Die Folklore-Sängerin Lola Flores ist noch heute Referenz für Popstars wie Rosalía oder C.Tangana. Am 21. Januar 2023 hätte die spanische Künstlerin ihren 100. Geburtstag gefeiert.
An Selbstbewusstsein mangelt es der Diva nicht: Als „Lola de España”, als „Lola von Spanien” besingt sich die Folkloresängerin. Und tatsächlich liegt ihr das Publikum zeitlebens zu Füßen wie einer Königin.Lola Flores, geboren am 21. Januar 1923 im andalusischen Jeréz de la Frontera, ist für die Bühne geschaffen. Dem Journalisten Jesús Quintero verrät sie im andalusischen Fernsehsender Canal Sur:
“Die Liebe hat mir schöne Momente bereitet, aber die überwältigenden Augenblicke hat mir meine Kunst beschert. Dieses Gefühl, bei wichtigen Premieren auf der Bühne zu stehen, in Amerika oder Spanien, das ist unbeschreiblich.
Bereits als Zehnjährige tanzt die Tochter einer Schneiderin und eines Wirts auf Volksfesten und Hochzeiten. Sie nimmt Tanzstunden und unterzeichnet mit 16 ihren ersten Vertrag. “Lolita Flores – Imperium von Jeréz” steht auf den Plakaten. Kurz darauf bekommt sie ihre erste Filmrolle.
Ihren großen Durchbruch hat sie in den 1940er-Jahren, an der Seite von Manolo Caracol. Das im Stil großer Broadway-Produktionen choreographierte Flamenco-Spektakel „Zambra” steht in Madrid mehrere Jahre ununterbrochen auf dem Programm. Dass der verheiratete Caracol eine Affäre mit seiner jungen Hauptdarstellerin hat, ist für das Publikum im tristen Nachkriegsspanien ebenso aufregend wie Lola selbst, die beim Tanzen ihre langen, schwarzen Haare ekstatisch durch die Luft schleudert und in ihre Hände so viel Ausdruck legt wie in ihre dramatisch geschminkten Augen.
Der franquistische Kulturapparat erkennt das Potenzial. Die Produktionsfirma Suevia Films nimmt Lola Flores 1951 für drei Jahre unter Vertrag, für die Rekordsumme von sechs Millionen Peseten – den Preis von etwa zehn Luxuswohnungen. Sie dreht und singt und tanzt in La Habana, Rio de Janeiro und New York: Es ist der Beginn einer Weltkarriere.
„Sie kann nicht singen, nicht tanzen – aber Sie dürfen sie auf keinen Fall verpassen”: Schreibt die New York Times Jahre später über die charismatische Künstlerin.
1956 heiratet sie Antonio González, genannt „El pescaílla”. Der Erfinder der „katalanischen Rumba” komponiert zunächst weiter Lieder für sie, zieht sich dann aber aus der Öffentlichkeit zurück. Er kümmert sich um die drei gemeinsamen Kinder, sie verdient das Geld: eine absolute Ausnahme im konservativen Spanien.
Auch als sich das Land nach Francos Tod seinen Weg in die Moderne bahnt, bricht Lola Flores weiter lustvoll mit Tabus. Sie tingelt durch Talkshows, erzählt freimütig von ihrem Drogenkonsum, plaudert über ihr Liebesleben. Presse und Publikum lieben sie für ihre bodenständige Sinnlichkeit und den lebensklugen Humor, etwa in Interviews:
“Küsse gehören zu den schönsten Dingen der Welt. Wenn ich meine Enkelin küsse, sagt mein Sohn, ich solle sie nicht auf den Mund küssen. Aber wenn ich das nicht tue, dann schmeckt es doch nicht richtig. Sogar die Ärzte sagen, dass richtig Küssen jung hält.”
Als die Staatsanwaltschaft Lola Flores 1987 wegen nicht eingereichter Steuererklärungen des Betrugs anklagt und sie zu einer symbolischen, mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt wird, bekommt das Idyll einen Riss. Warum jemand wie sie überhaupt auf der Anklagebank Platz nehmen muss, bleibt ihr unverständlich:
“Dass sie meinen Namen mit Füßen traten und mich als Betrügerin bezeichnet haben, kann ich nicht vergessen. Man hat mich so respektlos behandelt. Dabei war doch alles sauber: Es gab keine multinationalen Konzerne, keine Chalets, keine Konten. Ich wusste einfach nicht, dass ich die Schulden in kleinen Summen hätte abbezahlen können. Das war vielleicht eine Jugendsünde, aber doch kein Betrug.”
Am 16. Mai 1995 stirbt Lola Flores mit 72 Jahren. Das Fernsehen überträgt die Beerdigung live, 150.000 Menschen geben ihr das letzte Geleit: Es ist der letzte große Auftritt der Universal-Künstlerin. Von Rosalía bis Nathy Peluso zählt noch heute jeder spanischsprachige Popstar Lola Flores zu seinen großen Referenzen.