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Einmal die Woche liegt Werbung meines Supermarktes um die Ecke im Briefkasten. Auf den ersten Blick sieht die aus, wie jede andere Supermarkt-Werbung in den USA. Bunt, viele Bilder und natürlich super, super günstige Angebote. Bei genauerem Hinsehen, ist aber alles anders.
Die Werbung ist die perfekte Ergänzung zu meinem Spanischunterricht bei Makela, Tangotänzerin aus Bunos Aires!
Ist schon praktisch, wenn man an einem Ort wohnt, wo man neu erworbene Sprachkenntnisse direkt anwenden kann. Da lerne ich also ganz anschaulich beim Frühstück: naranja = Orange, aguacate = Avocado und elotes blanco = weißer Mais. Obwohl, da frag ich besser Makela nochmal. Mir kommt es vor, als müsste es elotes blancos heißen…
Alle sind super-freundlich im Supermarkt, abgesehen davon, dass sie nur ungern mit mir spanisch sprechen. Bin wohl zu langsam. Vor allem an der Kasse kommen sie lieber auf englisch schneller zur Sache. Manche freuen sich aber auch, wenn ich erkläre, daß ich spanisch lerne und üben muss. Die Gespräche auf spanglisch plus Zeichensprache verkürzen das Warten in der Schlange ungemein. Ich schau mit Begeisterung dem Supermarkt-Bäcker zu, der von morgens bis abends am sprichwörtlich laufenden Band Tortillas produziert und zwischendurch vor Kitschfarben strotzende rechteckige Cremetorten verziert. Überwältigt bin ich vom Bohnen-Angebot. Frijoles gibt es in viel mehr Farben und Formen, als ich mir je hätte träumen lassen. Die Kunden bedienen sich mit Riesenschaufeln aus Riesencontainern. Für das Einkaufen an der Fleischtheke bin ich nicht hartgesotten genug. Die Massen an Hühnerbrustfilet (pechuga de pollo sin hueso) und Steak (troso de res – müsste das nicht trozo heißen, Makela?), die da zu super-günstigen Preisen übereinander liegen, bereiten mir spürbares Unwohlsein. Irgendwie halte ich es besser aus, nicht über die Herkunft supergünstiger Limonen nachzudenken als über die Lebensbedingungen der Sparpreis-Hühner und -Rinder. Leider darf ich im Supermarkt keine Photos machen. Das würde ich gerne mal zeigen. Die Bohnen und die Fleischtheke und die verzierten Torten des Tortilla-Bäckers.
Makela möchte ja lieber, dass ich Zeitungen auf spanisch lese als Werbung. Am liebsten El Pais oder ähnlich Anspruchsvolles, weil deren Sprache besser ist als La Opinion aus Los Angeles. Ich lese lieber La Opinion. Weil es einfacher ist und ich besser mitbekomme, was die Latinos in Kalifornien und den USA beschäftigt. Da finde ich gleich Stoff für die nächste Geschichte!