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“Ausgeschlossen” – Buchpräsentation in Berlin

„Wir dachten eigentlich, die Zeit der Mauern wäre vorbei. Stattdessen haben wir bei unserer Recherche festgestellt, dass sie heute wieder das politische Mittel der Wahl sind: 60 neue Grenzzäune und Mauern sind seit 1990 errichtet worden. Zur Zeit des kalten Krieges waren es nur 19″, sagt Marc Engelhardt, Herausgeber des neuen Weltreporter-Buches „Ausgeschlossen – eine Weltreise entlang Mauern, Zäunen, Abgründen“. Gemeinsam mit Bettina Rühl (Kenia), Anke Richter (Neuseeland) und Wolf-Dieter Vogel (Mexiko) diskutierte er gestern in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin mit dem Publikum darüber, warum nicht nur Trump und Orban den Mauern-Trend bestimmen, dass viele Zäune Grenzverkehr und Schmuggel erst noch verstärken und warum manche Abgrenzungen auch Positives bewirken.

 

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16. 12. Mexiko: Schweinelende gespickt mit Pflaumen und Chili Chipotle

Gegrillte Heuschrecken, Hühnchen in Schokolade-Chile-Soße, Leguan-Tacos – zugegeben, der Speiseplan in meiner derzeitigen Heimat ist für Fremde etwas gewöhnungsbedürftig. Aber davon sollte man sich nicht abhalten lassen. (mehr …)

 

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Audio #2: Weltfremd oder inspirierend?

Naiv und weltfremd? Oder berührend und inspirierend? Seit drei Monaten ist unser Buch “Die Füchtlingsrevolution” im Handel. Kommentare, Lob und Kritik gab es seither reichlich, Reaktionen, die so spannend wie vielseitig waren. In unserem neuen Audio-Spezial hören Sie mehr dazu.

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Manche Zeitungen wie die FAZ haben unser Buch gleich zweimal rezensiert. Wir freuen uns auch darüber…

Viele Medien berichteten von den Lesungen, zu denen wir von Buchläden, Bibliotheken aber auch von vielen Schulen eingeladen wurden. Radiostationen rezensierten das Buch, zum Beispiel ‘B5 aktuell’, Deutschlandradio und  Bayern 2. Autorinnen und Autoren haben auf Lesungen in ganz Deutschland diskutiert, (hier ein Bericht von einer Lesung mit Philip Hedemann aus dem oberpfälzischen Pressath) und Fragen beantwortet.

Bei der offiziellen Buch-Vorstellung im taz-Café saß auch Ameena auf dem Podium, die junge Syrerin die Philip Hedemann auf ihrem Weg begleitete und die einen Prolog zu unserem Buch geschrieben hat. Im neuen Audio-Spezial 2 hören Sie Sie mehr darüber, wie das Leben der jungen Frau seither weiterging und lernen zwei ihrer Kinder kennen. Philip erzählt, warum Ameena unbedingt das Kanzleramt kennenlernen wollte. Und warum sie – trotz ihres Glücks darüber in Deutschland zu leben – während einer Lesung in Tränen ausbrach.

Angst auch nach 25 Jahren

Im Audio erfahren Sie, was Kerstin Zilms Interviewpartnerin Lidia Nunez empfand, als sie ihren Sohn nach 15 Jahren zum ersten Mal wieder umarmen konnte. Von einem anderen Weltende schaltet sich Bettina Rühl zu, sie läßt die Somalierin Haibo Abdirahman Muse zu Wort kommen, die schon 25 Jahre in einem kenianischen Flüchtlingslager lebt und trotzdem noch Angst hat.

Birgit Kaspar in Toulouse spricht  mit ihrer Interviewpartnerin Chantal Pulé, die ihr erzählt, ob sie nach all den Jahren in Paris, heute bereut aus dem Libaon geflohen zu sein.

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Birgit Kaspar und Marc Engelhardt lesen in Herne Foto: Claudia Korbik

Zu weit weg?

Herausgeber Marc Engelhardt erzählt im Audio #2 welche Inhalte auf Lesungen am häufigsten diskutiert werden und wie sehr viele deutsche Leser überrascht, das Fluchten auf der ganzen Welt passieren. Viele Gespräche nach den Lesungen drehen sich darum, was der Begriff ‘Revolution’ bedeuten soll. Marc Engelhard hat außer positivem Feedback natürlich auch kritische Meinungen gehört. Ein Leser wirft uns vor, als Auslandskorrespondenten zu weit entfernt von der deutschen Problematik zu sein. Marc Engelhardt: “Den Blick aus dem Ausland sehen wir eher als Qualität des Buches. Sicher kann man das kritisieren, ich glaube aber nicht, dass man das sollte. Wir sagen ja nicht, dass sich eine Lösung aus Südafrika oder anderen Ländern 1 zu 1 auf Deutschland übertragen lässt. Aber es hilft vielleicht, den Horizont zu erweitern und mit anderen Augen auf Situation in Deutschland zu blicken.”

Denn eines ist gewiss: Flucht wird als Phänomen zunehmen, Die Frage ist: wie gehen wir damit um.

In Lesbos bleiben die Tische leer

Lesbos: Die besten Tische bleiben leer.

Lesbos: Die Urlauber bleiben aus.

Im Audio #2 hören Sie auch von Alkyone Karamanolis, Weltreporterin in Athen, die sich gefragt hat: Wie geht es den Rettern heute? Fischer Konstantinos Pinderis, erzählt wie sich sein Leben auf der Insel Lesbos komplett verändert hat. Am idyllischen Hafen von Skala Sikamineas bleiben die Tische leer. Zwar landen dort keine Flüchtlingsscharen mehr wie 2015, doch die Touristen kommen ebenfalls nicht mehr. Sie scheinen ihre früheren Lieblingsinseln vergessen zu haben – zum Leid der Einheimischen, denen die Arbeit ausgeht.

Vergessen würden in meinem eigenen Berichtsgebiet Australien viele Politiker am liebsten die Situation der Flüchtlinge, die nach wie vor auf den Inseln Manus und in Nauru die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage erdulden. Menschen müssen dort seit Jahren als Abschreckung für künftige Boots-Migranten herhalten. Ich erzähle im Audio #2 darüber, wie schwer geschädigt die dort gestrandeten Männer, Frauen und Kinder durch die Inhaftierung sind, und dass ihre Zukunft trotz heftiger Proteste von Menschenrechtsorganisationen und anderen noch immer unklar ist.

img_9019Hören Sie rein, ich bin sicher, unser Audio Spezial # 2 macht Sie neugierig auf unser Buch Die Flüchtlingsrevolution, erschienen im August im Pantheon Verlag.

Auch wenn sie es bereits gelesen haben, erfahren Sie im Podcast einiges Neues. Zusammengestellt haben es die Weltreporter Kerstin Zilm, Leonie March, Randi Hauser und Sascha Zastiral.

 

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Darum höre ich vor 9 Uhr keine Nachrichten in den USA

Nur noch ein paar Stunden, dann wissen wir vermutlich, wer demnächst die USA regiert. Kalifornien entscheidet auch noch über 17 Themen per Volksabstimmung. Ich kann nach monatelanger Dauerbeschallung zum Thema Wahl keine Nachrichten mehr hören und schalte morgens erstmal weder Fernsehen noch Radio ein – seit einer Woche.  Mein Stück dazu für den Deutschlandfunk.

 

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“We want Jürgen!” US-Fußball-Fans in Klinsmann-Euphorie

Klinsi-Ultra-Fan

Seit Juli 2011 ist Jürgen Klinsmann Coach der US-Nationalmannschaft. Sein Anfang war etwas holprig, voller Experimente und deshalb auch mit einigen schwachen Spielen. Doch im Gegensatz zum Rest der Welt, wo das zur Ruck-Zuck-Entlassung des Trainers geführt hätte, bekam in den USA kaum jemand was mit vom schwachen Start. Die Stadien waren halb leer, nur eine Handvoll Reporter – davon mehr als die Hälfte von hispanischen Medien – berichtete darüber und die raren Fernsehübertragungen der Spiele schaltete sowieso kaum jemand ein. Trotzdem gab es einen Spieleraufstand – die alteingesessenen Profis fühlten sich übergangen und US-Spieler insgesamt ungerecht benachteiligt gegenüber Neuzugängen mit doppelter Staatsbürgerschaft aus Zentralamerika und Europa.

Doch jetzt ist alles anders und viel besser im US-Fußball, der hier ‘soccer’ genannt wird. 16 Mal haben die USA während der WM-Qualifikation gewonnen, davon zwölf sogar in Serie am Stück. Das gab’s noch nie in der Verbandsgeschichte. Sie haben den Gold Cup gewonnen und sich frühzeitig für die WM qualifiziert. Halb leere Stadien gibt es nicht mehr. Dafür sorgen die ‘American Outlaws’ – eine Fanorganisation, die vor ein paar Jahren von 40 Fans in Nebraska gegründet wurde. Ländlicher als Nebraska geht’s eigentlich nicht mehr. Football mag man da und NASCAR-Autorennen. Fußball? Das ist was für Weicheier! Deshalb auch der Name ‘Outlaws’ – Außenseiter ja! Weicheier nein! Zu jedem Spiel der Nationalelf reisen sie, inzwischen zu Tausenden. Insgesamt haben sie über 17 tausend Mitglieder in rund 150 Ortsverbänden. Gemeinsam marschieren sie von der Vor-Party auf dem Parkplatz in die Stadien, singen stehend 90 Minuten lang patriotische Fußballsongs – und LIEBEN Jürgen Klinsmann.

https://soundcloud.com/soundslikerstin/we-want-j-rgen-us-soccer-coach

Beim ausverkauften Freundschaftsspiel gegen Süd Korea hab ich das selber miterlebt. Mehr Stimmung gibt’s auch in deutschen Stadien nicht. Von den Fans, die ich dort getroffen habe, werden mehr als 600 nach Brasilien reisen, um das Team bei der WM anzufeuern. Die Outlaws haben Flugzeuge gechartert und Hotelzimmer reserviert, um der Nationalelf gemeinsam zu folgen. Auch das ist eine absolute Neuheit für den US-Sport. Das gab’s noch nie im Fußball und gibt es in keiner anderen Disziplin. Football, Basketball, Baseball, Eishockey haben starke lokale Fanclubs. Bei Olympischen Spielen können Basketball und Eishockey Patriotismus wecken, aber rund ums Jahr einer Nationalmannschaft hinterherreisen? Das gibt’s sonst nirgendwo.

Klinsi Fans

Dass es so gut aufwärts geht mit dem US-Fußball hat auch viel mit dem Trainer zu tun, da sind die Fans sicher. Klinsmann öffnet Türen – zu Spielen auf höchstem internationalem Niveau, zu Spielern im Ausland, die ins US-Nationalteam wollen und zu Veränderungen im System, die Nachwuchs fördern. Deshalb lieben sie ihn.

Am 26. Juni trifft Klinsmanns Elf auf die von seinem ehemaligen Ko-Trainer Joachim Löw. Klinsi sagt: er wird beide Hymnen singen aber danach ist für 90 Minuten Schluß mit der Freundschaft. Er will nichts lieber, als an dem Tag Deutschland besiegen.

 

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Ohne Papiere, ohne Job – Tagelöhner in Los Angeles träumen vom besseren Leben

 

 

 

 

Ich war kurz vorm Nervenzusammenbruch – hatte viel zu tun bei der Arbeit, dazu Besuch der herumgefahren werden wollte und ich plante eine Reise nach Deutschland, die wegen der weit verstreuten Familie und Freunde eine logistische Höchstleistung erforderte. Weil ich mal wieder mehrere Sachen gleichzeitig erledigen wollte, schüttete ich mir dann auch noch Milchkaffee über den Laptop, der sofort seltsame Geräusche machte und sich bald weigerte, bestimmte Befehle auszuführen. Bevor ich komplett in Verzweiflung und Selbstmitleid versinken konnte, kam genau die richtige Geschichte, um mein Leid zu relativieren…

Für einen Bericht über illegale Einwanderer in den USA stellte ich mich morgens um sechs mit Tagelöhnern an eine Straßenecke in Los Angeles und fragte sie nach ihren Geschichten. Heraclio aus Mexiko berichtete von der Razzia, bei der er vor zwei Jahren verhaftet wurde. Seither kämpft er gegen seine Abschiebung. Seine Anwältin hat ihm geraten, nicht  zu arbeiten solange der Prozeß läuft, aber er weiß nicht, wie er ohne Arbeit seine Frau und zwei Töchter ernähren und das Zimmer bezahlen soll, dass sie sich mit einem Bruder teilen. Seine Kinder sind in den USA geboren und haben deshalb die US-Staatsbürgerschaft. Heraclio und seine Frau hoffen, dass sie eine gute Ausbildung und gut bezahlte Arbeit bekommen. Sie haben Angst, zurück in ihr Dorf in Mexiko geschickt zu werden. Candido aus Honduras erzählte mir, dass er vor drei Jahren seine Frau und drei Kinder zu Hause zurück gelassen hat und einem Schmuggler 6000 Dollar zahlte, um die Grenze zu überqueren. Auch er träumte von einem besseren Leben in Kalifornien. Doch statt wie gehofft, regelmässig Geld nach Hause zu schicken, kann der 31jährige selbst kaum überleben. Jeden Morgen steht er ab sechs Uhr in Malermontur an der selben Straßenecke, seit drei Wochen hat er keine Arbeit bekommen. Für einen Job, an dem er vier Tage arbeitete, hat er nie Geld gesehen. Der Auftraggeber versprach, den Lohn vorbeizubringen, ist aber nie wieder aufgetaucht. Candido hat Sehnsucht nach seiner Familie, sieht aber keine Möglichkeit, sie bald zu sehen. In seiner Heimat gibt es noch weniger und schlechter bezahlte Arbeit als in den USA und wenn er nur zu Besuch fahren wollte, müsste er wieder einem Schmuggler viel Geld bezahlen, um zurück nach Kalifornien zu kommen. 

Während wir redeten, hielt ein Auto am Straßenrand. Der Mann am Steuer wurde mit großen Jubelrufen empfangen, obwohl er keine Arbeit zu vergeben hatte. Wie jeden Tag brachte er um 9 Uhr 30 einen grossen Karton voller Donuts zu den Tagelöhnern. Die bestanden darauf, dass ich mir auch einen frischen zuckerbestreuten Teigkringel nehme, obwohl viele von ihnen nicht wussten, wovon sie sich und ihren Familien das nächste Essen bezahlen würden.

Die Tagelöhner hoffen auf eine Reform der Immigrationspolitik, auf Arbeitsgenehmigungen, die ihnen ermöglichen zwischen den USA und ihrer Heimat zu reisen. Von Präsident Obama sind sie enttäuscht, weil er im Wahlkampf versprach, sich für die Rechte der Einwanderer ohne Papiere einzusetzen und ihnen einen Weg zur Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Bisher gab es aber keine Entscheidung der US-Regierungen, die diese Versprechungen in die Realität umsetzen würde.

Zurück am Schreibtisch war ich ziemlich dankbar, dass ich Arbeit habe, Freunde aus Deutschland mich jederzeit besuchen können, ich die Reparatur meines Laptops bezahlen und – auch wenn es logistische Höchstleistungen erfordert – wann immer ich will zu meiner Familie nach Hause fliegen kann. 

 

 

 

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