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Morgens auf dem Planeten Erde (3): Australien, im Indian Pacific

Gerade ist die Sonne aufgegangen, hinter einer sehr weiten Steppe: Eukalyptus, Sand, Schafe. Himmel: Pink, Rosé und Orange vor Babyblau. Ich liege im Indian Pacific, einem Überlandzug, der Pazifik mit Indischem Ozean verbindet (sic!) und fahre von Ost nach West. Wie spät es ist? Keine Ahnung. Seit mehr als zwei Tagen habe ich keinerlei Schimmer, was die Stunde schlägt, und das liegt nicht an übermäßigem Weinprobieren in Barossa, McLaren und Clare Valley, in den letzten Tagen. Es liegt an Australiens Zeitzonen.

Normalerweise gibt es derer drei bis vier, dieses Land hat eben viele Längengrade, damit kann ich umgehen. Doch im Moment gibt es weit mehr als die. Ich tippe fünf bis sechs. Vielleicht mehr.  Sicher bin ich nicht. Australien hat zwar kaum mehr Einwohner als eine brasilianische Großstadt, aber die leben in acht Bundesstaaten. Mit ausgeprägtem Staatenstolz. Daher können sie sich weder einigen, ob sie nun alle Sommer- und Winterzeit haben wollen oder nicht. Noch sind sie einer Meinung, wenn sie denn “daylight saven” wollen, wann sie das am besten tun sollten. Letztes Märzwochenende, hau ruck drehen wir alle zusammen am Zeiger? Wie andere Kontinente auch?

Pah. Zu einfach. Südaustralien dreht halbes Stündchen weiter und eine Woche später (oder zwei, wenn gerade ein wichtiges Radrennen ist). Was in Queensland läuft, weiß keiner so genau, weil sie da oben noch immer “Versuchsphasen” haben. Und in Westaustralien ist es eh ständig früher als irgendwo sonst. Und ich sitze in dieser Eisenbahn, und Damien, der wirklich herzensgute Zugbegleiter, klärt mich auf: “Breakfast is at 7.30”.  – “Traintime” natürlich. Die ändert sich weitgehend unabhängig vom Überschreiten der Staatsgrenzen. Sie tickt nach Verfügbarkeit des Kochs und der Logistik des Reisefortschritts. Mein Handy piepst, Digitalziffern blinken: 12.30. “check your clock – Sie sind in eine neue Zeitzone gereist. Wollen sie die Uhr anpassen?” fragt mich Nokia zum xten Mal hämisch. Traintime ist sieben. Die am Fenster vorbeifliegende Bahnhofsuhr von Northam zeigt 8.30 Uhr. Ich gebe auf. Dem glücklich Reisenden schlägt bekanntlich keine Stunde.

Mein nächster Termin ist morgen um 8 Uhr früh, in Fremantle. Bis dahin hab ich mich eingependelt. Hoffe ich.

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