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Steit um einen berühmten Knack-A.

Es ist ja schon die Frage, ob es allzu schlau ist von Italiens Kulturminister Sandro Bondi, sich ausgerechnet mit DEM anzulegen. Gibt es nicht andere Kunstwerke, auf die er sich stürzen kann? Ahnt er denn nicht, dass es so ausgehen könnte wie im ersten Buch Samuel, Kapitel 17? Dass er, Sandro Bondi, Goliath ist und früher oder später „mit dem Gesicht zu Boden“ fällt?

Aber Sandro Bondi tut es eben doch – er kämpft gegen David, beziehungsweise um ihn: Um jenen kolossalen David, den der große Michelangelo ab dem Jahr 1501 aus einem Block weißen Marmors herausschlug. Den besichtigen jedes Jahr rund 1,3 Millionen Besucher in der Galleria dell’Accademia in Florenz und hinterlassen bei 6 Euro 50 Eintritt eine Menge Geld. Und weil die Galleria dell’ Accademia nicht ein städtisches Museum ist, sondern ein staatliches, fließen alle Eintrittsgelder in die Kasse des italienischen Staates: Jeder Euro, den ein Tourist hier zahlt, fällt sozusagen auf ein Fließband und wird zur Freude von Kulturminister Sandro Bondi direkt nach Rom getragen. Er hat sich nun durch ein Gutachten bestätigen lassen: Ja, David gehört dem italienischen Staat, mitsamt seiner Schleuder, seinem berühmten Knack-A. und all dem Geld, das er bringt: Schließlich sei die ehemalige Eigentümerin Davids, die Republik Florenz, im italienischen Nationalstaat aufgegangen.

 

Gegen die Allmacht des großen italienischen Staates und des fülligen Kulurministers zieht nun Matteo Ricci zu Felde, der Bürgermeister von Florenz. Er ist es leid, dass seine Stadtreinigung vor dem Museum jenen Touristen hinterherputzt, deren Geld dann ja doch nur an den italienischen Staat fließt. Deshalb hat er nun zum einen angekündigt, in Zukunft solle der italienische Staat für die Reinigungskosten vor der Galleria aufkommen; und zum anderen gehöre Michelangelos David ohnehin seiner Stadt. Dafür gäbe es „unanfechtbare Dokumente“. Für seine Sicht spricht: Immerhin war es die Florentiner Wollgilde, die den David bei Michelangelo in Auftrag gegeben hatte.

Im Streit um David wollen sich beide treffen, Sandro Bondi und Matteo Ricci, von einem Termin ist noch nichts bekannt. Womöglich übt der Bürgermeister von Florenz schon einmal mit einer Steinschleuder. Und womöglich warten auch bereits hunderte italienische Journalisten im Terebinthental im Heiligen Land, wo einst der Kampf zwischen David und Goliath stattgefunden haben soll, auf eine Neuauflage des biblischen Duells.

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