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Japan Haushalt 2014: Angst fressen Seele auf

Das japanische Budget für 2014 liegt vor. Ich bin Optimist und kein Miesmacher (obwohl Wiener). Und so habe ich zum Thema Haushalt beide Seiten zu Wort kommen lassen.

Zunächst aber: Happy New Year und danke an alle, die Weltreporter „verfolgen“. Egal was wir uns 2013 vorgenommen hatten, erreichen konnten, auf die lange Bank schieben mussten oder fallen liessen – eins hat ermutigt: Die Aufdeckung der NSA-Affäre unter Beteiligung von Glenn Greenwald. Warum dem freien Journalisten der Coup gelungen ist? Snowden vertraute ihm. Glenn sollte Ehrenmitglied unseres Netzwerks werden.

2014 card hagenberg

Ein Jahr ohne „eyes in the skies“? Für meine Neujahrskarte hat mich Gerhild Nieberg in Raiding fotografiert.

Und nun zum japanischen Haushalt.

Nippon steht mit 15 Nullen in der Kreide: Eine Billiarde Yen. Das sind fast 250% des Bruttoninlandsprodukts. Die höchste Staatsverschuldung der Welt. (Zum Vergleich: Griechenland „nur“ 180%, USA 112%, Deutschland 82%). Um diesen Schuldenberg abzubauen, müssten sämtliche Japaner 2500 Jahre lang ihren gesamten Verdienst an die Gläubiger abliefern.

Für 2014 sind die Staatsausgaben der drittgrössten Weltwirtschaft mit 95 Billionen Yen veranschlagt (12 Nullen). 43% davon decken neue Kredite ab, Steuereinnahmen allein reichen nicht aus. Der Wahnsinn: Ein Viertel vom Haushalt fressen Zinsen weg – und da könnte man wie Rainer Werner Fassbinder sagen „Angst fressen Seele auf“. Was bleibt sind 32% für Sozialausgaben, 5% für die Armee und 6% für Ausbildung und Forschung (Zahlen abgerundet) –der Rest dient der Systemerhaltung.

Fassbinder Berlin poster hagenberg event 1979

Budget-Angst fressen Seele auf: Rainer Werner Fassbinder mit Einladung zu meinem Japan Event, Berlin 1980.

Der Budget-Optimist sagt:

Bis 2020 (rechtzeitig zur Olympiade in Tokio) sind alle Schulden abbezahlt – wie die Regierung verkündet. Japan hat sich neu erfunden, erobert die Welt mit Exporten zurück. Reissend Absatz finden Roboter für Katastrophendienst, Alten- und Krankenpflege. AKWs stehen in Japan still, werden deshalb umso mehr im Ausland verkauft. Wundersam schrumpfen weltweit die Energiekosten (Japan importiert 80% seines Bedarfs). Investitionen in Alternativenergien tragen Früchte, angespornt durch die Stilllegung der AKWs. In der Aufschwungeuphorie strömt ausländisches Investitionskapital in den Inselstaat. Die angehobene Mehrwertsteuer (im April 2014 von 5 auf 8 Prozent) hat die Wirtschaft nicht gedrosselt, wie befürchtet. Die Zahl von derzeit einer Million ausländischer Touristen vervielfacht sich. (Zum Vergleich: Österreich hat jährlich 23 Millionen Besucher aus dem Ausland). Die meisten Reisenden kommen dann aus China, Korea und Taiwan. Denn Japan hat sich ein für allemal für seine Weltkriegsgreuel entschuldigt (allerdings nicht unter Abes rechtslastiger Regierung). Das Arbeitsalter wurde auf 75 Jahre angehoben, um die Sozialausgaben in den Griff zu bekommen. (Ein Viertel der Bevölkerung ist derzeit über 65 Jahre alt. Bis 2060 werden es 40 Prozent sein).

Der Wiener sagt:

Die Regierung Abe druckt Geld wie verrückt. Bis 2020 verfällt der Wechselkurs auf den Stand von 1985: 250 Yen für einen Dollar. (2012 kostete der Greenback nur 76 Yen, ein Jahr später bereits 105 Yen). Energieimporte werden unerschwinglich. Eine „export-driven-economy“ materialisiert sich nicht, denn die von Abe angekündigten Reformen und Innovationen bleiben aus. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer 2015 auf 10% (von derzeit 5%) drosselt den Konsum. Atomkraftwerke werden dazugebaut und laufen auf Hochtouren. Das wiederum reduziert Forschungsinvestitionen für Alternativenergien und deren Spin-offs). Mit der rasant alternden Bevölkerung explodieren die Sozialkosten. Die bisher pazifistisch ausgerichtete Konstitution hat die Regierung umgeschrieben, die Armee darf nun ausserhalb Japans operieren. Das Land sitzt weiterhin auf einem Vorrat von 44 Tonnen Plutonium – genug für 5000 Atombomben. Territorialstreitereien mit Nachbarländern intensivieren sich und das Verteidigungsbudget steigt (dieses Jahr um 2.1 Prozent). Am Ende kann Japan seine Schulden nicht mehr finanzieren, macht bankrott und reisst die Weltwirtschaft mit sich.

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