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12. 12. Genfer “marmites”: So sterben die Feinde der Republik

Knapp zwei Wochen vor Weihnachten wird in Genf ordentlich gefeiert: Denn in der Nacht zum 12. Dezember rettete eine einfache Marktfrau ihre Heimatstadt vor den angreifenden Savoyarden. Die hatten sich im Dunkel der Nacht angeschlichen, um Genf zu erobern. Es war 1602. Alles schlief, nur eine wachte: Besagte Marktfrau, die gerade dabei war, eine Gemüsesuppe für den nächsten Morgen vorzubereiten. Als sie einen der Angreifer unter ihrem Fenster herlaufen sah, fasste sie sich ein Herz und warf ihm den Kessel samt kochend heißer Suppe auf den Kopf. Das Geschrei des Savoyarden weckte die ganze Stadt und der Angriff wurde abgewehrt.

Die Marktfrau Mère Royaume wird seitdem jedes Jahr gefeiert. Zuhause wird Gemüsesuppe gekocht, die freigiebig an Freunde und Fremde gleichermaßen vergeben wird. An diesem einen Tag öffnen die sonst so verschlossenen Genfer ihre Küchen. Noch beliebter, vor allem bei den Kindern, sind die “marmites” (Suppenkessel) aus Schokolade: Die werden nur von Genfern Confisseuren in mühsamer Handarbeit hergestellt und sind mit Marzipangemüse gefüllt. Der Älteste und der Jüngste in der Runde zerschlagen die Marmite, nachdem sie feierlich den Spruch “Ainsi périssent les ennemies de la république” (so sterben die Feinde der Republik) aufgesagt haben. Wenig feierlich stürzen sich danach alle Anwesenden auf die Bruchstücke, bis auch der letzte Schokokrümel verschwunden ist.

Mehr über Traditionen in Genf und in anderen Landesregionen hat Weltreporter Marc Engelhardt in seinem Schweiz-Reiseführer aufgeschrieben.

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