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Der Zeitungsverkäufer ist guter Laune – obwohl er heute am Feiertag arbeiten muss. „Neun von zehn Parisern haben für Emmanuel Macron gestimmt“, sagt er erfreut und ist stolz auf seine Stadt. Er sei erleichtert über das Wahlergebnis. „Das ist ein Sieg für die Republik und für Europa.“ Der symbolhafte Auftritt Macrons mit der Europahymne „Ode an die Freude“ vor dem Louvre habe ihm gefallen nach den vergangenen Wahlkampfwochen voller Aggressionen und Hassparolen. Doch dann runzelt er die Stirn und sagt: „Wir haben ja leider noch den dritten und vierten Wahlgang vor uns.“
Er meint damit, dass im Juni noch die beiden Wahlgänge der Parlamentswahlen bevorstehen. Wird Macron mit seiner Bewegung „En marche“ es dann auch schaffen, eine Regierungsmehrheit zu holen? Eine erste Umfrage von Ipsos/Sopra Steria hat ergeben, dass 61 Prozent der Franzosen nicht wollen, dass der neue Präsident mit seiner Partei in der Nationalversammlung eine absolute Mehrheit hat. Wird der neue Präsident tatsächlich die Macht haben, seine Reformen durchzusetzen oder werden ihn die Franzosen ausbremsen, weil sie ihm einen Premier aus einem anderen Lager zur Seite stellen? Macron habe erst gewonnen, wenn er am 18. Juni eine Mehrheit habe, kommentierte ein Politologe am Wahlabend.
Tatsächlich geht der Wahlkampf schon längst weiter. Politiker der traditionellen Parteien bringen im Fernsehen ganz schnell ihre Glückwünsche für den neuen Präsidenten über die Lippen, um dann für sich zu werben. Der stramme Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon von „La France insoumise“ sprach bereits von „résistance“, Marine Le Pen will den Front National umbauen und sieht ihre rechtsextreme Partei als erste Oppositionspartei im Land. Die Republikaner sinnen auf Rache – hatten sie doch vor einem halben Jahr bereits an den sicheren Sieg geglaubt. Und auch die Sozialisten wollen Macron „keinen Blankoscheck ausstellen“.
Zudem machen folgende Zahlen deutlich, dass Macrons weiterer Marsch kein leichter sein könnte: Zwar hat er 66,1 Prozent der gültigen Stimmen erhalten. Aber nur 44 Prozent der eingeschriebenen Wahlberechtigten haben für ihn gestimmt, 22 Prozent für le Pen, 25 Prozent sind nicht zur Wahl gegangen, neun Prozent der Wähler haben einen weißen Zettel in den Wahlumschlag gesteckt oder einen ungültigen Stimmzettel – das ist ein Rekord. Und klar ist auch: Sehr viele Wähler haben am Sonntag für die Republik gestimmt und gegen die rechtsextreme Le Pen, nicht unbedingt für Macrons Wahlprogramm.
Und dennoch: Der jüngste Präsident Frankreichs macht vielen Franzosen Hoffnung. Immer wieder ist von einem Generationswechsel die Rede, von einer Chance für die jungen Franzosen. Vor vier Jahren hatte noch niemand diesen Mann auf dem Schirm. Dass er jetzt Präsident ist, grenzt in diesem fest gefügten Politik-System an ein kleines Wunder. Wer das geschafft hat, der sorgt vielleicht noch für andere Überraschungen.