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Italien in Zeiten von Berlusconi, Teil 2

Ich blicke es einfach nicht! So meine  Reaktion auf die neusten Regionalwahlen in Italien, bei denen die Koalition um Berlusconi weitere Erfolge verbuchen konnte. Zwar musste auch seine „Partei der Freiheit“ Verluste hinnehmen, doch im großen und ganzen konnten der Kaiman – wie der Regisseur Nanni Moretti ihn nennt –  und vor allen Dingen seine Verbündete, die Lega Nord, sich als Gewinner präsentieren, weil sie in gleich in vier Regionen die bisher linken Regierungen ablösen konnten.

Dabei hätte ich schwören mögen, dass die neusten Skandale und die kaum camouflierten Lügen, mit denen sich Berlusconi schamlos immer wieder aus der Schlinge zieht, dieses Mal die Italiener eines Besseren belehren würden. Fernsehmonopol hin und her, es kann nicht sein, dass sie das Lügengespinst der Politiker nicht irgendwann durchschauen, hatte ich gedacht. Falsch. Natürlich. Wieder einmal. (Auch wenn ich mit erhobenem Haupt verkünden kann, dass ich in der Toskana lebe, in diesem  – immer noch – anderen Italien.)

Gestern dann, in einem Fernsehbericht über die Wahlen, habe ich verstanden, was zwischen mir und der Erkenntnis stand: der erhobene Zeigefinger meiner Eltern und meine Erziehung, die sich beide auf den Satz reduzieren lassen: sei redlich.

Der Grund für die späte Einsicht: Ein einfacher kleiner Nachsatz einer älteren Dame, Typ Mutter Beimer von der Lindenstraße. Gut gekleidet und gepflegt verteilte sie vor einem Wahllokal eifrig Flugblätter mit der Aufforderung, ihren strahlenden „Partei der Freiheit“-Helden Berlusconi zu wählen. Als ein Fernsehjournalist sie befragte, ob sie denn nicht wisse, dass so etwas am Wahltag verboten sei, schaute sie ihn spitzbübisch lächelnd an und sagte: „ Ja, natürlich“ und etwas später: „E chi se ne frega! Ich schere mich einen Teufel darum!“

Da, endlich  hatte ich es begriffen. Berlusconi sei Dank, kann auch die italienische Mutter Beimer endlich tun und lassen was sie will. Und mit ihr ein großer Teil der Italiener.

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