Dorfs installiert. „Wenn ich keinen Zugang habe, dann sind meine Nachbarn auch offline”, erklärt Sigcau. Und das seien sie lang genug gewesen.
Mankosi liegt in einer abgelegenen Region
Sie tritt aus der Tür: Ihr Haus liegt auf einem der vielen Hügel von Mankosi, einer Gemeinde aus insgesamt 12 Dörfern an Südafrikas Wild Coast. Etwa 5000 Menschen leben hier, Sigcaus Nachbarn wohnen weit verstreut in traditionellen, grasgedeckten Rundhäusern, teils ergänzt durch modernere rechteckige Häuser mit Blechdächern. In der weiten Graslandschaft weiden Kühe, Bauern bewirtschaften kleine Felder. Bis zur nächsten Teerstraße ist es weit, unbefestigte Straßen und Fußpfade führen durch die Gemeinde.
Die Gegend gehört zu den ärmsten in Südafrika. Während der Apartheid war sie Teil des Homelands Transkei, aber auch nach der demokratischen Wende 1994 ließ die erhoffte Entwicklung auf sich warten. Erst vor ein paar Jahren wurden die Häuser an das Stromnetz angeschlossen, Wasser gibt es bis heute nur aus kommunalen Hähnen, die sich mehrere Haushalte teilen. Auch um ein Mobilfunksignal zu empfangen, musste man früher weit laufen, sagt Sigcau. „Das waren dunkle Zeiten. Wir waren von der Welt abgeschnitten”.
Zenzeleni bedeutet: Mach es selbst
Aber das alles ist nun Geschichte. „Wir haben uns selbst geholfen”, sagt Sigcau und strahlt dabei über das ganze Gesicht. Gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern hat sie Zenzeleni Community Networks gegründet, den ersten Internetanbieter Südafrikas, der einer Kooperative gehört und nicht, wie üblich, einem der großen Telekommunikationskonzerne. Zenzeleni bedeutet in der Sprache isiXhosa so viel wie „mach es selbst”.
Vom Internet habe sie zu Beginn keinen Schimmer gehabt, erzählt Sigcau. Es sei eine „wunderbare Erfindung”. Schließlich könne man heute fast alles online erledigen.
Sigcau brennt darauf, zu erklären, wie ihr System funktioniert. Auf dem Dach des kleinen Ladens, der zu ihrem Grundstück gehört, ist ein Solarpanel installiert, das den Hotspot mit Strom versorgt. Sigcau deutet auf eine runde Antenne an der Hauswand: „Sie empfängt das Signal von unserem Turm, leitete es an meinen Hotspot weiter und der teilt es dann mit meinen Nachbarn.” Das drahtlose Mesh-Netzwerk ihrer Kooperative besteht aus mehreren miteinander verbundenen sogenannten Knoten, die das Signal in der weitläufigen Ortschaft übertragen.
Um die Instandhaltung des Netzwerks kümmern sich die Dorfbewohner
Sigcau betritt den kleinen Laden und geht an Säcken mit Maismehl und Plastikcontainern mit Speiseöl vorbei in einen Lagerraum. In einer Holzkiste sind das Modem und die Batterien untergebracht, als Backup für Stromausfälle, die in Südafrika nahezu an der Tagesordnung sind. „Hier kann es manchmal einen Wackelkontakt geben, oder eine neue Batterie muss her”, sagt Sigcau. Wenn sie die Verbindung nicht wiederherstellen kann, ruft sie einen der drei Techniker ihres Netzwerks an.
Sinethemba Lukozi ist einer von ihnen. Der 33-Jährige ist an diesem Tag zur Inspektion ins rund 40 Kilometer entfernte Nomadola, zu einem der beiden Mobilfunkmasten des Netzwerks gefahren. Mit einem Seil gesichert, einen Helm auf dem Kopf, klettert er nach oben und prüft die Kabelverbindungen. Das Signal wird vom Universitätscampus in der nächstgrößeren Stadt Mthatha übertragen, dort ist das Netzwerk seit 2017 an das Glasfasernetz angeschlossen. Der Mast steht auf halber Strecke nach Mankosi hoch oben auf einem Hügel. „Die Sichtverbindung ist für diese Art Netzwerk zentral”, erklärt Lukozi.
Früher hat er im Lager eines Supermarkts in Mthatha gearbeitet. Dass er nun in seinem eigenen Dorf arbeiten und zu dessen Entwicklung beitragen kann, erfüllt ihn mit Stolz. „Unsere Eltern hatten keine Bildungschancen und auch wir kaum. Unsere Kinder sollen sich in der digitalen Welt zurechtfinden. In der Stadt habe ich erfahren, wie wichtig das heutzutage ist”.
Das Netzwerk bietet Fortbildungen und Perspektiven
Zenzeleni Community Networks hat seine technische Grundausbildung bezahlt und schickt ihn auch regelmäßig zu Fortbildungen. Das ist Teil des Modells: Die achtköpfige Kooperative, der Sigcau angehört, kümmert sich um Verwaltung, Betrieb und Instandhaltung des Netzwerks. Parallel dazu wurde eine Non-Profit-Organisation gegründet, die für Aus- und Weiterbildung zuständig ist, Fördergelder eintreibt und als Interessensvertretung fungiert.
Gerade erst sei er von einem sechswöchigen Kurs in Kapstadt zurückgekehrt, erzählt Lukozi. So etwas hätte er früher nicht einmal zu träumen gewagt. „Ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu, beispielsweise auch über Buchführung. Das hat mir neue Zukunftsperspektiven eröffnet”.
Begonnen hat alles vor zehn Jahren mit einer Begegnung von zwei jungen Männern: dem lokalen Aktivisten Masibulele Jay Siya und dem spanischen Studenten Carlos Rey Moreno. Der studierte damals Informations- und Kommunikationstechnologien für Entwicklung, kurz ICT4D, an der University of the Western Cape und kam für eine Fallstudie nach Mankosi. „Ich habe Carlos gesagt, dass wir daran interessiert sind, aber nur wenn die lokale Bevölkerung auch etwas davon hat”, erinnert sich Siya, der damals für eine lokale Entwicklungsorganisation arbeitete.
Das Netzwerk sollte vor allem preiswert sein
So entstand die Idee für den Aufbau eines eigenen Netzwerks, das zuverlässig und preiswert sein sollte. Damals habe man nur auf bestimmten Hügeln Mobilfunksignale empfangen und auch diese Verbindung sei nicht stabil gewesen, erzählt Siya. Zudem sind Telekommunikationskosten und Datenpreise in Südafrika so teuer wie in kaum einem anderen afrikanischen Land. „Die Kosten waren unerschwinglich für die Dorfbewohner”, sagt Siya. Sie betrugen damals über ein Fünftel ihres Einkommens. Bis heute leben die meisten Einwohner von sozialen Beihilfen, wie Renten oder Kindergeld. Die wenigen vorhandenen Mobiltelefone wurden von allen genutzt: „Wer einen Anruf erwartet hat oder selbst anrufen wollte, musste mit den Besitzern vorher einen Termin ausmachen”, sagt Siya.
Die ältere Generation war schneller überzeugt als die jüngere
Trotzdem waren längst nicht alle Einwohner von Beginn an von der Idee eines Community-Netzwerks, ohne die Beteiligung eines der großen Telekommunikationskonzerne, überzeugt. „So etwas gab es damals einfach noch nicht und die meisten glaubten auch nicht, dass es möglich sei”, sagt Siya. Überraschenderweise war es die ältere Generation, die ihn bei seinem Vorhaben unterstützte. „Sie sagten mit ganz deutlich, dass sie zwar nichts von der Technologie verstehen, mir aber vertrauen und es probieren wollen, damit ihre Kinder und Enkel es einmal einfacher haben.”
Die Gründung dieses Community Netzwerks sei „historisch” gewesen, betont Shaun Pather, ICT4D-Professor an der University of the Western Cape und Vorsitzender von Zenzelenis Non-Profit-Organisation. Die südafrikanische Regierung habe zwar bereits 2007 einen Plan verabschiedet, mit dem der Mehrheit der Bürger ein „Eintritt ins Informationszeitalter” ermöglicht werden sollte. Aber es hapert wie so oft an der Umsetzung. Der letzten Erhebung der Statistikbehörde zufolge hat in rund 63 Prozent der Haushalte zumindest eine Person Zugang zum Internet. Diese Zahl umfasst auch jene, die öffentliche Hotspots nutzen. Einen Anschluss zuhause hat nur eine Minderheit, mehr als die Hälfte gehen über ihr Mobiltelefon online.
Die digitale Kluft bleibt weiter tief
Weltweit leiden Schätzungen zufolge 2,9 Milliarden Menschen, ein Drittel der Weltbevölkerung, unter der sogenannten digitalen Spaltung, obwohl 95 Prozent in der Reichweite eines mobilen Netzwerks leben. Zu einem universellen Zugang gehöre unter anderem auch, dass er erschwinglich sei, betont Pather. „Ich schätze, dass vor diesem Hintergrund etwa 60 Prozent der Haushalte in Südafrika keinen Zugang haben. Denn auch wenn er prinzipiell möglich ist, bleibt er bedeutungslos, wenn man ihn sich nur für eine kurze Zeit im Monat leisten kann”. Die hohen Kosten in Südafrika erklärt er unter anderem mit Preisabsprachen unter den großen Telekommunikationskonzernen: „Sie machen Profite in urbanen Zentren, mit Kunden, die es sich leisten können. Es gibt für sie keinen Anreiz, sich auch um ärmere Gegenden wie Mankosi zu kümmern”.
Zenzeleni Community Networks war 2014 die erste Kooperative, die von der Regulierungsbehörde, Independent Communications Authority of South Africa (ICASA), eine Ausnahmegenehmigung erhielt. Die wenigen lokalen Unternehmen, darunter ein Backpackers-Hostel, haben Abos abgeschlossen, die Einwohner kaufen Voucher, die einen Monat gültig sind. 25 Rand (ca. 1,40€) kostet die Flat-Rate, dafür bekommt man bei den großen Anbietern nicht einmal 240MB. Ein weiterer Vorteil: Das Geld geht nicht an Konzerne, sondern bleibt in den Dörfern. Etwa 350 Voucher verkaufen die Mitglieder der Kooperative in Mankosi jeden Monat, in Ferienzeiten, wenn viele junge Leute im Dorf sind, verdoppelt sich diese Zahl nahezu. Für je 20 Voucher erhalten die Verkäufer 150 Rand (ca. 8,40€), der Rest wird in die Instandhaltung und die Wartung des Netzwerks investiert.
Nachdem ein erschwinglicher Zugang zum Internet vorhanden ist, geht es darum, es auch für die Entwicklung der Gemeinde zu nutzen. Die University of the Western Cape begleitet das Projekt wissenschaftlich. Gerade sei eine Studie zu den Auswirkungen des Netzwerks abgeschlossen worden, erzählt Shaun Pather. Die Datenauswertung sei noch nicht abgeschlossen, aber eines stehe fest: „Das Netzwerk kommt der Community zugute, etwa für die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse, der Suche nach Arbeitsplätzen und der Kommunikation mit Regierungsbehörden”.
Ein großer Schritt nach vorn sei die Einrichtung eines gemeinschaftlich genutzten solarbetriebenen Computerlabors, das vor rund einem Jahr mit Hilfe von Sponsorengeldern eingerichtet wurde. In der wissenschaftlichen Literatur sei gut belegt, dass ein solch kommunaler Ort den sozialen Zusammenhalt stärke, betont Pather. Es gebe keine andere „Dorfgemeinschaft mit dieser Demografik in Südafrika”, die einen erschwinglichen Zugang zum Breitband-Internet und nun auch ein solarbetriebenes Computer-Labor für die Ausbildung habe. „Das ist historisch”, betont er.
Das Computerlabor mit der Solaranlage auf dem Dach ist in einem Gebäude samt umgebautem Schiffscontainer auf dem Gelände der örtlichen Schule untergebracht – ein Kontrast zu der sonstigen Ausstattung, die wie in allen staatlichen Schulen mager ist, vor allem in ländlichen Regionen wie dieser. So gibt es beispielsweise keinen Sportplatz und nur Plumpsklos für die 595 Kinder der Klassen eins bis neun. Entsprechend groß ist die Begeisterung über den neuen Computerraum.
Internet-Kompetenz wird ausgebaut
Drinnen unterrichtet Yoleka Libalele ein paar Schülerinnen. Für die ländliche Bevölkerung in Mankosi hat sie einen eigenen Kurs konzipiert, der „bei Null” anfängt. „Mir ist aufgefallen, dass sie zwar Smartphones haben, aber ihr Wissen extrem begrenzt ist”, sagt Libalele. Zum Beispiel können sie zwar einen Link öffnen, aber im Internet nicht gezielt nach Informationen suchen. Sie schauen sich Musik-Videos auf YouTube an, kennen aber die vielen digitalen Lernprogramme nicht. Auch Email-Programme sind neu für sie, bislang nutzten sie nur Kurznachrichtendienste. Denn einen eigenen Computer besitzen die wenigsten Familien in dieser Gegend.
Konzentriert tippt die Siebtklässlerin Bulela Qatsi ein Bewerbungsschreiben in ein Textverarbeitungsprogramm. „Ich bin schon etwas schneller geworden. Zu Anfang sah es so aus, als würde ich Bohnen pflücken”, erzählt sie etwas verlegen. Mittlerweile geht nicht nur das Tippen schneller, die Schülerin kann Texte auch abspeichern und kennt die Grundlagen der Tabellenkalkulation. Das Mädchen strahlt über das ganze Gesicht: „Mit diesen Kenntnissen kann ich mich bald für die weiterführende Schule bewerben und später vielleicht für die Universität. Und das alles Online, ohne, dass ich hinfahren muss”.
Das spornt an. Schulleiter Vuyani Babala erzählt, dass sich der Notendurchschnitt seiner Schüler verbessert hat, unter anderem in Englisch. Wer etwas nicht versteht, kann Übersetzungsprogramme im Internet nutzen, die mittlerweile auch für ihre Muttersprache isiXhosa existieren.
Doch nicht nur die Schüler und Schülerinnen profitieren von dem Computerlabor. „Unsere Lehrer haben zwar vom Bildungsministerium Laptops erhalten, aber einige hatten bislang Berührungsängste”, erzählt Babala. Auch sie werden nun unterrichtet. Er selbst habe gerade erst gelernt, wie man Daten vor unberechtigtem Zugriff schützt und Passwörter verwaltet.
Das kleine Labor mit 11 Desktop-Computern und 20 Laptops ist also immer gut ausgelastet. Vormittags werden Schüler*innen ab der fünften Klasse im Rotationsprinzip unterrichtet, nachmittags und am Samstag steht es den Dorfbewohner*innen offen. Noch sei viel Unterstützung notwendig, sagt Yoleka Libalele. Die häufigsten Anliegen: Kopien, Ausdrucke, Jobsuche im Internet und vor allem Online-Formulare zur Beantragung staatlicher Gelder. Früher mussten die Einwohner*innen aus Mankosi dafür ins rund 70 Kilometer entfernte Mthatha fahren. Zwei Stunden lang über überwiegend unbefestigte Straßen, für einen Fahrtpreis von 200 Rand (ca. 11€), der in etwa einem Zehntel der staatlichen Rente entspricht. Geld, das sie nun sparen können.
Ein Internet-Zugang kann Geschäftsmöglichkeiten eröffnen
Außerdem finden im Computer-Labor Kurse für all jene statt, die eine Geschäftsidee haben. Die 31-Jährige Lisa Maliwa hat daran teilgenommen. Ihre Idee: Ein Catering-Service für große Anlässe im Dorf. Eine gute Köchin sei sie bereits, aber es gebe immer viel dazuzulernen: „Ich habe beispielsweise über YouTube-Tutorials gelernt, wie man Muffins backt”. Zuvor kannte sie fast ausschließlich traditionelle Gerichte. In dem Kurs hat sie auch gelernt, wie sie Einnahmen und Ausgaben kalkuliert und soziale Medien für die Werbung nutzen kann. Einen ersten Auftrag konnte sie bereits ergattern.
Das Internet sei aber nicht nur etwas für junge Leute, betont Nontsokolo Sigcau. Mit anderen Mitgliedern der Kooperative bewirtschaftet sie ein Gemüsefeld, nur ein paar Meter entfernt, am Hang vor dem Computerraum. „Wenn die Ernte gut ausfällt, machen wir ein Foto und verbreiten es über Whatsapp oder soziale Medien”. Die lokalen Produkte seinen günstig, die Kunden kämen aus der Gegend. Sigcau schnipst mehrmals mit den Fingern, um zu verdeutlichen wie schnell Spinat, Bohnen und Süßkartoffeln ausverkauft sind.
Heute arbeitet Sigcau jedoch nicht auf dem Feld, sie hat sich schick gemacht, denn das Labor wird ein Jahr nach seiner Inbetriebnahme endlich feierlich eingeweiht. Durch die Covid-Pandemie hatte sich der Termin verschoben. Die alte Frau geht in eines der Klassenzimmer, in dem sich die Dorfbewohner versammelt haben, einige in Festkleidung, andere in Arbeitsklamotten und Gummistiefeln. Auch Professor Pather, Co-Gründer Siya, lokale Politiker und Vertreter der traditionellen Autoritäten sind gekommen. Das Zenzeleni Community Network feiert an diesem Tag, was es bereits erreicht hat, mit Tanz, Gesang und vielen Ansprachen.
Dabei steht auch die Nachhaltigkeit im Vordergrund, die Tatsache, dass es, wie Sigcau ausdrückt „nichts für Mahala “, also umsonst gibt, damit das Netzwerk weiterwachsen kann. Ihre Kooperative hat einen Preis von 50 Rand (ca. 2,80€) im Monat für Schülerinnen und Schüler festgelegt, ein Computer-Kurs für Erwachsene kostet 350 Rand (knapp 20€), eine Stunde Internet 5 Rand und eine Fotokopie 1 Rand.
Es gibt nichts umsonst
Ein Teil der Dorfbewohner*innen verstehe jedoch nicht, warum sie etwas zahlen sollten, sagt Co-Gründer Jay Siya. Sie dachten, dass dem Projekt das Geld einfach zufliege, teilweise gibt es Neid und Misstrauen. „Sie waren an Projekte von außen gewöhnt, die etwas kostenlos anbieten”. Das aber sei nicht nachhaltig, schließlich müssten Geräte gewartet werden und Techniker bezahlt werden, die eine Familie zu ernähren hätten. „Bis heute haben das nicht alle verstanden. Millionen von Südafrikanern sitzen zuhause und warten darauf, dass man ihnen Dinge umsonst gibt. Das ist ein Problem in unserer Gesellschaft”, sagt Siya.
Die Regierung habe in der Bevölkerung Erwartungen geweckt, die sie nicht erfülle, beispielsweise, Jobs zu schaffen. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Südafrika, die selbst Bürger*innen mit Universitätsabschlüssen betreffe, müsse man die Dinge selbst in die Hand nehmen, betont Siya. Ziel des Netzwerks ist es, entsprechende Chancen zu eröffnen. „Es ist ein langsamer Prozess des Umdenkens, in Richtung einer Kreislaufwirtschaft”, so Siya.
Um nachhaltig zu sein, muss das Netzwerk wachsen
Da sich an der Preisgestaltung nichts ändern soll, müsse das Netzwerk weiterwachsen, betont Shaun Pather. Denn mit dem Verkauf von 25-Rand-Vouchern allein könne es sich nicht finanzieren. Etwa 15.000 Rand nimmt das Netzwerk monatlich ein, die Ausgaben sind ebenso hoch, für den Ausbau bleibt nichts übrig – ein neuer Mast beispielsweise kostet das Zehnfache. „Bisher waren wir von Fördergeldern abhängig, jetzt entwickeln wir ein richtiges Geschäftsmodell”, sagt Pather.
Für diese Entwicklung hat die Non-Profit-Organisation gerade eine Geschäftsführerin eingestellt: Noxolo Mbokoma, eine ehemalige Investmentbankerin mit Wurzeln in der Ostkap-Provinz. Auch sie ist zu den Feierlichkeiten nach Mankosi gereist und betont: „Die Zukunft liegt in Euren Händen”. Sie will ihre Kontakte nutzen, um den notwendigen Ausbau des Netzwerks möglich zu machen. Zentral seien eine größere Reichweite, mehr Hotspots und mehr Masten.
2019 wurde mit Zithulele bereits eine zweite Gemeinde angeschlossen. Sie ist dichter besiedelt als Mankosi, mehr kleine Unternehmen sind dort ansässig, außerdem gibt es ein Krankenhaus, das ebenfalls Interesse signalisiert hat, an das Netzwerk angeschlossen zu werden. Schon jetzt werden dort mehr Abos und Voucher verkauft, als in Mankosi. „Marketing wird nun wichtiger als je zuvor”, sagt Jay Siya, der sich gerade entsprechend weiterbildet. Dabei müssten die Vorteile dieses Netzwerk im Vergleich zu jenen, die von außen kommen, vermittelt werden. Die Tatsache, dass Zenzeleni Community Netzworks ein eigenständiger Internetanbieter ist, sei nicht zu überschätzen, betont Siya. „Es bedeutet, dass wir wirklich frei sind. Dass wir erstmals die Kontrolle über unsere eigene Entwicklung haben. Dass jedes Kind in dieser Gegend eine Chance bekommt, zu lernen, was es möchte. Dass wir eine Stimme haben und endlich das Gefühl haben, dass wir Teil dieses Landes und der Welt sind”.
In Südafrika entstehen weitere Community Netzwerke
In Südafrika hat das Projekt bereits Nachahmer gefunden, in unterschiedlichen Regionen haben sich andere Community Networks gegründet. „Ich bin sehr stolz auf das, was wir erreicht haben”, sagt Nontsokolo Sigcau. Sie habe in der Vergangenheit viele Projekte kommen und gehen sehen, aber Zenzeleni sei geblieben und wachse weiter. Früher galt die Gegend als rückständig, niemand habe sich für ihr Dorf und seine Bewohner interessiert, aber nun kämen Leute von überall her, um zu lernen. Ihre Enkelin klettert auf ihren Schoss. „Sie wird es besser haben als wir. Sie kann studieren und muss dafür nicht einmal wegziehen. Sie kann online lernen”, betont die Großmutter. Das sei all die harte Arbeit wertgewesen und das motiviere ihre Kooperative auch die nächsten Hürden zu nehmen. Zenzeleni habe sie „von der Dunkelheit ins Licht geführt”. Es sei ihr Erbe für die kommenden Generationen.
Veröffentlicht am 25.11.2022, Riffreporter.
Der Artikel ist Teil der Afrika-Reporter–Serie “Lessons from Africa”
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