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„Du musst schnell auf den Baum klettern!“ flüstert mir der Ranger zu. Seit mehreren Stunden bin ich bereits mit der Anti-Wilderer-Einheit auf Patrouille im Nationalpark. Und jetzt das. Ich soll klettern. „Ist das dein Ernst?“ flüstere ich sicherheitshalber zurück. Es ist sein voller Ernst. Meine Augen folgen seinem Zeigefinger: Aus einem Gebüsch, nur wenige Meter entfernt, schaut ein Spitzmaulnashorn in unsere Richtung, die Ohren gespitzt, die Nase in den Wind gereckt. Das ist natürlich ein guter Grund. Spitzmaulnashörner sind für ihre Unberechenbarkeit und Aggressivität berüchtigt. (Ein Foto habe ich leider nur von seinem freundlicheren Verwandten, dem Breitmaulnashorn…)
So leise und gleichzeitig so schnell wie möglich mache ich mich auf den Weg zum nächsten Baum. Wie lange ist es her, dass ich auf einem Baum geklettert bin? 20 Jahre vielleicht. Wäre ja peinlich, wenn ich es vermasseln würde. Nachdem es sowieso schon Monatelang gedauert hat, die Ranger davon zu überzeugen, mich mit auf eine ihrer Patrouillen zu nehmen. Auf die Begegnung mit Wilderern hatten sie mich vorbereitet, auf eine Kletterpartie nicht. Ich erreiche den Baum, stecke Mikrofon und Aufnahmegerät in meine Jackentasche, wünsche mir, größer als 1,62m zu sein. Den ersten, einigermaßen Vertrauenserweckenden Ast kann ich gerade so erreichen. Beherzt greife ich zu, stütze mich mit dem Fuß am Stamm ab und … schaffe es. Nicht elegant, aber innerhalb von Sekunden. Das weiß ich genau, denn mein Aufnahmegerät habe ich vor lauter Aufregung die ganze Zeit über mitlaufen lassen.