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#WR-Magazin: Philippinische Gewalt – Was Präsident Duterte mit seinem Land und seinen Leuten macht

Das neue Magazin der Weltreporter (Foto: Bomsdorf).

Das neue Magazin der Weltreporter (Foto: Bomsdorf).

Mehrfacher Bürgermeister einer Millionenmetropole, Jurist, Präsident – und bekennender Killer. Der philippinische Staatschef Rodrigo Duterte trägt eine skurrile Ansammlung an Titeln. In gut zwei Wochen wird er 73 Jahre alt, dann dürfte seine tödliche und unmenschliche Politik gegen das Drogenelend seines Landes wieder etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen.

Hilja Müller, unsere Weltreporterin in Peking, die zuvor neun Jahre in Manila gelebt hat, beobachtet die Lage im Land schon seit langem aus der Nähe. Über den Staatschef schreibt sie:

“Duterte hat der Kriminalität den Kampf angesagt. Er ordnet auch Erschießungen an – und zerstört so Familien. Seine Anhänger sind begeistert.”

Hilja Müllers ganze Geschichte, für die sie Angehörige von Opfern von Duettes gewaltsamen Kampf gegen die Drogen getroffen hat, steht im Rekorder, dem neuen Magazin der Weltreporter. Über die weiteren Geschichten informieren wir Sie ebenfalls in unserem Blog.

 

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Haschischbuden? Nein Danke!

Bildschirmfoto 2016-09-02 um 14.01.09Der 2. September könnte ein denkwürdiger Tag werden in der Geschichte der Kopenhagener Freistadt Christiania. Denn heute wird abgerissen, was womöglich größter Touristenmagnet und größtes Problem Christianias zugleich ist: die Haschischbuden der Pusher-Street.

In den selbstgezimmerten Holzhäuschen wurde der Verkauf der weichen Droge seit langem toleriert, doch nachdem vor wenigen Tagen Polizisten angeschossen worden waren und ein Dealer auch (er erlag mittlerweile seinen Verletzungen), haben die Bewohner genug. Schließlich war Peace stets eine ihrer wichtigsten Losungen und da passt es absolut nicht ins Bild, dass ein Dealer um sich geschossen hat.

Sollte der heutige Tag der Beginn des Drogen-Banns sein, dann würde tatsächlich Geschichte geschrieben. Wer mehr über die Historie der Freistadt erfahren möchte, dem sei mein Kapitel im Buch Utopien empfohlen. Es trägt den Titel “Alle Macht allen: Die Geschichte von Hasch, Freiheit, Geld und Immobilien” und beginnt so:

“Es ist purer Zufall, doch passender könnte die Begrüßung nicht sein: Beim Betreten von Christiania kommt mir ein Mann schlendernd entgegen, die Zigarette in seiner Hand verströmt jenen süßlichen, an schmorende Kiefernnadeln erinnernden Geruch, der nur von verbrennendem Haschisch stammen kann.

»Alles ist erlaubt in Christiania«, sagt eine der deutschen Touristinnen, die ein paar Schritte vor mir gehen und dem Mann ebenfalls begegnen. »Alles«, wiederholt eine ihrer Begleiterinnen und es klingt bei beiden überhaupt nicht entrüstet, sondern eher so, wie sie wohl im Italienurlaub die dortigen Fahrsitten kommentieren würden: mit Freude in der Stimme sowohl darüber, dass es im Urlaubsland anders, entspannter, zugeht, und gleichzeitig auch darüber, dass es daheim doch geordneter ist.

Die Freistadt Christiania ist für Kopenhagen so etwas wie die Freiheitsstatue für die USA – eine der größten Touristenattraktionen, die zugleich für ein Lebensgefühl steht. Dänemark galt Jahrzehnte als Europas Hochburg der Linken und Liberalen, die auch dem Sinnlichen nicht abgeneigt waren. Hier wurde zuerst – ausgerechnet 1969 – pornografisches Bildmaterial legalisiert und die rote Sonne aus dem »Atomkraft? Nein Danke«-Logo erfunden. Hier wurden, schon lange bevor in Deutschland etwas Ähnliches passierte, Schritte in Arbeitsmarktpolitik und Kinderbetreuung ergriffen, die es Frauen ermöglichen sollten, Karriere und Kinder zu vereinbaren.”

Neugierig? Hier gehts zum Buch bei Amazon.

 

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Gärtnern verboten

Während Neuseeland tief im Südhalbkugel-Winterschlaf dämmert, schwappt eine Verbrechenswelle übers Land. Nein, nicht die 35 Pakete an Kokain, die in einer mit Diamanten besetzten Pferdekopf-Skulptur versteckt ins Land geschmuggelt wurden. Der größte Drogenfund in der Geschichte Neuseelands, erst vorletzte Woche passiert. Wir sind wie immer zwanzig Jahre hinterher. Oder schlimmer. Beginnen etwa jetzt erst die verkoksten Achziger down under? Mit Disco und Dauerwelle?

Was viel schwerer in der Kriminalitätsstatistik wiegt, und damit setzen wir weltweit endlich mal einen Trend, sind Avocados. Nicht zum Berauschen – da haben Kiwis ganz andere Gewächse – sondern als Diebesgut. Da die einheimische Ernte dieses Jahr so schlecht ausfiel, kosten manche Avocados umgerechnet vier Euro pro Stück. Davon kann man ganze Familien mit Fish’n Chips satt kriegen. Seit dem Preis-Wucher wird bestialisch geklaut. Nicht im Supermarkt, sondern direkt in den Plantagen, säckeweise. Am Straßenrand wird das grüne Gold dann verhökert.

Ein Foto ging daraufhin durch den Cyper-Space: Eine vermummte Frau aus Auckland vor einem kleinen Avocado-Baum. Sie hat ihn nicht geplündert, sondern gepflanzt. Das Bild ist das neueste Indiz in der Legende, an der seit zwei Jahren im Internet von einer gut gedüngten Spaßfraktion gebastelt wird: dass Gärtnern in Neuseeland streng verboten sei. Nicht Verschwörungstheoretiker sind daran schuld, sondern Reddit. „Mein Freund erzählte mir, dass es illegal sei, in Neuseeland einen Garten zu haben“, lautete dort eine ahnungslose Frage aus Übersee. „Kann es mir jemand erklären? Und bitte keine Hass-Mail, falls das jemanden beleidigt.“

Niemand war beleidigt. Im Gegenteil. Die Gelegenheit, etwas Besonderes zu sein, wollten sich Kiwis nicht entgehen lassen. Glaubt man da draußen in der weiten Welt auch, dass in Aotearoa Hobbits hausen? Und es zu Australien gehört? Den Schmerz über so viel Unkenntnis kann man nur in Stärke verwandeln. Die erste Antwort lautete daher: „Was ist ein Garten? Sorry, bin ein junger Kiwi und hab davon noch nie gehört.“ Dann: „Heilige Scheiße, hab’s gerade gegoogelt. So hübsch. Warum lernen wir darüber nichts in der Schule?”

Der oder die Nächste legte eine Lage Kompost drauf: „Darf man in anderen Ländern Gärten haben? Sind die nicht überall illegal?“ Die Saat ging auf. Seitdem liefern Reddit-Leser eine Story nach der anderen. Über heimlich im Wald angelegte Beete. Über Verhaftungen. Über Großvater, den alten Anarcho, der damals einfach Süßkartoffeln setzte. So lange und so unangefochten zog sich diese Diskussion dahin, dass erst kürzlich jemand in dem Forum entnervt fragte: „Ist das neuseeländische Anti-Garten-Gesetz wahr oder nicht? Ehrlich, ich hab’s satt. Kann mir jemand einfach mal die Wahrheit sagen.“ Die Wahrheit ist wie ein Avocado-Kern. Wenn die Frucht noch nicht reif ist, dann sitzt er fest.    avocado

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