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… in Bangkok. Gläubige Buddhisten und Hindus aus aller Welt besuchen den Erewan-Schrein im Zentrum von Bangkok, der dem hinduistischen Gott Brahma gewidmet ist. Sie bitten um Geld, Liebe, beruflichen Erfolg, aber auch um Gesundheit und Erleuchtung. Bei größeren Wünschen kann man eine Tanztruppe anheuern, die – begleitet von einem traditionellen Orchester – Tänze aufführt, um den Gott zu erfreuen.
Für den WELTREPORTER-Adventskalender hat Sascha Zastiral die Tanztruppe mit seinem Handy aufgenommen: „Der Schrein steht neben einer Hauptverkehrskreuzung, daher der recht bunte Soundtrack. Für eine Geschichte habe ich den O-Ton nie gebraucht. Ich war aber oft dort: An der Kreuzung, an der dieser Schrein steht, finden seit Jahren Proteste rivalisierender politischer Gruppen statt. 2010 sind hier bei Zusammenstößen mit der Armee Dutzende Menschen (die für demokratische Wahlen protestiert haben) getötet worden.“
Sascha Zastiral berichtet seit Anfang 2010 aus Bangkok und den Ländern der Region. Vorher hat er einige Jahre in Neu-Delhi gearbeitet. Er schreibt und produziert Radiobeiträge und Sendungen. Und Musik. Gerade macht er sich auch als DJ einen Namen.
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Die Ankündigung des Microblogging-Diensts Twitter, seine Inhalte in Zukunft auf Wunsch einzelner Staaten zu zensieren, dürfte viele autoritäre Regime gefreut haben. Was gibt es schon Schlimmeres, als Bürger, die sich frei über Machtverhältnisse, Korruption und die Gängelung Andersdenkender austauschen?
Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis sich Regierungen für die Entscheidung bedanken würden. Doch welcher Staat hat Twitters angekündigte Zensur als erster öffentlich begrüßt? Kuba? Usbekistan? Saudi-Arabien? Falsch. Es war Thailand.
Jeerawan Boonperm, Staatssekretärin im Ministerium für Information und Kommunikationstechnologie, nannte Twitters Entscheidung „eine willkommene Entwicklung.“ Sie fügte hinzu, dass es bereits mit anderen Internet-Unternehmen wie Google und Facebook „gute Kooperationen“ gebe. Die thailändische Regierung werde sich bald mit Twitter in Verbindung setzen.
Thailand hat einige der schärfsten Zensurgesetze der Welt. Auf dem Pressefreiheits-Index von Reporter Ohne Grenzen rangiert das Land auf dem 153. Platz von 178 Ländern. In den vergangenen Jahren haben die Behörden den Zugang zu zigtausenden Webseiten geblockt. Der Grund: Auf ihnen soll sich Kritik an Mitgliedern des Königshauses befunden haben.
Ein drakonisches Gesetz gegen „Majestätsbeleidigung“ verbietet jegliche Kritik an Mitgliedern der königlichen Familie. Öffentliche Debatten etwa über die zukünftige Rolle des Königshauses finden nicht statt. Denn Jeder, der aus Sicht der Justiz gegen das Gesetz verstößt, begeht damit ein Schwerverbrechen gegen den Staat. Die Mindeststrafe beträgt drei Jahre, die Höchststrafe 15 Jahre Haft – pro angeblicher Äußerung.
Erst vor wenigen Wochen hat ein Urteil weltweit für Aufsehen gesorgt. Ein krebskranker, 61 Jahre alter Mann wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil er vier SMS verschickt haben soll, in denen er die Königin kritisiert haben soll. Hunderte Thais sind seit dem Militärputsch 2006 wegen angeblicher Majestätsbeleidigung angeklagt oder verurteilt worden. Ihre genau Zahl ist nicht bekannt. Die Verfahren finden im Geheimen statt, die angeblichen Vergehen der Verurteilten werden nicht öffentlich gemacht.
Die thailändische Presse zensiert sich aufgrund der drohenden massiven Strafen selbst. Und auch ausländische Berichterstatter – einschließlich des Verfassers dieser Zeilen – stehen regelmäßig vor dem Dilemma: Kann ich das so schreiben? Vor wenigen Jahren haben die Behörden dem damaligen BBC-Korrespondenten Jonathan Head mit einer Anklage wegen Majestätsbeleidigung gedroht. Head hat das Land kurze Zeit später verlassen und wurde in die Türkei versetzt.
Doch es regt sich Widerstand. Mitte Januar forderten sieben Juristen der Thammasat-Universität eine Reform des Majestätsbeleidigungs-Paragraphen. Kurz zuvor hatten auch die UNO, die EU und die USA Thailand dazu ermahnt, das drakonische Gesetz zu entschärfen und Meinungsfreiheit sicher zu stellen.
Ihr Vorstoß brachte jedoch umgehend die Verfechter des Status Quo auf die Straße: Ultra-Monarchisten verbrannten vor dem Universitätsgebäude eine Puppe eines der Juristen und forderten die Festnahme der Gruppe. Kurz danach protestierten – ausgerechnet! – Journalistik-Studenten dafür, das Gesetz unverändert beizubehalten und alle Kritiker strafrechtlich zu verfolgen. Prayuth Chan-ocha, Thailands wortgewaltiger Armeechef, forderte jeden Thai, der das Gesetz kritisiert, dazu auf, das Land zu verlassen.
Das vielleicht Erstaunlichste an den derzeitigen Entwicklungen ist, dass die Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra, die nach einem Erdrutschsieg bei Wahlen im vergangenen Jahr ins Amt gekommen ist, in Sachen Zensur noch drastischer vorgeht als die vorherige Regierung des erklärten Monachisten Abhisit Vejjajiva. Yingluck ist die Schwester des 2006 aus dem Amt geputschten Ex-Premiers Thaksin Shinawatra. Einer der ausdrücklichen Gründe für den Putsch war damals sein angeblich „mangelnder Respekt gegenüber der Monarchie.“
Während der Proteste der Pro-Thaksin-„Rothemden“ 2010 gab sich der Ex-Premier und Selfmade-Milliardär, der im Exil in Dubai lebt, in Video-Liveschaltungen noch ganz klassenkämpferisch. Er polterte damals, er werde die „Prai“ (Unfreien) in ihrem Kampf gegen die Vorherrschaft der „Amart“ (Elite) anführen. 91 Menschen starben, als die Armee die Proteste kurze Zeit später niederschoss. Die meisten Angeklagten, denen drakonische Strafen wegen angeblicher Majestätsbeleidigung drohen, sind Rothemden oder stammen aus deren Umfeld.
Von dem beschworenen Kampf gegen die Elite ist seit dem Machtwechsel im vergangenen Jahr keine Rede mehr. Vize-Premier Chalerm Yubamrung ermahnte neulich gar alle thailändischen Facebook-Nutzer, dass sie Majestätsbeleidigung begingen, wenn sie auf monarchiekritischen Seiten den „Like“-Button drücken. Die „Verteidigung der Monarchie“ ist das erklärte oberste Ziel der Regierung, die Thaksin von Dubai aus steuert.
Es scheint, als wäre der Klassenkampf erst einmal verschoben worden.