Interview | Kerstin Zilm

Sportgespräch vor Olympia: Hürden-Legende Edwin Moses über seine Karriere, Doping und Rassismus in den USA

2024-05-05

Über neun Jahre, neun Monate und neun Tage blieb Edwin Moses in seiner Disziplin, den 400 Meter Hürden ungeschlagen. Im Interview erzählt er von seinen Anfängen an einem Historischen College für Schwarze, vom Durchbruch in Physik und Sport, von Dopingskandalen, Rassismus und davon, wie in die Hindernisse des Lebens zum besseren Athleten gemacht haben.

Edwin Moses dominierte seinen Sport wie niemand anders vor oder nach ihm. Über 400 Meter Hürden blieb er in 122 Rennen hintereinander ungeschlagen. Er gewann zwei Goldmedaillen und zwei Weltmeisterschaften. Ohne den US-Boykott der Olympischen Spiele in Moskau verhinderte, hätte der Leichtathlet ziemlich sicher 1980 eine weitere Goldmedaille bekommen. Doch vier Jahre später stand er in Los Angeles wieder ganz oben auf dem Siegerpodest. In Los Angeles habe ich Edwin Moses auch getroffen, genauer gesagt: in der deutschen Künstlerresidenz Villa Aurora. Dort stellte er einen Dokumentarfilm vor, der mit Hilfe deutscher Förderung gedreht wurde: Moses 13 Steps – nach den Schritten, die er zwischen jeder Hürde rannte. Ich habe ihn gefragt, welche Hindernisse er überwinden musste für seine Karriere, und was davon er unbedingt in der Dokumentation erzählen wollte.

E.M.: Ich war neun, zehn Jahre alt als ich zum ersten Mal gelaufen bin. Das war 1964/65. Ich erinnere mich, wo ich war, als Kennedy erschossen wurde. Malcolm X. Robert Kennedy. Das Gesetz gegen Rassentrennung wurde verabschiedet. Es gab den Vietnamkrieg. Die Olympischen Spiele mit dem Power Salute von Tommy Smith und John Carlos. Da war ich 13, 14 Jahre alt. Es ist wichtig zu bedenken, dass ich ein Schwarzer in Amerika bin. Ich war der erste in unserer Familie, der mit Weißen auf eine Schule ging. Mich in Umstände zu begeben, in denen schwarze Männer nicht willkommen sind, hat mich stärker gemacht. Es war auch ein Grund, warum ich gewinnen wollte. Als ich anfing zu gewinnen, wurden mehr Menschen auf mich aufmerksam. Für manche wurde ich zum Helden. Das war ein Reiz für mich, zu laufen.

 

via www.deutschlandfunk.de