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Big Brother is watching you

Ein Eisenbahn-Ticket nach Tibet? Der Mann im Pekinger Reisebüro winkt ab. Nicht ohne Genehmigung des für Ausländer zuständigen Amtes in Lhasa. Dort fordert man von mir einen schriftlichen Antrag und lässt sich mit der Antwort dann 2 Wochen Zeit. Genehmigung ja, aber eine offizielle Begleitung ist für mich Pflicht.

Mein Hinweis, ich wolle lediglich eine private Reise unternehmen, lässt den "waiban" ungerührt. Privat oder beruflich – Chinas Kommunisten trauen uns Journalisten nicht über den Weg. Nach Tibet darf ich nur mit staatlichem Aufpasser.

Den soll ich übrigens auch bezahlen. "Service-Gebühren" nennt sich das, für Organisation, Begleitung und Transport. Allein für den Abhol-Service mit dem waiban-Auto könnte ich mir ein Flugticket von Peking nach Lhasa leisten. Ich will lieber Taxi fahren. Das komme nicht in Frage, heißt es sofort. Da könne man ja nicht für meine Sicherheit garantieren.

Ich verweigere mich den amtlichen Wucherpreisen, fahre trotzdem. Die Aufpasserin ist eine sehr nette Tibeterin in chinesischen Diensten, die täglich in der Hotellobby auf mich wartet. Nicht mal shoppen darf ich allein.

Und falls ich die Regeln doch kurz vergessen sollte, liegt im Hotelzimmer eine Warnung in radebrechendem Englisch: "Ausländische Reisende in China dürfen unter keinen Umständen Chinas nationale Sicherheit gefährden, indem sie an Aktivitäten teilnehmen, die die öffentliche Ordnung stören… Falls sie zufällig Zeugen einer Demonstration werden, ist es streng verboten, Fotos oder Videoaufnahmen davon zu machen." Das gilt als "Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten".

Ich frage mich mal wieder, wie das bei den Olympischen Spielen 2008 werden soll, wenn 20-tausend ausländische Journalisten amtliche Aufpasser zur Seite gestellt bekommen. Vermutlich hat es noch keiner durchschaut – das Ganze ist nur eine verkappte ABM-Maßnahme der chinesischen Regierung.

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