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Zum Tode von Anna Politkowskaja

Ich trauere um Anna Politkowskaja. Nicht, dass ich sie gut gekannt hätte. Ich habe im vergangenen Jahr zusammen mit ihr, Seymour Hersh und Hans-Martin Tillack den Leipziger „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ erhalten. In den Tagen der Preisverleihung haben wir uns kennen gelernt: bei einem Abendessen in den Räumen der Leipziger Medienstiftung, auf einer Podiumsdiskussion und während der Abschlussparty im Leipziger Rathaus haben wir miteinander geredet. Sie sprach über die immer stärkere Einschränkung der Pressefreiheit in Russland. Über den Geldmangel ihrer Zeitung „Nowaja Gazeta“, über die Lebensgefahr, unter der sie arbeitete. Man hatte bereits einmal versucht, sie wegen ihrer kritischen Berichterstattung über den Tschetschenienkrieg zu vergiften. Sie wirkte müde und erschöpft in ihrem fuchsia-farbenen Kostüm, frühzeitig ergraut aber ungebrochen. Ein Hauch von Vergeblichkeit umgab sie.

Sie sprach davon, dass die Lebensgefahr zum Berufsrisiko des Journalisten gehöre. Ich empfand es als Ehre, diesen Preis zusammen mit ihr bekommen zu haben. Ich bewundere ihren Mut und ihre Kraft. Für mich gehört die Lebensgefahr nicht zum Berufsrisiko. Ich habe die Wahl, in Afghanistan zu arbeiten. Anna Politkowskaja hatte keine Wahl. Und keine Chance. Ihre Gegner waren zu mächtig. Nun haben sie sie zum Schweigen gebracht.

Von Menschen wie ihr hängt die Zukunft der Freiheit ab. Ich trauere um Anna Politkowskaja.

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