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Schweinefleisch, mal nicht süß-sauer

Vor ein paar Tagen schickte mir eine Freundin eine SMS mit einer Warnung: Ich solle derzeit lieber kein Schweinefleisch essen. Sie habe gehört, dass in Peking verseuchtes Fleisch im Umlauf sei, das beim Menschen Gehirnhautentzündung auslösen könne. Ich war nicht die einzige Adressatin, die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, per SMS und auch übers Internet.

Dort folgte dann auch das Dementi, zuerst von der Pekinger Polizeibehörde, dann vom Chef des Pekinger Gesundheitsamtes. Die Meldung sei ein Gerücht und wer es weiter verbreite, dem drohten zwischen 2 und 5 Jahre Haft. Doch solche Gerüchte nähren sich in China immer von dem Verdacht, dass die Behörden sowieso lügen, immerhin erkranken jährlich 300 Millionen Chinesen durch verdorbene Nahrungsmittel, aber nur selten werden solche Skandale aufgedeckt. Kein Wunder also, dass dem Dementi niemand so recht Glauben schenkte.

Lebhafte Diskussion auf sina.com, wo nicht wenige an die SARS-Krise erinnerten: auch da habe die Regierung erst spät eine Gesundheitsgefahr eingeräumt. Da gehen die Pekinger lieber auf Nummer Sicher: ein Supermarkt-Verkäufer klagt, er habe seit 3 Tagen kein einziges Stück Schweinefleisch verkauft.

Chinas Internet-Polizei zog eine beliebte Notbremse: die Diskussion wurde zensiert, über Nacht sind von mehreren tausend Kommentaren nur noch eine Handvoll sichtbar. Sina.com wagte immerhin so etwas wie gewaltlosen Widerstand und berichtete, dass ein Mann verhaftet wurde, weil er einen Internet-Artikel über korrupte Kader weiterleitete. Acht Monate später wurden die Kader tatsächlich bestraft, doch der Mann sitzt für das angebliche Gerücht noch immer im Gefängnis.

Chinas Staatssender CCTV hatte übrigens am Montag einen Bericht gebracht über illegale Händler, die verdorbenes Fleisch in Umlauf brachten, 30 Tonnen konnte die Polizei beschlagnahmen.

Glück für mich: ich mag kein Schweinefleisch.

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