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Transportwende mit chinesischer Hilfe

 

Santiago de Chile (epd). Große Show am Hauptbahnhof von Chiles Hauptstadt Santiago: Zur Einweihung des neuen Schnellzugs in Richtung Süden ist auch Transportminister Juan Carlos Muñoz erschienen. „Der neueste und schnellste Zug Südamerikas“, sagt er sichtlich zufrieden. Die chilenische Regierung braucht gute Schlagzeilen – und die lieferten das Bauwerk des chinesischen Eisenbahnherstellers CRRC und die freudigen ersten Fahrgäste am vergangenen Wochenende.

Chile baut seinen elektrischen Nah- und Fernverkehr aus. Auch in der Smog-gebeutelten Hauptstadt tue sich viel, sagt Regierungssprecherin Camila Vallejo dem Evangelischen Pressedienst (epd) während der Einweihungsfahrt des Schnellzugs. „Mittlerweile haben wir in Santiago die größte elektrische Busflotte außerhalb Chinas.“

Fahrgästin Carmen Garcés zeigt sich glücklich über diese Entwicklung. „Meine Eltern arbeiteten ihr ganzes Leben bei den Staatsbahnen.“ Einst verband die Eisenbahn das ganze Land, das sich über mehr als 4.200 Kilometer an der südamerikanischen Pazifikküste erstreckt. Fast jedes Tal erreichte man mit dem Zug. Bis die Diktatur (1973 – 1990) der Bahn die Mittel entzog und stattdessen den Einsatz von Bussen und Lkw förderte.

Nun soll das Rad der Geschichte umgedreht werden, „nicht nur aus Nostalgie, sondern mit Blick in die Zukunft“, sagt Regierungssprecherin Vallejo. Der neue Zug fährt mit maximal 160 Kilometern pro Stunde bis ins 200 Kilometer entfernte Curicó. Ziel ist es, den Zug weitere 200 Kilometer bis nach Chillán fahren zu lassen, doch Stürme im chilenischen Winter zerstörten Teile der Infrastruktur, die derzeit wieder aufgebaut wird.

Chiles engster Partner bei der Transportwende ist China: Seit 2012 gewinnen fast nur chinesische Anbieter die Ausschreibungen für Bahnen und elektrische Busse. Angesichts der allgemeinen Wirtschaftszahlen sei dies nicht erstaunlich, meint der Wirtschaftswissenschaftler Santiago Rosselot. „In den vergangenen 20 Jahren hat China die EU als einen der wichtigsten Handelspartner abgelöst.“ 2002 nahm die EU demnach 20 Prozent des Handelsvolumens der chilenischen Wirtschaft ein und China sieben Prozent. Inzwischen komme die EU nur noch auf sieben Prozent und China auf 39 Prozent, sagt Rosselot, der Teil des gewerkschaftsnahen Think-Tanks Fundación Sol ist und für die Heinrich-Böll-Stiftung die Rolle Chinas in Chile untersuchte.

Für den Ausbau der Beziehungen reiste im Oktober 2023 eine mehrköpfige Regierungsdelegation nach China und besuchte dort Unternehmen und staatliche Akteure, darunter Transportminister Muñoz. Er besichtigte die Fabrik des staatlichen und weltweit größten Zugproduzenten CRRC.

Die europäische Industrie läuft derweil Sturm gegen die Konkurrenz aus China. Ende September legte das spanische Unternehmen CAF eine Beschwerde beim chilenischen Gerichtshof für freien Wettbewerb ein. Grund war eine Ausschreibung für 32 neue Regionalzüge für den Großraum Santiago, bei der CAF gegen CRRC unterlag. CAF zufolge hat CRRC auf Basis unlauterer Subventionen ein über 40 Prozent günstigeres Angebot eingereicht, was die allgemeinen Marktregeln unterwandere. Das chilenische Eisenbahnunternehmen verneinte, das Urteil des Gerichts steht noch aus. „In Chile herrscht Technologiefreiheit, wir schreiben Aufträge aus und alle können sich bewerben“, sagt Regierungssprecherin Vallejo.

Rosselot beurteilt diese Entwicklung weniger kritisch. Es lasse sich zwar feststellen, dass staatliche chinesische Unternehmen versuchten, in gewissen Bereichen eine Monopolstellung zu erhalten. Doch sie agierten dabei kaum anders als europäische oder US-amerikanische Konzerne. „Das Problem bleibt das Gleiche“, schlussfolgert Rosselot. „Chile verkauft Rohstoffe und kauft fertige Produkte, wobei kaum Wissenstransfer stattfindet.“

Auch unter den Fahrgästen im Schnellzug ist die Herkunft des Zuges Thema. Lina Hartmann und Benjamín Valleres, die sich in Deutschland kennengelernt haben, zeigen Verständnis dafür, dass Chile den günstigsten Anbieter wählte. Doch man müsse aufpassen, dass daraus keine Abhängigkeit entstehe. „Wir dürfen keine Schulden bei China aufnehmen, wie dies etwa Argentinien, Venezuela oder zentralamerikanische Staaten bereits gemacht haben“, sagt Valleres.

 

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Coronavirus-Pandemie: Die Folgen in der Welt

 

Die Corona-Krise hat noch wichtiger gemacht, was uns Weltreporter auszeichnet: Wir sind schon da, wohin andere erst reisen müssen – und genau das jetzt nicht mehr können. Quarantäne, geschlossene Grenzen, Reisebeschränkungen, Ausgangssperren – Reisen sind schwierig geworden, nicht nur ins Ausland, und auch für Journalisten. Wer zum Coronavirus jenseits der Landesgrenzen recherchieren will, schaut ins Internet, telefoniert – oder beauftragt einen Weltreporter. Wir wissen, wie die Situation in vielen Regionen der Welt ist, denn wir arbeiten und leben dort.

Fabian Kretschmer berichtet aus China zur Öffnung der Stadt Wuhan und beschreibt, welche Auswirkungen die Krise auf die Blase des chinesischen Profifussballs hat. Anke Richter hat mit Deutschen gesprochen, die in Neuseeland festsitzen.

Sarah Mersch beobachtet, wie die Tunesier daraf reagieren, wenn Ausgangssperren plötzlich mit Drohnen überwacht werden.  Wolf-Dieter Vogel schreibt aus Mexiko, weshalb ein Essayband mit philosophischen Texten in der Coronakrise offenbar einen wichtigen Nerv trifft.

Haben Ihre Orangen etwas mit dem Coronavirus zu tun?

Vermutlich schon, schreibt Julia Macher, aus dem Brennpunkt-Land Spanien. Sie arbeitet in Barcelona und berichtet von dort unter anderem darüber, was sich Hotels einfallen lassen, wenn Touristen fehlen.

Bettina Rühl und Marc Engelhardt recherchieren im dem Kongo und in Genf, wie die Ebolakrise zu Ende geht – und was sich für die Corona-Pandemie daraus lernen lässt.

Bettina Ruehl weiß außerdem, wie ein gespensticher Flughafen aussieht, sie war im Terminal von Nairobis Airport, als dort die letzten internationalen Flüge landeten. Im Deutschlandfunk berichtet sie an diesem Wochenende gemeinsam mit Südafrika-Weltreporterin Leonie March und anderen Korrespondenten über die Situation in Afrika.

Wie sich das Virus in Townships und Slums in Südafrika ausbreitet, schildert Leonie March außerdem in einem Korrespondentengespräch mit dem SWR.

Warum die Australier derzeit nicht sonderlich gut auf Kreuzfahrer zu sprechen sind – und wie es aussieht wenn Strände geschlossen werden – habe ich in einem kurzen Länder-Update zusammengestellt. In Brüssel fragt sich Eric Bonse, wann die EU-Staaten den “Exit” aus der Coronakrise vorbereiten?

So aktuell wie es uns möglich ist, halten wir Weltreporter Sie aus mehr als 100 Ländern auch über unsere Weltreporter.net-Facebookseite und unseren Twitter-Kanal auf dem Laufenden.

Bleiben Sie gesund, bleiben Sie demokratisch, bleiben Sie informiert.

 

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Zum Tode von Liu Xiaobo: So wurde er 2010 in Abwesenheit mit dem Friedensnobelpreis geehrt

 

Ein leerer Stuhl, eine rotes Kleid, heruntergelassene Rollläden – so symbolisch wie 2010 war die Zeremonie zur Verleihung des Friedensnobelpreises wohl selten. Damals sollte der chinesische Dichter und Dissident Liu Xiaobo geehrt werden, vor Oslo in Oslo wurde deutlich, welche Bedeutung der aktuelle Tträger des Friedensnobelpreises für die internationale Politik hatte. Aus Anlass seines Todes mein damaliger Bericht aus Oslo (und hier geht es zu meinem damaligen Artikel für Die Welt):

“Wie jedes Jahr sind auch an diesem 10. Dezember internationale Persönlichkeiten und hochrangige Vertreter der mächtigsten Staaten in das Rathaus der norwegischen Hauptstadt gekommen. Vor dem monumentalen Backsteinbau dicht am Hafen liegt Schnee, die Luft ist trocken und kalt – das Thermometer zeigt minus 11 Grad. Die geladenen Gäste gehen seit 12 Uhr ins Rathaus rein, korrekt nach Zeitplan betritt 59 Minuten später das Königspaar den Mittelgang und setzt sich ganz nach vorne auf zwei dort platzierte Stühle, schräg dahinter Botschafter, Menschenrechtsaktivisten, Politiker – rund 1000 Menschen sind anwesend.

Doch ganz vorne auf dem Podium bleibt ein Stuhl leer. Die Hauptperson ist abwesend. Liu Xiaobo, der mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis geehrt wurde, ist nur durch ein Foto vertreten. Lächelnd zeigt ihn das riesige Bild, das an der Wand hängt. Doch er selber sitzt gefangen in China.

Nicht einmal ein Familienmitglied durfte nach Nordeuropa kommen und statt seiner den Preis annehmen. Deshalb wird der Friedensnobelpreis dieses Jahr zum zweiten Mal in seiner Geschichte nicht ausgehändigt.

Und deshalb spricht Torbjørn Jagland, Vorsitzender des Nobelkomitees und norwegischer Parlamentarier, nur über, aber nicht zu Liu Xiaobo. Gleich zu Anfang seiner Rede sagt er den simplen Satz „Wir gratulieren Liu Xiaobo zum diesjährigen Friedensnobelpreis“. Kaum sind die Worte gefallen bricht heftiger Applaus aus, der schnell in stehende Ovationen übergeht. Diese Art der Unterstützung ist nicht üblich am 10. Dezember in Oslo. Natürlich wurde auch in den anderen Jahren applaudiert, aber es nicht aufgestanden.

Ganz vorne im Mittelgang steht Königin Sonja und klatscht in die Hände. Sie trägt ein rotes Kleid – obwohl die Heimat des Preisträgers die Zeremonie boykottiert und keinen Regierungsvertreter geschickt hat, ist die Nationalfarbe Chinas im Osloer Rathaus also unübersehbar.

Statt des Preisträgers hält Liv Ullmann eine Art Ersatzdankesrede und liest einen Text von Liu Xiaobo vor. Nicht irgendeinen, sondern seine Verteidigungsrede, gehalten vor einem Gericht in China im Dezember 2009. „Meinungsfreiheit ist die Grundlage der Menschenrechte, die Quelle der Humanität und die Mutter der Wahrheit. Freiheit zu strangulieren bedeutet die Menschenrechte mit Füßen zu treten, Menschlichkeit zu ersticken und die Wahrheit zu unterdrücken“, trägt Ullmann Liu Xiaobos Worte vor.

Liu Xiaobo hat sein Beharren darauf seine Meinung zu sagen bereits mehrfach ins Gefängnis gebracht. Derzeit sitzt er in Haft, weil vor zwei Jahren von ihm und etlichen anderen Intelektuellen die Charta 08 präsentiert wurde. Die Unterzeichner forderten in ihrem Land grundlegende Menschenrechte ein. Genug für die Machthaber Liu Xiaobo als zentrale Person im Jahr darauf zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe zu verurteilen. Man habe an ihm ein Exempel statuieren wollen und durch die Verurteilung einer der zentralen Akteure andere abschrecken wollen ähnliches zu tun.

Liu Xiaobo hat sich gewünscht, dass diese seine Worte vom Prozess vor einem Jahr nun in Oslo nochmals verlesen werden, denn so wendet er sich an die Öffentlichkeit. Immerhin, diesen Wunsch nach draußen zu tragen, konnten die chinesischen Behörden nicht verhindern.

In Oslo gibt sich die Volksrepublik zugeknöpft. Zwar werden auf der Homepage der Botschaft jede Menge Statements gegen die Preisverleihung veröffentlicht, doch niemand geht in der Vertretung des Landes ans Telefon. Stünden nicht die Autos vor dem Botschaftsgebäude im noblen Westen der norwegischen Hauptstadt und wären da nicht die frischen Spuren im Schnee, man könnte meinen, China hätte sich aus Norwegen zurückgezogen.

An allen Fenstern sind die Rollläden heruntergelassen, kein Mensch ist zu sehen. Das sah am Vortag noch anders aus. Donnerstag waren immerhin die chinesischen Regimegegner zur Stelle und protestierten vor der Botschaft für Liu Xiaobo. Mit dabei war Leung Kwok-hung, regimekritischer linker Politiker aus Hong Kong. Am Tag der Zeremonie steht er vor dem Osloer Rathaus und ruft mit anderen Chinesen im Chor „Release Liu Xiaobo“ (Lasst Liu Xiaobo frei) und „Democracy for China“ (Demokratie für China). Sie halten ein Spruchband und ein Schild mit dem Foto des Preisträgers in den Händen. Es ist keine große Gruppe an Demonstranten, die sich da zusammengefunden hat, aber sie kriegen jede Menge Aufmerksamkeit von Polizei und Presse und die einflussreichen Geladenen, die keine hundert Meter entfernt zur Zeremonie ins Rathaus laufen, hören die Rufe noch. „Man darf niemals aufgeben“, sagt Leung Kwok-hung. Er glaubt nicht, dass Liu Xiaobo alsbald freikommt, aber ist zuversichtlich, dass seine Rufe nicht überhört werden. „Ich bin auch zur Zeremonie eingeladen, glaube aber, dass ich mehr bewirken kann, wenn ich hier draußen stehe und demonstriere“, sagt er.

Protestler Leung Kwok-hung und Preisträger Liu Xiaobo sind nicht die einzigen Geladenen, die nicht ins Osloer Rathaus gekommen sind. Selbstverständlich hat China keine offiziellen Vertreter geschickt. Das mächtige asiatische Land hat sich aber auch bemüht, möglichst viele andere Staaten dazu zu bringen, der Preiszeremonie fernzubleiben. Bei siebzehn weiteren war Liu Xiaobos Heimatland erfolgreich. Unter anderem kamen die Vertreter Russlands, Vietnams und Kasachstans nicht. Anders als Liu Xiaobo haben sie aber die Wahl gehabt, hätten kommen können. Doch statt durch Anwesenheit setzen sie lieber durch Abwesenheit ein Zeichen. Es ist ein stiller Protest, eine unsichtbare, aber wahrnehmbare Solidaritätserklärung mit der chinesischen Regierung. Wirtschaftliche Gründe dürften dabei eine große Rolle gespielt haben.

Auch Teile der norwegischen Wirtschaft hatten die Wahl Liu Xiaobos anfangs kritisiert. Wie für so viele andere Länder ist China auch für Norwegens Unternehmen in erster Linie ein großer Markt. Die Wirtschaftszeitung „Dagens Næringsliv“ stützte am gestrigen Tag der Preisverleihung in ihrem Leitartikel die Entscheidung des Nobelkomitees. Norwegen habe zwar schon eine Strafe zu spüren bekommen, nämlich den Aufschub eines Freihandelsabkommens. „Aber genau deshalb ist der diesjährige Friedenspreis so wichtig und so richtig. Wenn ökonomische und strategische Interessen die Wahl des Kandidaten diktieren, gibt es eine große Gefahr, dass der Friedenspreis seine Bedeutung verliert“, heißt es in dem Leitartikel. Der diesjährige Preis handle von so etwas grundlegendem wie, dass niemand wegen seiner Meinungen im Gefängnis sitzen solle. „Das ist ein Prinzip, das wir verteidigen müssen, unabhängig davon, wieviel es kostet“, so der Kommentator.

Bereits viermal zuvor hatte ein Geehrter nicht nach Oslo kommen können, um den Preis anzunehmen. Doch selbst die Diktaturen in Polen, der Sowjetunion und Burma konnten nicht verhindern, dass Verwandte von Andrej Sakharov, Lech Wales und Aung San Suu Kyi den Preis entgegennahmen.

Deshalb wird China dieser Tage immer wieder gleichzeitig mit der Nazidiktatur in Deutschland genannt. Denn Deutschland unter Hitler ist der andere Staat, der einen Preisträger nicht aus der Gefangenschaft entlassen wollte, um nach Norwegen zu reisen.

Carl von Ossietzky, der 1936 den ihm im Jahr zuvor anerkannten Nobelpreis entgegennehmen sollte, saß damals im Konzentrationslager. Wie China heute, so versuchte Deutschland damals, möglichst viele von der Teilnahme an der Zeremonie in Oslo abzuhalten. Diese Parallele wird von den Medien immer wieder aufgegriffen, das Nobelkomitee aber hält sich mit diesem Vergleich zurück. Chinas Gebahren mit dem Hitlers zu vergleichen könnte zu sehr danach aussehen die beiden Regime auch nur ansatzweise gleichzusetzen.

Dafür erinnert Jagland daran, dass selbst der Iran im Jahr 2003 die damalige Preisträgerin, die iranische Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi, nicht daran gehindert habe, nach Oslo zu reisen, ja, damals sogar der iranische Botschafter in Norwegen zur Zeremonie gekommen sei. Solche Mahnungen müssen der chinesischen Führung, die international sonst besseres Ansehen genießt als die iranische, wehtun und – so hofft Jagland vermutlich – sollten ihr zu denken geben. Gleichzeitig lobte er China für die enorme wirtschaftliche Entwicklung, die das Land durchgemacht hat. Es müsse sich aber auch sonst öffnen, mahnt Jagland an.

China wird die Rollläden an der Botschaft in Oslo irgendwann wieder öffnen müssen, vielleicht darf dann auch Liu Xiaobo Medaille und Preisgeld abholen. Wenn er seiner Frau davon dann als erstes ein Kleid rot wie das der norwegischen Königin kauft, so wäre es nicht nur ein Liebesbeweis an seine langjährige Partnerin, sondern auch an China und die Freiheit.”

 

 

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Atemmasken zum Neujahrsfest

 

Es gibt einen neuen Geschenkehit zum chinesischen Neujahrsfest: Atemmasken. Wo sonst vor allem rote Umschläge mit Geld oder edle Früchte und andere Speisen verschenkt werden, gehts jetzt auch um Dinge zur Förderung der Gesundheit. Seit Wochen hängt eine dicke Smogwolke über dem Land, und darüber freuen sich ein paar gewitzte Unternehmer, die ihre Masken gezielt zum Neujahrsfest in zwei Wochen anpreisen. So stellen zum Beispiel Apotheken die Masken, sonst irgendwo hinten im Lager platziert, nun vorn ins Schaufenster – gleich mit Werbung: Speziell gegen PM2,5, also Feinstaub, seien die Masken. PM2,5 – was in Deutschland Feinstaub heißt – ist auch in China heute das Hauptreizwort im Zusammenhang mit dem Smog. Auch teure Lufreiniger werden angepriesen, die sich früher kaum ein Mensch gekauft hätte.

Schon immer seien chinesische Geschäftsleute gut darin gewesen, aus Krisen prima Geschäftsideen zu generieren, schreibt die staatliche Zeitung China Daily (link). Für die derzeit zig Millionen Wanderarbeitern bevorstehende beschwerliche Eisenbahnreise in ihre Heimatdörfer zum Neujahrsfest dachte sich ein Unternehmer eine Art Schlafhaube aus. Sie sieht aus wie ein Kesselwärmer mit einem Loch zum Atmen um die Nase und Löchern über dem Kopf, in die man die Arme stecken und verschränken kann. Keine Ahnung, wer so schlafen kann. Aber besser als nichts, so ist es wohl. Im Laufe eines Skandals um Babymilchpulver Ende 2008 stiegen viele Firmen ganz schnell in den Milchpulver-Import ein. Und als ein Skandal um recyceltes Speiseöl für Aufregung sorgte, erfanden Unternehmer ein angebliches “Schmutzöl-Testpapier” und verdienten einen Haufen Geld damit.

Leider hat noch keiner eine Windmaschine erfunden. Vor drei Tagen blies ein steifer Nordwind aus Sibirien, und die Feinstaub-Werte lagen zack auf unter 50, dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation. Doch seither herrscht wieder Windstille, und alles wieder auf Anfang; die Werte schrauben sich ohne Wind sofort unerbittlich hoch. Ab 250 werden Aktivitäten im Freien eingeschränkt – zB alle Sportveranstaltungen unserer Kinder abgesagt. Heute morgen haben wir 425. Fast schon Routine in diesen Tagen.

 

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Diplomat ohne Ruhestand: Egon Bahr über Taiwan (Video-Interview)

 

Auch außerhalb Taiwans finden sich interessante Themen. Neulich in Berlin war es mir gelungen, den 90-jährigen Egon Bahr über seine Taiwan-Reise zu befragen.

Man nennt ihn „Tricky Egon“, weil er durch unermüdliches Verhandeln und geschicktes Taktieren immer wieder scheinbar Unmögliches erreicht hat: Egon Bahr prägte den Begriff „Wandel durch Annäherung“. Seine „Politik der kleinen Schritte“ führte in den 70er Jahren zur allmählichen Annäherung zwischen Ost und West und machte den kalten Krieg ein gutes Stück weniger gefährlich.

Egon Bahr

Mit 90 Jahren verfolgt Bahr heute noch immer gespannt, was sich in der Welt tut. So war er im Dezember 2011 eine Woche nach Taiwan gereist, auf Einladung der Regierung. Von dem Mann, der zur Zeit der deutschen Teilung so erfolgreich zwischen den Fronten vermittelt hatte, erhoffte man sich offenbar Anregungen fürs Verhältnis zwischen Taiwan und China.

In Berlin rief ich in der SPD-Parteizentrale an und schilderte einer Mitarbeiterin der Presseabteilung, die auch Bahrs Terminkalender verwaltet, mein Anliegen. Ergebnis: Obwohl Bahr gerade erst seinen Geburtstag und eine Reihe Empfänge und Ehrungen hinter sich gebracht hatte, saß ich ihm nur zwei Tage später an seinem Schreibtisch gegenüber, in einem hellen Büro irgendwo in den langen Korridoren des Willy-Brandt-Hauses.

In dem Gespräch ging es dann genauso um die große Weltpolitik (China vs. USA) wie um das kleine Taiwan. Das Interview mit Egon Bahr als Video:

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Ein Transkript des Gesprächs und weitere Informationen stehen hier: Egon Bahr über Taiwan

Was er denn als nächstes vorhabe, fragte ich den 90-Jährigen, während ich meine Sachen zusammenpackte. „Ein Buch schreibe ich noch darüber, was in der EU gerade passiert.“ Da laufe so unfassbar viel schief. „Und danach kann ich in Ruhe verblöden.“

Was macht Taiwan so besonders, und wie lebt es sich in der einzigen Demokratie, in der Chinesisch Landessprache ist? Über meinen ungewöhnlichen Alltag habe ich ein kleines Buch geschrieben und mit vielen Fotos garniert.

Buch von Klaus Bardenhagen: Tschüß Deutschland, Ni hao Taiwan

Sie können einen Blick in mein Buch über das Leben in Taiwan werfen und es bestellen – gedruckt oder als e-Book im EPUB-Format für weniger als vier Euro.

berichtet seit 2009 aus Taiwan. Erfahren Sie mehr unter taiwanreporter.de oder folgen Sie ihm per Facebook und Twitter.

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