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Wieviel Internet-Zensur braucht China?

…..gar keine, denken die meisten von uns. Und deshalb freuen wir uns alle über  Googles Ankündigung, die chinesischen Zensurspielchen nicht mehr mitmachen zu wollen. Endlich sei Google auf „der richtigen Seite der Geschichte“, jubelt die China- und Internetexpertin Rebecca MacKinnon heute im Wall Street Journal.

Aber natürlich heißt das nicht, dass Internetnutzer in China jetzt auf einmal alles über das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens von 1989 lesen können. Oder über den Dalai Lama. Oder über die Charter 08. 

 Einen Tag nach der großen Google-News kann man bei „Gu Ge“ (das heisst so viel wie Korn- oder Erntelied und ist der chinesische Name von Google) unter google.cn zwar vielleicht mehr Suchergebnisse finden als früher – zum Beispiel Links zu den blutigen Bilder vom Juni 89. Aber die Seiten kann man innerhalb Chinas noch immer nicht öffnen. Denn die Filter, die die chinesischen Behörden in die Internet-Infrastruktur in China eingebaut haben – sowohl in die Hard- als auch in die Software  -, bleiben ja bestehen.

Und bestimmte Suchbegriffe bringen nach wie vor seltsame Ergebnisse. Ich habe das heute morgen ausprobiert. Auf der englisch-sprachige Seite von google.com werde ich unter dem Begriff „Human Rights in China“ sofort auf die Website der New Yorker Menschenrechtsorganisation verwiesen. Nicht so bei google.cn. Dort taucht die Website der Organisation in den Suchergebnissen gar nicht erst auf. Oder zumindest nicht auf den ersten drei oder vier Seiten.

Mmmh. Dabei steht doch selbst in der „Global Times“ heute drin, dass „die Informationsautobahn nicht nur sichere Fahrer braucht, sondern auch  freie Fahrt.“ Und weiter: „Der freie Fluß von Informationen sollte in einer Zivilgesellschaft Vorrang haben.“ Wow, ausgerechnet die „Global Times“, die doch zur „Volkszeitung“ gehört, die wiederum direkt der Kommunistischen Partei untersteht.

Aber natürlich ist die GT noch längst nicht zum Vorkämpfer der Meinungsfreiheit mutiert. Wäre ja zu schön. Weiter unten heisst es nämlich, „in einer Übergangsgesellschaft wie China ist Zensur gerechtfertigt.“ Nur wie viel, das ist offenbar strittig. Die Regierung müsse die „Vision“ haben, die „richtigen“ Kontrollmechanismen zur „richtigen“ Zeit aufzustellen. Was das in der Realität bedeuten soll, verrät das Blatt nicht. Schade. Man hätte doch zu gerne gewußt, was  das Maß an „richtiger“ Zensur sein sollte. Immerhin gesteht die GT noch ein, dass ein Rückzug von Google ein Riesenverlust für China wäre. 

 Ob Google.cn nun bleibt oder nicht, uns internationalen Pekingern bleibt auf jeden Fall noch der englische Google-Dienst. Nur,  auf die blockierten Seiten kommen wir damit auch nicht. Als da sind, um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen: http://googleblog.blogspot.com/ (dort findet man das Statement von Google),  Human Rights in China, Human Rights Watch, Amnesty International, Reporters Without Borders, Deutsche Welle, BBC Chinese Service, Voice of American, Radio Free Asia, China Digital Times, Uighur World Congress, China Labour Bulletin, International Campaign for Tibet, Students for a Free Tibet…..ach ja, und  Facebook und Twitter und  YouTube, und und und …..

Ist das das ‘richtige’ Maß an Zensur? Global Times, discuss!

 

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