„Autoritäre Regime beginnen ihren Machtausbau in der Regel damit, Medien und Journalisten in ihrer Arbeit zu behindern und einzuschränken“, schreibt Gemma Pörzgen, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen (RSF), im Vorwort des diesjährigen Bildbandes „Fotos für die Pressefreiheit“. Er erscheint zum Tag der Demokratie am 15. September 2025, denn die Einschränkung der Pressefreiheit ist immer ein Warnzeichen und wichtiger Gradmesser für den Zustand der Demokratie.
Die aktuelle Rangliste der Pressefreiheit von RSF zeigt, dass die Lage für Journalisten, Reporterinnen und Medien 2025 in der Hälfte aller Staaten „sehr ernst“ oder „schwierig“ ist. Dieser Befund hat sich auch in der Arbeit an dem diesjährigen Fotobuch widergespiegelt. Und zwar nicht nur bei Beiträgen zu autoritär regierten Staaten wie Russland, China oder dem Iran, sondern auch zu den USA. Dort einen Fotografen zur Mitarbeit zu bewegen, war schwierig.
Umso mehr Bedeutung haben die teils sehr intimen Einblicke, die uns die Bildreportagen von Fotografinnen und Fotografen aus acht Ländern bieten. Die iranische Fotokünstlerin Maryam Saeedpour erzählt in ihrer Porträtserie „Dominance“ von der Gewalt und dem sozialen Druck, den Frauen im Iran täglich ertragen müssen – und von der inneren Stärke, mit der sie dagegen ankämpfen. US-Fotograf Mark Peterson enthüllt in eindrucksvollen Schwarzweiß-Bildern die Wirklichkeit hinter dem Politspektakel von US-Präsident Donald Trump und seiner Anhängerschaft.
Den gesellschaftlichen Wandel in Deutschland zeigt Dokumentarfotograf Ingmar Björn Nolting. Um seine Bilder zu einem großen Mosaik zusammenzusetzen, fotografiert er sowohl Klimaaktivistinnen als auch AfD-Anhänger. Einen seltenen Einblick in das Lebensgefühl seiner Generation bietet der chinesische Fotograf Ziyi Le. Seine Porträts zeigen junge Menschen, die sich dem Leistungs- und Anpassungsdruck ihrer Gesellschaft verweigern und stattdessen lieber einfach abhängen wollen.
Er sei auf alles vorbereitet, sagt der ugandische Fotojournalist Badru Sultan Katumba, denn er wisse nie, wer ihn plötzlich bedrohen könne. Und die in Argentinien lebende Dokumentarfotografin Sarah Pabst fotografiert mittlerweile selbst Rentner-Demonstrationen gegen Präsident Javier Milei nur noch in Schutzausrüstung. Das Verhältnis zu ihrer Wahlheimat beschreibt sie als „Liebe, die sich nach Abschied anfühlt“. Der Fotojournalist Sameer Al-Doumy floh vor sieben Jahren vor dem Krieg aus Syrien nach Frankreich. Nach dem Sturz des Assad-Regimes kehrte er erstmals in seine alte Heimat zurück und fühlt sich nun wie ein Besucher.
Den Fotostrecken ist in diesem Jahr ein Text-Essay vorangestellt. Darin legt der international ausgezeichnete Journalist Goenawan Mohamad, Gründer des indonesischen Magazins Tempo, dar, warum die Pressefreiheit nicht einer theoretischen Lehre entspringt, sondern der harten Erfahrung unterdrückter Gesellschaften. „Wir dürfen Angst haben“, schreibt Mohamad, „aber wir dürfen uns nicht besiegen lassen. Unterwerfung wäre das Ende unserer Daseinsberechtigung als Journalisten.“
Reporter ohne Grenzen finanziert sich neben Spenden und Mitgliedsbeiträgen auch durch den Verkauf des Fotobuchs. Der Erlös fließt vollständig in die Pressearbeit und Nothilfe sowie Anwaltskosten und medizinische Hilfe für verfolgte Journalistinnen und Journalisten.
Textredaktion: Christina Schott