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Geheime Chefsache

Neulich rief ich in Deutschland an, bei einer namhaften Umweltorganisation an der Ostseeküste. Ins Vorzimmer kam ich – trotz kryptischer Beschilderung der Zuständigkeiten im Internet – noch durch. Doch dann geriet die Kontaktanbahnung arg ins Stocken. Eine resolute Dame klärte mich auf:

 „Bedaure, der Chef ist in der Sitzung.“

„Aha, verständlich. Wie lange sitzt er denn?“

„Das sag ich Ihnen doch nicht!“.

„Ach so? Na, da könnten Sie ihm doch eine Notiz rein…“

„Nix da, wo denken Sie hin?! Schicken Sie ein Fax, da guckt er dann mal drauf bei Gelegenheit“.

„Faxen kann ich nicht. Aber mit dem Pressesprecher könnt ich doch …?“

„Der ist aus dem Haus.“

„Ein Handy wird er wohl haben?“

„Hat er. Aber ich weiß nicht, ob ich befugt bin, Ihnen die Nummer herauszugeben…“

„Oh, betrüblich. Und wer weiß, ob Sie befugt sind …?“

Und immer so weiter. Böse Erinnerungen werden wach an, an mühsame Lehr- und Wanderjahre in der Nachrichtenbranche: Abwimmeln, Verkomplizieren, Wichtigmachen und stundenlanges Nachbohren gehörten damals zum Tagesgeschäft. Man stand sich selbst im Weg. Im Norden sind sie lockerer.

Gestern rief ich beim Abgeordneten einer schwedischen Regierungspartei auf dem Handy an (die Nummer stand auf der Website). Der nahm nach einer Weile ab, keuchte und prustete kurz und schnaufte dann:

„Hej, grüß dich! Nö, jetzt grade kommt es ungelegen, mein Lieber. Ich bin auf der Skipiste und will noch in die Sauna. Aber Montag bin ich zurück in Stockholm. Dann können wir einen Kaffee trinken.“

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