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Sportgespräch vor Olympia: Hürden-Legende Edwin Moses über seine Karriere, Doping und Rassismus in den USA

 

Edwin Moses dominierte seinen Sport wie niemand anders vor oder nach ihm. Über 400 Meter Hürden blieb er in 122 Rennen hintereinander ungeschlagen. Er gewann zwei Goldmedaillen und zwei Weltmeisterschaften. Ohne den US-Boykott der Olympischen Spiele in Moskau verhinderte, hätte der Leichtathlet ziemlich sicher 1980 eine weitere Goldmedaille bekommen. Doch vier Jahre später stand er in Los Angeles wieder ganz oben auf dem Siegerpodest. In Los Angeles habe ich Edwin Moses auch getroffen, genauer gesagt: in der deutschen Künstlerresidenz Villa Aurora. Dort stellte er einen Dokumentarfilm vor, der mit Hilfe deutscher Förderung gedreht wurde: Moses 13 Steps – nach den Schritten, die er zwischen jeder Hürde rannte. Ich habe ihn gefragt, welche Hindernisse er überwinden musste für seine Karriere, und was davon er unbedingt in der Dokumentation erzählen wollte.

E.M.: Ich war neun, zehn Jahre alt als ich zum ersten Mal gelaufen bin. Das war 1964/65. Ich erinnere mich, wo ich war, als Kennedy erschossen wurde. Malcolm X. Robert Kennedy. Das Gesetz gegen Rassentrennung wurde verabschiedet. Es gab den Vietnamkrieg. Die Olympischen Spiele mit dem Power Salute von Tommy Smith und John Carlos. Da war ich 13, 14 Jahre alt. Es ist wichtig zu bedenken, dass ich ein Schwarzer in Amerika bin. Ich war der erste in unserer Familie, der mit Weißen auf eine Schule ging. Mich in Umstände zu begeben, in denen schwarze Männer nicht willkommen sind, hat mich stärker gemacht. Es war auch ein Grund, warum ich gewinnen wollte. Als ich anfing zu gewinnen, wurden mehr Menschen auf mich aufmerksam. Für manche wurde ich zum Helden. Das war ein Reiz für mich, zu laufen.

 

 

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Der Königsmacher

 

Zeitgleich mit Deutschland haben wir im Land der grünen Hoffnung gewählt, und genauso perplex sind wir jetzt. Die AfD hat es auch bei uns aufs Podium geschafft, nur heißt sie hier NZ First. Ist gleich: Winston Peters. Der Anführer der Rechten, die sich als Zentristen sehen, ist eine One-Man-Show mit Dauerpublikum – und Neuseelands Königsmacher. Ende dieser Woche, wenn die letzten Stimmen aus dem Ausland gezählt sind, will er sich endlich entscheiden, mit wem er ins Parlamentsbett steigt. Solange spielt er Diva.​

Da Winston Peters das Zünglein an der Waage der neuen Regierungsbildung ist, becircen ihn zur Zeit gerade Labour- und National-Partei. Das grelle Rampenlicht nutzt der Populist jetzt, um die ach so bösen Medien zu verteufeln, die sich so gar nicht damit abfinden wollen, dass er ein xenophober Rassist ist. Da hilft auch nicht, dass er Maori ist und sogar mal neuseeländischer Außenminister war. Indigene Abstammung und internationales Parkett schützen eben nicht vor Ausländerhass. Oder genauer gesagt: Asiaten-Bashing.​

Der Frauenheld und Sprücheklopfer, trinkfreudig und stets gut frisiert, legte schon einst bei der Wahl 1996 seine wahre Gesinnung bloß. Chinesische und koreanische Einwanderer bezeichnete er als „Asian Invasion“, die gelbe Flut. Neuseeland sei die „letzte asiatische Kolonie“ und bald „nicht mehr wiederzuerkennen“. Laufe man die Dominion Road in Auckland entlang, müsse man sich fragen, ob man nicht im Ausland gelandet sei – nur chinesische Lokale. Hallo, Pegida!​

Peters ist zwar kein Freund anderer Kulturen, hat aber ein Herz für den „besten Freund des Menschen“. Hundezüchter, die Tiere nach Asien importieren, wo sie als Aphrodisiakum verspeist würden, nannte er „Monster“. Und gegen die „importierte kriminelle Aktivität“ von Einwanderern, die „Chaos“ im heilen Aotearoa erzeuge, forderte er eine Polizei-Spezialeinheit.​

Als Winston Peters Neuseeland als Außenminister vertrat – nicht der ideale Job für Fremdenfeinde – da schwieg er, als sein damaliger Stellvertreter einer Parlamentarierin zurief: „Geh zurück nach Korea!“ Er schwieg auch, als ein anderer NZ-First-Abgeordneter gegen „frauenfeindliche Höhlenmenschen aus Wongistan“ wetterte.​ Er meinte Moslems.

Die Liste geht weiter, getopt durch Peters‘ legendären Scherz „Two Wongs don’t make a white“ („zwei Schlitzaugen machen keinen Weißen“) – eine total lustige Verdrehung von „two wrongs don’t make a right“. Es ging dabei um den zunehmenden Landbesitz von Chinesen in Neuseeland. Die Journalisten, die nicht mitlachen konnten, waren in den Augen des Spitzenpolitikers „die politisch-korrekte Nazi-Polizei“. Quasi Lügenpresse.​

Vorerst letzter Akt von Winston Peters, bevor er die neue Regierung mitbestimmen darf: Er will verhindern, dass Sikhs in seiner Heimat mit einem traditionellen Dolch herumlaufen können. Da hört für ihn Religionsfreiheit auf. Jetzt warten wir darauf, dass er eine Jagdhund-Krawatte trägt.​