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Rollmops und Rollenkoffer für Europa

Der Rollmops und die Bratzwiebel liegen mir immer noch im Magen. Dafür habe ich jetzt eine hellblaue Krawatte, ein Geschenk von Deutschland. Von Finnland hängt noch eine schrill-grüne im Schrank und eine orangerote vom Großfürstentum Luxemburg. Im Dezember kommt wahrscheinlich eine portugiesische dazu, mit Korkeichenmuster oder so.

Krawatten gelten offensichtlich als Zuwendungen unterhalb der Bestechungsgrenze. Früher haben die Regierungen bei den EU-Gipfeln noch richtige Geschenkpakete für die Journalisten geschnürt. Aus Amsterdam sind alle mit einem schicken Rollenkoffer nach Hause gekommen, die Iren haben uns Whiskey und Wildlachs mitgegeben, und in Wien haben einige im Hotel festgestellt, dass sie am Flughafen den falschen Koffer vom Rollband genommen hatten. Da hatten viele noch die Koffer aus Amsterdam, die alle gleich aussahen.

Die Geschenkhuberei war Teil des Reisezirkus, der die Brüsseler Journalisten alle halbe Jahre zum Europäischen Rat in irgendeine Hauptstadt lotste. Seit die EU-Gipfel der Einfachheit halber alle in Brüssel stattfinden, gibt es keinen Grund mehr für großartige Gastgeschenke. Eine Krawatte oder ein Halstuch, ein paar Schreibblocks und Gummibärchen, das ist es dann. Die wenigsten Journalisten sind darüber traurig. War doch etwas peinlich, wenn man im Pressesaal so in der Schlange stand, um den Rucksack oder die Aktentasche abzuholen. Aber liegenlassen wollte es auch niemand.

Der Rollmops und die Bratzwiebel sind von der Reisetradition übriggeblieben. Für die Gipfelverpflegung ist die jeweils gerade amtierende EU-Präsidentschaft zuständig, und die deutsche Regierung hat sich auf Rollmops festgelegt. Für 2000 Journalisten mit Zwiebel, für 27 Regierungschefs mit grüner Soße. Wird in der Gegend um Frankfurt viel gemacht: Ein paar Kräuter in den Mixer, draufdrücken, fertig ist das Hessen-Pesto.

Kulinarisch gab's schon schlimmere Präsidentschaften. Vor drei Jahren haben die Holländer in der Disziplin Miese-Küche sogar die Briten geschlagen. Den Haag ist zum Glück erst wieder 2016 dran, die Briten 2017. Die Sache ist ohnehin entschärft, seit die Gipfel in Brüssel tagen. Die EU-Präsidentschaft bestimmt, was auf den Tisch kommt, gekocht wird es von belgischen Köchen. Und richtig schlecht kochen, das können die Belgier nicht mal nach Rezept.

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