Wir berichten aus mehr als 160 Ländern –
aktuell, kontinuierlich und mit fundiertem Hintergrundwissen.
Nächstes Jahr wird in den USA ein neuer Präsident gewählt, genauer gesagt am 6. November 2012. Das ist noch lange hin, finden Sie? Von wegen. Barack Obama startete bereits Anfang dieses Monats offiziell seine „Reelection Campaign“. In einer E-Mail an seine Anhänger erklärte er den frühen Start so: „Die Politik, an die wir glauben, beginnt nicht mit teuren Anzeigen oder Fernsehspots, sondern mit Euch – Leuten, die von Haustür zu Haustür gehen, mit Nachbarn, Arbeitskollegen und Freunden sprechen. Diese Art von Kampagne braucht Zeit, um sich aufzubauen.“ Zahlreiche Getreue, die bereits beim letzten Mal dabei waren, helfen. Einige gaben dafür sogar ihre Washingtoner Jobs auf: David Axelrod etwa, in den letzten Jahren oberster persönlicher Berater von Obama, ist wieder für die Gesamtstrategie des Wahlkampfs verantwortlich. Jim Messina, bis vor kurzem stellvertretender Personalchef im Weißen Haus, kümmert sich ums operative Gelingen.
Ich hatte schon vorher gemerkt, dass der Wahlkampf begonnen hat, und zwar beim Gang durch die Buchhandlung:
In den USA gehört es für Politiker mit Ambitionen einfach dazu, ein Buch zu schreiben. Oder schreiben zu lassen. Das hat nicht nur mit Renommee zu tun, sondern oft auch mit schnödem Mammon: Auf dem riesigen US-Markt spielen Bestseller leicht enorme Summen ein, die gerade zu Wahlkampfzeiten willkommen sind. Die Bücher der rechtspopulistischen Tea-Party-Ikone Sarah Palin etwa, „Going Rogue“ und „America by Heart“, haben sich zusammen rund vier Millionen Mal verkauft. Zwar ist der Wahlkampf in den USA in weitaus größerem Ausmaß spendenfinanziert als in Deutschland, doch die meisten Kandidaten opfern auch erhebliche Beträge ihres eigenen Vermögens. Die frühere E-Bay-Chefin Meg Whitman beispielsweise setzte die Rekordsumme von 119 Millionen Dollar ein, um Gouverneurin von Kalifornien zu werden (die Wähler entschieden sich trotzdem für ihren Konkurrenten Jerry Brown). Selbstverständlich hatte auch sie zeitlich passend ein Buch geschrieben, „The Power of Many“, über Werte im Geschäftsleben. Es verkaufte sich nicht ganz so gut wie die patriotischen Manifeste von Palin, aber als Milliardärin ist Whitman auch nicht so auf die Einnahmen angewiesen wie die Kleinstadt-Mum.
Ihr Ausgabenrekord könnte allerdings bald gebrochen werden – wenn Donald Trump seine Ankündigung wahr macht, als US-Präsident zu kandidieren. Forbes schätzt das Vermögen des New Yorker Immobilien-Tycoon auf 2,4 Milliarden Dollar, doppelt so hoch wie das Whitmans. Ob er kampagnenbegleitend noch extra ein Buch schreibt, ist allerdings ungewiss – er hat bereits ein gutes Dutzend veröffentlicht, die meisten darüber, wie man reich wird. Außerdem hat er eine eigene Fernsehshow, The Apprentice, bei der sich Manager um einen Job in seinem Firmenimperium bewerben. Die letzte Folge Ende April sahen fast acht Millionen Zuschauer. Diesen Reklame-Effekt toppt kein Bestseller.
Fotos: Christine Mattauch