NEU-DELHI, Montag, der 9. Oktober 2006
Britta Petersen
Ich trauere um Anna Politkowskaja. Nicht, dass ich sie gut gekannt hätte. Ich habe im vergangenen Jahr zusammen mit ihr, Seymour Hersh und Hans-Martin Tillack den Leipziger „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ erhalten. In den Tagen der Preisverleihung haben wir uns kennen gelernt: bei einem Abendessen in den Räumen der Leipziger Medienstiftung, auf einer Podiumsdiskussion und während der Abschlussparty im Leipziger Rathaus haben wir miteinander geredet. Sie sprach über die immer stärkere Einschränkung der Pressefreiheit in Russland. Über den Geldmangel ihrer Zeitung „Nowaja Gazeta“, über die Lebensgefahr, unter der sie arbeitete. Man hatte bereits einmal versucht, sie wegen ihrer kritischen Berichterstattung über den Tschetschenienkrieg zu vergiften. Sie wirkte müde und erschöpft in ihrem fuchsia-farbenen Kostüm, frühzeitig ergraut aber ungebrochen. Ein Hauch von Vergeblichkeit umgab sie.
Sie sprach davon, dass die Lebensgefahr zum Berufsrisiko des Journalisten gehöre. Ich empfand es als Ehre, diesen Preis zusammen mit ihr bekommen zu haben. Ich bewundere ihren Mut und ihre Kraft. Für mich gehört die Lebensgefahr nicht zum Berufsrisiko. Ich habe die Wahl, in Afghanistan zu arbeiten. Anna Politkowskaja hatte keine Wahl. Und keine Chance. Ihre Gegner waren zu mächtig. Nun haben sie sie zum Schweigen gebracht.
Von Menschen wie ihr hängt die Zukunft der Freiheit ab. Ich trauere um Anna Politkowskaja.
Und es geht weiter…
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,451782,00.html
NEU-DELHI, Mittwoch, der 21. April 2010
Britta Petersen
Was ist da los?
Litwinienko stirbt, die Hintergründe sind noch ungeklärt, nicht bestätigte Informationen verweisen in den Raum Russland…
Gazprom will nun auch von den Europäern einen rund 15 Prozent höheren Preis verlangen. Für mehrere GUS-Staaten wurde der Preis erheblich stärker angehomen, der Uraine wurde letzten Winter die Gaslieferungen vorübergehend gestoppt. Will Putin über Gas neue Kalter Krieg-Szenarien aufsetzen? Und wer kontrolliert Gazprom wirklich?…
Sistema will entweder bei der Telekom oder bei Vodafone einsteigen. Welcher Oligarch hegt hier welche Blütenträume?…
Vielleicht sehe ich ja derzeit weiße Mäuse. Aber ist es nicht so, daß die Politik zunehmend ihre Gestaltungsfähigkeit verliert und das Feld denen überlassen muß, die mit wesentlich mehr Macht, Geld und Skrupellosogkeit ausgestattet sind?…
Ich habe ein ungutes Gefühl, als kämen da Heuschrecken ganz anderer Dimension auf uns zu – von vorne freundlich, eleganz, eloquent und achteraus … na ja, vielleicht täusche ich mich ja auch.