Weltreporter.net ist ein globales Korrespondentennetz für deutschsprachige Medien. Diese Website präsentiert einen Ausschnitt unserer Arbeit.

Große Politik aus der Provinz

Einer zog aus, um die Welt zu verändern – und die Welt hilft ihm dabei: Die Geschichte des Joko Widodo, genannt Jokowi, klingt tatsächlich ein bisschen wie im Märchen. Als Möbelhändler kandidierte der heute 51-Jährige in seiner zentraljavanischen Heimatstadt Surakarta 2005 für den Bürgermeisterposten und wurde trotz aller Zweifel an seinen politischen Fähigkeiten gewählt. Die Zweifler verstummten bald: Der Forstingenieur erregte national wie international Aufmerksamkeit für seine volksnahe Politik und die unkonventionellen Methoden, mit denen er gegen korrupte Bürokraten, Umweltverschmutzung und soziale Ungerechtigkeit in seiner Stadt vorging – nicht gerade eine Selbstverständlichkeit in Indonesien. Nach fünf Jahren im Amt wurde Jokowi mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt. Allerdings nicht für lange: Auf der Suche nach Kandidaten für die Gouverneurswahl in der problembeladenen Landeshauptstadt Jakarta richteten sich die Augen schnell auf den Politaufsteiger aus der Provinz. Er ließ sich überzeugen, kandidierte und gewann: Statt Batik oder Anzug in ein schlichtes kariertes Hemd gekleidet – sein zum Kult gewordenen Markenzeichen – gewann der Außenseiter am 20. September 2012 in sämtlichen Wahlbezirken der Zwölfmillionenstadt gegen den als arrogant und korrupt geltenden, amtierenden Gouverneur. Nur die vorgelagerten Inseln blieben ihrem alten Regenten treu. Auf die Frage, ob sie wirklich glauben, dass Jokowi Jakartas scheinbar unlösbare Probleme wie Verkehrskollaps, Überflutungen und Armut in den Griff bekommen könne, antworten die meisten Wähler: keine Ahnung, ob er sich gegen das bestehende System durchsetzen könne oder darin untergehen werde. Aber wenn es einer schaffen könne, dann er. Das Wichtigste sei die Hoffnung auf eine radikale Veränderung. Und die Bewohner von Surakarta? Anstatt ihrem scheidenden Bürgermeister den Umzug in die Hauptstadt übel zu nehmen, feiern sie ihn – in der Hoffnung, dass er sie irgendwann als Präsident Indonesiens vertreten werde.

 

Newsletter

Es gibt Post!