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Die Frauen haben gewonnen

 

Es ging ganz schnell, eine Revolution, die uns überraschte. Die düsteren Bars mit Dartscheiben an den Wänden verschwanden zuerst. Es kamen Friseure und Nagelstudios. Wo früher Fußball gespielt wurde, treten heute Boygroups auf. Autohändler verwandelten sich über Nacht in Spa-Paläste. Was Männer mochten verschwand. Was Frauen mögen entstand. Es hat nur wenige Monate gedauert.

Seit 15 Jahren boomt Shanghai. Seitdem arbeiten die Männer jedes Jahr mehr. Wirtschaftsreformen und Rekordboom haben Shanghai zu einer wohlhabenden Stadt gemacht. Den Menschen geht es gut. Doch die Männer haben sich in Fabrik- oder Büroroboter verwandelt.

Auch die Frauen machen in Shanghai Karriere. Aber sie haben den Spaß nicht vergessen. Und während die Männer immer beschäftigter und immer grauer wurden, nehmen sich die Frauen immer mehr Freizeit – und haben in kurzer Zeit die ganze Stadt für sich erobert. Weil die Frauen die einzigen sind, die noch Zeit zum Geldausgeben haben, hat sich das komplette öffentliche Leben inzwischen ihren Bedürfnissen angepasst. Wir Männer wurden versklavt und die meisten merken es nicht einmal.

Als Mann muss man inzwischen die verrücktesten Sachen machen, wenn man einer von diesen Frauen gefallen will. Wir tragen ihnen beim Einkaufen die Handtaschen hinterher, sitzen geduldig wartend in Schuhgeschäften herum und schälen ihnen vor dem Fernseher die Weintrauben, weil sie es so am liebsten mögen. Man kann sich an sehr vieles gewöhnen. Seit der Machtübernahme der Frauen ist Shanghai entspannter geworden, schöner auch und vor allem bunter.

Shanghai ist die Stadt der Frauen. Das ist – und das sage ich hier nicht nur um zu gefallen – gar nicht mal so schlecht.

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