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Die verflixten Monate auf -ber

  1. Als ich vor einigen Tagen die Titelseite des „Philippine Star“ aufschlug, ist mir fast die Espressotasse aus der Hand gefallen. Das Riesenfoto am Kopf der Seite zeigte eine Verkäuferin, die seelig lächelnd ein Schaufenster dekoriert – mit Weihnachtsschmuck. Kurz hatte ich die Hoffnung, im Coffeeshop ein uraltes Zeitungsexemplar erwischt zu haben…aber nee, das Datum stimmte, 2. September. Genau, Septem-ber. Ein Monat, der auf –ber endet, genau wie der Okto-ber, der Novem-ber und der Dezem-ber. Und mit dem erster –ber-Monat beginnt auf den christlichen Philippinen offiziell der fast viermonatige Weihnachts-Wahnsinn. Das Tropenländle verwandelt sich dann in ein künstliches Winter Wonderland, in den Shopping Malls stehen Einheimische mit staunendem Blick vor echten Lebkuchenhäusern oder brummenden Eisbär-Attrapen.

Meine Taktik ist seit Jahren unverändert: mit grimmiger Sturheit versuche ich zu ignorieren, dass ich in Manila, der selbsternannten Christmas Capitol lebe. Für mich beginnt die Weihnachtszeit am 1. Advent und damit Basta. Aber so einfach ist das gar nicht mit dem Ignorieren.

Vorgestern lag eine Einladung im Briefkasten – zum Christmas Bazaar am 28. September! Und wetten, dass dieser erste große Weihnachtsmarkt der Saison aus allen Nähten platzen wird? Das größte Christenfest ist auf den streng katholischen Philippinen in erster Linie eine Schlacht um die meisten, besten, buntesten Gaben. Kollegen, Lehrer, Klassenkameraden, Nachbarn, die Leutchen vom Sportstudio, der Wasserlieferant, der Postbote, und was weiß ich noch wer alles müssen mit etwas beglückt werden. Was, ist egal. Nur vergessen sollte man es nicht, sonst braucht die Post noch länger als sonst und die Wasserlieferung wird leider ab und zu vergessen. Ich bin noch fein raus, unser Empfängerkreis ist immerhin überschaubar. Ich kenne aber einheimische Familien, die müssen gleich mal ein paar hundert Geschenke auftreiben. Von Vorfreude aufs Fest keine Spur, Christmas Shopping ist eine gesellschaftliche Verpflichtung und Stress ohne Ende.

Ehrlich gesagt, hab‘ ich mich schon bei dem Gedanken ertappt, zu diesem Weihnachtsmarkt am 28. September zu gehen. Dann hätt‘ ich den lästigen Teil abgehakt und könnte bis zum 1. Advent wieder auf ignorante Ausländerin umstellen. Nun müsste ich nur noch meiner in Manila geborenen Jüngsten beibringen, dass die Mami beim Autofahren momentan noch nicht so gerne Jingle Bells hört…

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