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2022: Unter dem Schleier verloren: So ergeht es Frauen in Afghanistan heute

 

Theresa Breuer für Vogue, 30. August 2022

AfghanistanVogue_2022_08_30-1.pdf

Shogufa Bayat ist keine Frau, die schnell ihren Mut verliert. Die 22-jährige Afghanin ist mit dem Fahrrad durch Kabul gefahren, obwohl sie von Männern dafür angespuckt wurde. Sie ist zur Universität gegangen, obwohl ihr Vater es verbieten wollte. Und sie ist auf Berge geklettert, obwohl Jungs sie dabei mit Steinen beworfen haben. Menschen wie Shogufa waren der Grund, warum ich nach Afghanistan gezogen bin. 2017 hatte ich von einer Gruppe junger Frauen gehört, die den höchsten Berg Afghanistans besteigen wollte. Noch nie hatte eine Afghanin auf dem 7500 Meter hohen Gipfel gestanden. Nicht wegen der Höhe. Sondern weil es bisher keine afghanischen Bergsteigerinnen gegeben hatte. Dass Frauen Sport treiben, war in Afghanistan tabu. Shogufa und ihr Team wollten nicht nur sich selbst herausfordern, sondern die Gesellschaft. „Wir wollen zeigen, dass Frauen genauso stark sind wie Männer“, sagten sie immer wieder. Zwei Jahre lang habe ich die Bergsteigerinnen begleitet, um einen Film über ihr Vorhaben zu drehen. Mit jedem Monat erschien es mir wahnsinniger. Die meisten Mädchen im Team, alle zwischen 15 und 20 Jahren, hatten in ihrem Leben noch nie Sport getrieben. Selbst im verhältnismäßig liberalen Kabul waren ihre Trainingsmöglichkeiten begrenzt. Im Freien wurden sie beschimpft und angegriffen. Im Fitnessstudio gab es oft keinen Strom. Dazu war Kabul eine der gefährlichsten Städte der Welt. Jede Woche starben Menschen bei Anschlägen, auch Verwandte der Mädchen und Bekannte von mir. Als ich eine Bergsteigerin zu der Beerdigung ihres besten Freundes begleitet habe, der bei einem Terrorangriff ums Leben gekommen war, sagte sie zu mir: „Jedes Mal, wenn ich das Haus verlasse, frage ich mich, ob ich den heutigen Tag überleben werde.“

Die Kämpfe im eigenen Zuhause waren nicht weniger gefährlich. Einmal habe ich erlebt, wie ein Bruder zu seiner Schwester sagte, dass er sie umbringen werde, wenn sie nicht mit dem Bergsteigen aufhöre. Ein anderes Mädchen erzählte mir verzweifelt, dass ihr Vater sie dazu dränge, mit dem Bergsteigen aufzuhören, weil der Weg zum Training so gefährlich sei. Als sie erwiderte, dass ihr Bruder doch auch zur Universität gehen dürfe, ließ er das nicht gelten. Wenn sie, seine Tochter, bei einem Anschlag sterben würde, könnten Männer ihre nackten Leichenteile auf der Straße sehen. Das würde Schande über die Familie bringen. Nicht alle im Team haben dem Druck standgehalten. Einige Mädchen sind von heute auf morgen ohne Begründung nicht mehr zum Training erschienen. Andere haben dafür umso hartnäckiger weitergemacht. Sie haben daran geglaubt, etwas verändern zu können in ihrem Land. Bis zum 15. August 2021, als die Taliban in Kabul einmarschierten und ihre Hoffnung in nackte Angst umschlug.

Als die Taliban in Kabul einmarschierten

Obwohl die radikalen Islamisten in den Wochen zuvor in einer Blitzoffensive Provinz um Provinz eingenommen hatten, gingen Experten noch immer davon aus, dass die afghanische Hauptstadt frühestens in einigen Wochen, eher Monaten fallen würde. Auf das Entsetzen folgte Chaos. Die internationalen Truppen zogen sich hektisch zurück. Der afghanische Präsident flüchtete im Helikop­ter ins Ausland. In der Bevölkerung brach Panik aus. Und mich rief mit zitternder Stimme Shogufa an. Sie sollte nicht die Einzige bleiben. Jede Minute wurden es mehr, bis mein Telefon ununterbrochen klingelte. Freund:innen, Bekannte und Menschen, denen ich noch nie begegnet war, riefen aus Afghanistan an, schrieben auf Facebook, Instagram, WhatsApp. Hunderte Nachrichten mit immer demselben Inhalt: Bitte hilf mir.

Am Tag vor der Machtübernahme hatte ich überlegt, was ich für meine Freundinnen in Afghanistan tun könnte, bevor die Taliban das Land eroberten. Dass es passieren würde, war inzwischen klar. Die Frage war nur, wann. Klar war auch, dass Deutschland nur Afghan:innen evakuieren würde, die als Ortskräfte gearbeitet hatten, etwa als Übersetzer:innen für die Bundeswehr. Jurist:innen, Journalist:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und Sportler:innen waren nicht bedacht worden. Frauen und Männer, die sich gegen die Ideologie der Taliban gestellt, für Demokratie und Menschenrechte gekämpft hatten, fürchteten jetzt um ihr Leben. In meiner Hilflosigkeit rief ich einen Freund an, der sich mit außergewöhnlichen Missionen auskennt. Ruben Neugebauer hat die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch gegründet, auch er hatte Freund:innen in Afghanistan. Fassungslos über die Tatenlosigkeit der deutschen Regierung, schlug er vor, dass wir doch ein Flugzeug chartern könnten. Für die, die nicht evakuiert werden sollten. Für Menschen wie Shogufa.

Keine 24 Stunden später standen die Taliban in Kabul und wir vor einer Entscheidung. Während Bilder um die Welt gingen, die Zehntausende Afghan:innen am Flughafen Kabul zeigten, verzweifelte Menschen, die sich an Flugzeuge klammerten und in den Tod stürzten, beschlossen wir, zu handeln. Mit befreundeten Aktivist:innen und Journalist:innen gründeten wir die Kabul Luftbrücke, ein Team von zehn Leuten, alle Aktionen finanziert von Spenden. Zwei Wochen lang kämpften wir Tag und Nacht dafür, gefährdete Menschen aus Afghanistan zu evakuieren. Am Ende gelang es uns, 189 Menschen in Sicherheit zu bringen. Tage nachdem die Deutschen abgezogen waren.

Einen Tag später, am 30. August 2021, zogen auch die USA und die letzten internationalen Streitkräfte ab. Als die Taliban am 31. August über das ganze Land herrschten, geschah etwas Seltsames. Ruhe kehrte ein. 20 Jahre Krieg und Terror schienen auf einen Schlag vorbei zu sein. In den kommenden Monaten mehrten sich zwar Berichte von Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und Tötungen. Von Demonstrationen, die gewaltsam aufgelöst wurden. Von Menschen, die spurlos verschwanden. Doch all das war nicht zu vergleichen mit der Willkür und Grausamkeit, mit der die Taliban während ihres ersten Regimes in den 90er-Jahren geherrscht hatten. Damals hatten die Islamisten Frauen auf der Straße ausgepeitscht, angebliche Ehebrecherinnen öffentlich gesteinigt, Menschen in voll besetzten Stadien hingerichtet. Genaue Zahlen und Fakten zu den Taten der Taliban lassen sich nur schwer verifizieren. Die großen Massaker, die die Welt befürchtet hatte, sind ausgeblieben. Zumindest bisher.

Veränderungen auf den zweiten Blick

Als ich im November das erste Mal seit der Machtübernahme nach Kabul reiste, sah die Stadt nicht viel anders aus als vor der Taliban-Herrschaft. Wenn ich Bilder von damals und heute vergleiche, sehe ich vor allem einen Unterschied: Die bewaffneten Männer auf den Pick-up-Trucks und an den allgegenwärtigen Checkpoints tragen nicht mehr Uniform, sondern Bärte und Turban. Auch Frauen sind weiterhin auf der Straße unterwegs, die meisten ziehen sich nicht anders an als vor der Machtübernahme. Trotzdem hat die Ruhe etwas Bedrohliches. Die Furcht der Menschen liegt wie ein düsterer Schleier über der Stadt. Er umspielt vor allem die Gesichter der Frauen, die ich im vergangenen Jahr getroffen habe. Da war die Radrennfahrerin Bahara, die ihr Fahrrad zerstörte, weil sie den Anblick nicht ertragen konnte. Das Gerät, mit dem sie früher durch die Berge geheizt ist, stand nun in der Ecke und verstaubte. Abgestellt und lahm gelegt, wie sie selbst. Da war Zahra*, Klassenbeste, die in ihrer Freizeit Gedichte schrieb und es kaum erwarten konnte, Medizin studieren. Doch ihr Vater hatte Schulden bei einem Nachbarn und fürchtete, der Mann könne ihn bei den Taliban denunzieren. Als ein greiser Verwandter anbot, die Schulden zu begleichen, im Austausch für die 15-jährige Tochter als Zweitfrau, willigte der Vater ein. Erst, als Zahra drohte, sich umzubringen, und eine Gruppe von Unterstützerinnen aus Deutschland die Schulden beglich, ließ er sich von dem Vorhaben ­abbringen. Und da war Nazima, die nicht wusste, wie sie ihre vier Kinder ernähren sollte. Ihr Mann hatte ihr nie erlaubt, zu arbeiten. Als er im März von den Taliban verschleppt, gefoltert und ermordet wurde, war sie auf sich allein gestellt. ­Ohne Berufserfahrung, ohne Aussicht, ohne Hoffnung.

Die Frauen werden innerlich gebrochen

Es gibt sie noch, die Frauen, die kämpfen. Aber man kann beobachten, wie sie brechen. Ich habe neulich Nazima, eine junge Aktivistin, getroffen, die Afghanistan nicht verlassen, sondern sich den Taliban widersetzen wollte. Nach einer Demonstration im Januar wurde sie festgenommen und zwei Wochen lang von den Taliban verhört und misshandelt. Dann, ohne Vorwarnung, verbanden die Männer ihr eines Nachts die Augen und setzten sie in ein Auto. Während sie schweigend durch die Stadt fuhren, fühlte Nazima Terror, die absolute Gewissheit, an einem unbekannten Zielort hingerichtet zu werden. Doch als das Fahrzeug stoppte, stand sie plötzlich ihrem Vater gegenüber. Ihr Vater musste den Taliban dann versprechen, seine Tochter in Schach zu halten, sonst würde der Familie Schlimmeres drohen. Sie hat sich dann einige Wochen später trotzdem heimlich mit mir getroffen, aber sie wirkte gebrochen. Mit einem Schlag hatten die Taliban sie ihrer Identität beraubt, eine eigene Stimme zu haben und ihre eigenen Gedanken zu äußern – und zwar laut und öffentlich. Wenn sie das jetzt tun würde, würde sie nicht ihr Leben aufs Spiel setzen, sondern das ihrer Familie.

Ein bizarrer Nebeneffekt der Taliban-Herrschaft ist, dass Ausländer:innen sich plötzlich frei bewegen können. Ich kann in Provinzen reisen, in denen Journalist:innen vor einem Jahr noch mit hoher Wahrscheinlichkeit entführt oder ermordet worden wären. Ausgerechnet die Männer, die früher meinen Tod gewollt hätten, sind jetzt für meine Sicherheit zuständig. Im Frühjahr machte ich mich auf den Weg nach Kandahar, der Taliban-Hochburg im Süden des Landes. Als die Taliban am 7. Mai verkündeten, dass Frauen ab sofort zum Tragen der Burka verpflichtet seien, befand ich mich in Sangesar, ausgerechnet dem Ort, an dem sich die Taliban 1994 gegründet haben. Mullah Omar, der Anführer der Taliban-Bewegung, hatte damals in der Moschee des Dorfes gepredigt. An demselben Ort stand ich jetzt im Innenhof und verfolgte die Nachrichten. Auf die Ankündigung der Burkapflicht folgte sofort ein internationaler Aufschrei. Frauenfeindlich sei das Gewand und ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Das sehe ich genauso. Die Burka bedeckt nicht nur die Form, sondern auch das Gesicht der Frau. Sie verwandelt sie zu Geistern, unsichtbar und identitätslos. Die Burka schränkt Frauen in ihrer Bewegungsfreiheit ein, ihrem Sichtfeld und Horizont. Sie ist kein Kleidungsstück. Sie ist ein Gefängnis aus Stoff.

Frauen werden sichtbar unsichtbar

Trotzdem hat mich die Ankündigung irritiert, weil sie mir so unnötig provokativ erschien. Die Burka ist keine Erfindung der Taliban. Sie hat seit Jahrzehnten Tradition in Afghanistan. Frauen haben das Gewand in Zeiten der Monarchie und Demokratie getragen, während des kommunistischen Regimes und der Taliban-Herrschaft. In vielen Teilen des Landes gehen Frauen ohne Burka nicht aus dem Haus – sofern es ihnen überhaupt erlaubt ist, das Haus zu verlassen.

Auf der 15-stündigen Fahrt von Kabul nach Kandahar hatte ich nur eine einzige Frau auf der Straße gesehen: eine bettelnde Witwe unter einer Burka. In Regionen, wo Frauen auf dem Feld arbeiten, ist die vollständige Verschleierung zu unpraktisch. Stattdessen tragen die Arbeiterinnen dort weite Gewänder und lange Schleier, die sie sich schnell über das Gesicht ziehen, wenn ein Mann den Weg passiert. Selbst in den liberalsten Vierteln Kabuls haben sich die Frauen auch vor der Machtübernahme bedeckt gehalten. Von den Hand- bis zu den Fußgelenken war kein Zentimeter Haut zu sehen, die Oberteile gingen mindestens über den Po, besser aber bis zum Knie. Und obwohl es gesetzlich nicht vorgeschrieben war, hat jede Frau ein Kopftuch getragen. Ob eine Frau als züchtig oder schamlos wahrgenommen wurde, war ein Unterschied von Zentimetern: in der Länge des Oberteils, der Weite der Kleidung und ob unter dem Schleier der Haaransatz zu sehen war. Wie oft habe ich geflucht, weil ich mir bei 40 Grad Sommerhitze die Ärmel nicht hochkrempeln durfte, dafür ständig an meinem verschwitzten Kopftuch herumzupfen musste, weil sich darin mal wieder mein Kameraequipment verfangen hatte. Die scheinbare Sinnlosigkeit der Burkapflicht ließ mich nicht los. Warum ein Gesetz erlassen, das in vielen Teilen des Landes seit Generationen ungeschrieben gilt? Warum den wenigen Frauen, die noch ihr Gesicht oder ihre Augen zeigen, das letzte bisschen Freiheit nehmen? Am Abend las ich mir den Gesetzestext durch, der nicht nur die Pflicht beschreibt, sondern auch, wie Verstöße geahndet werden: Wenn sich eine Frau der Burkapflicht widersetzt, wird ihr männlicher Vormund erst verwarnt. Beim zweiten Verstoß kommt er für drei Tage in Haft. Sollte sich die Frau noch immer nicht fügen, entscheidet ein Gericht über sein Schicksal.

Der perfide Plan der Taliban

Auf einmal verstand ich den Sinn des Gesetzes, sah, wie naiv ich gewesen war. Die Taliban sind nicht einfältig. Im Gegenteil. Sie sind perfide. Indem der Erlass nicht Frauen selbst, sondern ihre männlichen Angehörigen bei Verstößen bestraft, macht es alle Männer in Afghanistan zu Komplizen der Taliban. Sie sind für das Verhalten ihrer Frauen verantwortlich, müssen dafür sorgen, dass die weiblichen Angehörigen die Regeln der Taliban befolgen. Der Erlass beraubt Frauen jeglicher Autonomie, gibt ihnen keine Chance mehr, sich gegen die Vorschriften aufzulehnen oder bei Widerstand ins Gefängnis zu gehen. Das Gesetz entmenschlicht Frauen, degradiert sie zu bloßem Eigentum ihrer Brüder, Väter, Ehemänner, Söhne. Zu Vieh, das von seinem Besitzer kontrolliert wird. Es schränkt nicht nur die Freiheit von Frauen ein, es gibt vor allem Männern in der Gesellschaft uneingeschränkte Macht.

Kaum eine Frau in Afghanistan wird sich einer Regel widersetzen, wenn am Ende nicht sie selbst, sondern ihr männlicher Vormund dafür bestraft wird. Wenn es doch eine Frau wagen sollte, wird sie wahrscheinlich keine Märtyrerin für Frauenrechte, sondern nur ein weiteres Opfer von häuslicher Gewalt. Afghanistan galt auch vor der Herrschaft der Taliban als eines der schlimmsten Länder für Frauen weltweit. Ich kannte Frauen, die von männlichen Angehörigen geschlagen, verstümmelt, mit Säure überschüttet und in Brand gesetzt wurden. Oft erzählten mir ­Mädchen, dass sie auf einen guten Ehemann hofften. Also einen Mann, der sie nicht grundlos schlage. Die Grausamkeit nahm teils absurde Züge an: So waren früher mit die sichersten Orte für Frauen die Gefängnisse – wo viele wegen Mordes einsaßen, nachdem sie ihre Peiniger umgebracht hatten. Stück für Stück sorgen die Taliban dafür, dass sich Frauen in die totale Abhängigkeit von Männern begeben müssen. Um diesen Prozess zu stoppen, müssten die Männer für ihre Frauen demonstrieren gehen. Die Vorstellung ist so absurd, so weit weg von der Realität der afghanischen Gesellschaft, dass weiterführende Schulen für Mädchen nach der Machtübernahme nie wieder aufgemacht haben. Frauen mussten ihre Jobs aufgeben. Die Universitätsprogramme laufen langsam aus. Wie das Puzzle am Ende aussehen soll, das die Taliban schleichend zusammensetzen, kann ich nicht sagen. Aber ich habe eine Ahnung. Ich dachte, eine Reise zum Ursprung hilft vielleicht, die Geschehnisse zu verstehen. Also fuhr ich los.

Der Alltag der afghanischen Frauen

In Sangesar, dem Entstehungsort der Taliban, weigerten sich die Männer, mit mir zu reden. Also lief ich los, um mich im Dorf umzusehen. Es bestand aus nicht viel mehr als einem Dutzend Lehmhütten, jede umringt von hohen Mauern. Neben staubigen Straßen lagen Opiumfelder, die Blüten bereits verdorrt. Kein Strom, kein fließendes Wasser, keinen Handyempfang gab es hier. Der Ort wirkte surreal auf mich, wie eine entsättigte Fotografie aus einer anderen Zeit. Am Eingang eines Hauses entdeckte ich eine Gruppe kichernder Mädchen. Als ich sie anlächelte, rannten sie weg, versteckten sich hinter der Mauer, schauten dann wieder neugierig zu mir. Nach ein paar Minuten fasste eines den Mut und winkte mich zu sich. Ich folgte ihm in den Innenhof, wo zwischen Ziegen und Feuerholz auf einmal erwachsene Frauen standen. Zum ersten Mal seit Tagen sah ich keine blauen Geister, sondern wunderschöne Menschen in bunt bestickten Kleidern und mit Kajal geschminkten Augen. Der Ort, der mir gerade noch unwirklich vorgekommen war, füllte sich plötzlich mit Leben. Und mit Fragen. Die Frauen redeten auf mich ein, bevor ich den ersten Satz sagen konnte. Ich versuchte, ihnen zu erklären, dass ich kein Pashto verstehe. Erfolglos. Am nächsten Tag kehrte ich mit einer Übersetzerin zurück. Nach einigem Zögern erlaubte mir der Herr des Hauses, mit seinen weiblichen Angehörigen zu sprechen. Allerdings von Burkas verhüllt, auf dem Boden des Viehstalls, unter männlicher Aufsicht. Als Journalistin stelle ich normalerweise die Fragen. Hier hatte ich keine Chance. Die Frauen redeten alle gleichzeitig. Wieso bist du hier? Wo kommst du her? Was willst du von uns? Hast du keine Eltern oder Brüder? „Doch“, sagte ich, „ich habe Eltern, ich habe Brüder und einen Verlobten.“ „Und die lassen dich so rumlaufen?“ Ich erklärte ihnen, dass ich aus einem Land komme, in dem Frauen ihre eigenen Entscheidungen treffen dürfen. Dass ich jederzeit überall hingehen dürfe, in die Schule, zur Arbeit, ohne die Erlaubnis eines Mannes. Dass ich selbst entscheiden könne, wann und wen und ob ich überhaupt heiraten wolle. Es wurde still im Raum. „Wir müssen unsere Männer für alles um Erlaubnis fragen“, sagte die älteste Frau schließlich und wurde sofort von dem Aufpasser, ihrem minderjährigen Sohn, zurechtgewiesen, nicht so viel zu reden. Ich wollte wissen, womit sie ihre Zeit verbringen, ob es etwas gebe, dass sie nur für sich täten. Etwas, das nichts mit Haushalt oder Kindern zu tun hätte. „Ich lese zum Beispiel Bücher, höre Musik, treffe mich mit Freundinnen oder schaue Filme.“ „Wir tun nichts davon“, sagte die erste Frau. „Wir gehen noch nicht mal zum Arzt“, sagte die zweite. Jemals zur Schule? „Nein.“ Ob sie das gerne wollten? Der Junge ließ seiner Mutter und seinen Cousinen keine Chance, zu antworten. Es reiche nun mit den Fragen, und sie sollten nicht auf die Idee kommen, ihre Burka auszuziehen. Ich wollte die Frauen nicht in Schwierigkeiten bringen und verabschiedete mich. Beim Rausgehen stellte ich eine letzte Frage: „Seid ihr jemals in eurem Leben gereist, woanders gewesen als hier?“ „Was meint sie“, fragte eine der jüngeren Frauen die älteste, „ob wir schon mal bei unseren Nachbarinnen waren?“

Vor dem Haus warteten die Männer des Dorfes. Einer fragte mich, ob ich ihn heiraten wolle, dann wäre mein Leben besser. Ich entgegnete, dass ich sein Angebot leider ablehnen müsse, da ich zu gerne aus dem Haus ginge. Er lachte. „Unsere Frauen wollen nicht aus dem Haus gehen, weil wir es ihnen verbieten.“ Auf dem Rückweg nach Kandahar war mir schlecht. 70 Prozent der afghanischen Bevölkerung lebt außerhalb von Städten. In vielen Regionen dürfen Frauen nur bis zur Pubertät das Haus verlassen. Dann erst wieder als Großmütter. Zu Besitz degradierte Leben, in einer auf wenige Quadratmeter beschränkten Welt. Seit Jahren geht mir ein Satz nicht aus dem Kopf, den eine junge Bergsteigerin 2017 zu mir in Kabul gesagt hat: „In den Bergen habe ich das erste Mal in meinem Leben realisiert, dass ich meine eigenen Gedanken habe.“

Die Zukunft der afghanischen Frauen

Die afghanische Gesellschaft war schon immer konservativ. Ich glaube, den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie viel Mut und Stärke Frauen in den letzten 20 Jahren bewiesen haben, wenn sie ihre Stimme erhoben oder eigene Entscheidungen getroffen haben. Frauen haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um Kunst zu studieren, auf Berge zu klettern, Männern zu widersprechen. Viele sind für genau solche Dinge – Äußerungen und Handlungen, die in unserer Gesellschaft noch nicht einmal als Privileg wahrgenommen werden, sondern selbstverständlich sind – grausam ermordet worden. Das waren Kämpferinnen, bereit, für ihre Rechte zu sterben. Wir sprechen immer von unseren Verbündeten in Afghanistan. Für mich sind es die Frauen, die für Rechte wie Bildung gekämpft haben, mit denen auch Deutschland seinen Einsatz in Afghanistan immer wieder begründet hat. Diese Frauen waren Kämpferinnen, angetrieben von ihrem Glauben, in ihrer Ideologie kompromisslos und bereit, für die Sache zu sterben. So wie die Taliban – nur auf der guten Seite der Macht. Einige haben es nach Deutschland geschafft. Shogufa zum Beispiel, die Bergsteigerin. Ich sehe, wie viele der Frauen aufblühen, die jetzt in Deutschland sind. Die klettern gehen, Deutsch lernen, sich für Umweltschutz einsetzen. Die endlich die Freiheit leben können, für die sie so lange gekämpft haben.

Im Dezember 2021 hatte Außenministerin Annalena Baerbock zu Afghanistan gesagt: „Viele Menschen leben in täglicher Angst. Das gilt besonders für diejenigen, die mit uns für eine bessere Zukunft Afghanistans gearbeitet, daran geglaubt und sie gelebt haben. Am schwersten ist die Lage für die besonders gefährdeten Mädchen und Frauen. Gegenüber diesen Menschen haben wir eine Verantwortung, und wir werden sie nicht im Stich lassen.“ Acht Monate später gibt es noch immer kein Aufnahmeprogramm für Frauen und Mädchen.

Im Juni habe ich eine junge Englischlehrerin in Kabul getroffen, die Mädchen in einer Privatschule unterrichtet. Sie erzählte mir, wie sehr sie ihren Job liebe. Und dass heute wahrscheinlich ihr letzter Tag sei. Als ich nach dem Grund fragte, seufzte sie. „Meine Eltern haben mich gestern verlobt. Und du weißt ja, wie das ist in Afghanistan.“ Mit jeder Woche, die vergeht, wird es für Frauen schwieriger, Afghanistan zu verlassen. Am meisten beschäftigen mich die Afghaninnen, die in 20 Jahren Krieg aufgewachsen sind und trotzdem an eine bessere Zukunft für sich geglaubt haben. Mädchen, die gerade die Schule abgeschlossen haben, können nicht mehr studieren. Studentinnen, die ihr Examen bestanden haben, bekommen keinen Job mehr. Die Armut wird größer, die Töchter nutzloser. Ich kenne viele Afghaninnen, die sich dem elterlichen Druck, zu heiraten, nur widersetzen konnten, weil sie noch studiert oder zum Einkommen der Familie beigetragen haben. Manchmal stelle ich mir vor, wie eine Reihe junger Frauen an einem Abgrund steht. Jeden Tag stürzt eine von ihnen hinein. Ich finde den Gedanken unerträglich, dass wir ihnen das Leben hätten ermöglichen können, nach dem sie sich gesehnt haben. Wenn wir früher gehandelt hätten. Wenn wir erkannt hätten, dass die Taliban Frauen nicht mit Kugeln töten, sondern langsam ihre Seelen sterben lassen.

*Die Namen der Frauen sind zu ihrem Schutz teilweise geändert.

 

 

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2016: Die Pferdeversteher aus der Rue Faubourg Saint-Honoré

 

Seit nahezu 150 Jahren produziert das Luxushaus Hermès Sättel, die Ross und Reiter glücklich machen. Jetzt bringt die Pariser Sattlerei zwei neue Modelle heraus und zeigt, dass auch dieser Ur-Geschäftszweig des Unternehmens mit innovativen Produkten am Puls der Zeit bleibt.

Von Barbara Markert, Paris | 2016 | The Branders

Schon im Eingang des Stammhauses dreht sich alles um Pferde

Vor dem Stammhaus von Hermès in der Pariser Rue du Faubourg Saint-Honoré formiert sich bereits um halb zehn eine kleine Schlange von Japanern. Rund eine Stunde werden sie hier noch ausharren müssen, bis der Shopping-Tempel seine Türen öffnet. Ein paar Meter weiter, in der Seitenstraße Rue Boissy-d’Anglas, rauchen währenddessen zwei junge Männer in schwarzen Anzügen ihre erste Morgen-Zigarette. Das alte Schild über ihnen erklärt, wo sie arbeiten: Hermès Atelier & Services. Die Services sind Büros, das Atelier ist das der Sattlerei.

 

Das Ur-Business von Hermès ist seit fast 150 Jahren mit seiner Werkstatt an dieser edlen Adresse beheimatet– und es sieht nicht so aus, als ob sich daran jemals etwas ändern sollte.

 

Ein Blick in den Empfangsbereich genügt, um zu wissen, welche Bedeutung das alte Handwerk, mit dem Firmengründer Thierry Hermès 1837 den Grundstein zum heutigen Luxus-Konzern legte, heute noch im Unternehmen genießt. Direkt hinter der Eingangstüre schmücken Pferdeköpfe und Spitzkummets die Wände, neben der Rezeption hängen vergilbte Stiche von historischen Werbeplakaten, auf denen Zaumzeug und Sattel  – neben ein paar Koffern und Taschen – angepriesen werden. Einmal im Inneren des Hauses beginnt ein verzweigtes Wirrwarr von Gängen, die zu verschiedenen Ebenen und Etagen führen. „Man kann sich hier leicht verlaufen. Doch den ersten Aufzug, den Sie sehen, der führt direkt zu uns“, erklärt Laurent Goblet, Atelier-Chef der Sattlerei mit Stolz und einem Augenzwinkern. Klar, dass der direkte Weg in die Sattlerei in den fünften Stock führt. Sie war ja schließlich vor allen anderen im Haus ansässig.

Eingang ins Atelier bei Hermès Stammhaus in Paris

Eingang ins Atelier bei Hermès Stammhaus in Paris

Der sehnige Sattlermeister lächelt kurz und wendet sich dann wieder seiner Arbeit zu: „Eine Minute noch, gleich bin ich fertig. Dieser Sattel muss heute noch raus. Jetzt beginnen die Vorbereitungen für die kommenden olympischen Spiele und die Reiterin braucht diesen Sattel für die Vor-Wettbewerbe.“ Mit voller Konzentration führt Laurent Goblet einen filigranen Spezialhammer über das Leder des Sattels. Die Beine im Ausfallschritt, den ganzen Körper aufs Äußerste gespannt, saust das Metall auf den großen schwarzen Dressursattel vor ihm darnieder. Ein Kollege stemmt sich mit aller Kraft dagegen, um der gezielten Wucht des Hammerschlags Stand zu halten. Mit kritischem Blick durch seine Brille überprüft Laurent anschließend die gerade bearbeitete Stelle und nickt. „Erledigt“, sagt er zufrieden und entlässt den Kollegen samt Sattel aus einem kleinen Büro, in dem sich Einzelteile, zugeschnittene Leder und unfertige Testprodukte bis an die Decke stapeln.

In der Sattler-Werkstatt im 5. Stock des Stammhauses türmen sich sie die halbfertigen Sattel.

Bei den olympischen Spielen mit einem Hermès-Sattel dabei zu sein und vielleicht sogar zu gewinnen, das wäre natürlich ein Traum. Selbst für Laurent Goblet, der seit 38 Jahren im Haus ist. Das letzte Gold gab es für das Modell „Steinkraus“ bei den Spielen in Mexiko im Jahr 1968. Auch 1952 hatte man gewonnen. Für 2016 sind die Karten neu gemischt und der drahtige Maître Sellier und seine Mitarbeiter haben alles getan, um sich in eine gute Startposition zu bringen. Beim alljährlichen Pariser Reitturnier „Saut Hermès“ stellte das Atelier aus der Faubourg-Saint-Honoré im März 2016 gleich zwei neue Sattel-Modelle vor: Hermès Allegro fürs Springreiten und Hermès Arpège für die Dressur.

 

In den neuen Produkten stecken zweieinhalb harte Jahre Arbeit, mehrere Prototypen und viele innovative Ideen, um den Kontakt zwischen Reiter und Pferd zu verbessern.

 

Laurent Goblet: „Es geht um das Gleichgewicht zwischen beiden: Pferd und Reiter sollen eins werden. In einem guten Sattel stecken Savoir-Faire und jede Menge technisches Know-how der Profireiter, mit denen wir eng zusammenarbeiten. Wir haben schon viele Probleme erkannt und Wünsche realisiert, aber unser Ziel ist es, morgen noch etwas Besseres als heute abliefern zu können.“ Seine jüngste Entwicklung, der neue Sattel Hermès Arpège, entwickelt mit der deutschen Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl, ist ein komplexes Gebilde: Er besteht aus 65 Einzelteilen und aus 27 verschiedenen Materialien. Der Atelierchef zeigt stolz die Aufstellung, die wie in einem Kochrezept vom Nagel bis zum Oberleder alles in Menge und Größe auflistet, was er zu Fabrikation braucht. „Das hier ist die magische Tüte“, witzelt Goblet und zeigt eine durchsichtige Plastiktüte voller Schnittmuster, in denen sich sämtliche Vermessungen und Vorab-Studien auf Papier-Bögen vereinen.

 

Jeder Sattel von Hermès ist eine Spezialanfertigung und beginnt auf dem nackten Rücken eines Pferdes. Mittels eines sogenannten Equiscan, einer Art beweglichem Kunststoff-Skelett werden Wölbung und Breite des Rückens an 90 Punkten aufs Genaueste vermessen. Aus diesen Daten wird ein Modell erstellt, das gleich einem Schuhleisten als Basis für die Fertigung  dient.

 

„Bei allem, was wir tun, geht es immer darum, zwei Kunden zu befriedigen: das Pferd und seinen Reiter“, erklärt der Maître. 

 

Drei Finger müssen zwischen Sattel und Pferd passen, egal ob es galoppiert oder ruhig steht. Das Gerüst eines Sattels ist deshalb aus stabilem Holz und Stahl. Auf diese Basis werden im Anschluss je nach Sattelmodell fünf bis sieben Schichten aufgetragen: Erst kommt eine aus Baumwolle, danach werden Gurte gespannt, mit denen die Unterseite abgesichert wird. Auf diese kommt die erste gepolsterte Schicht, häufig aus Latex, weil dieses Material sehr formbeständig ist. Nach dieser ersten Komfort-Schicht kommt erstmals Leder zum Einsatz. Ab jetzt geht es um äußerste Präzision. Die Tierhaut muss mit einer speziellen Zange gezogen werden, so dass sich auch später keine unangenehmen Falten bilden können. Auch die Nähte, genäht mit einem besonders reißfesten, gewachsten Faden, dürfen nirgends hervortreten, weil sie später Ross und Reiter verletzen könnten.

 

Spätestens bei diesen delikaten Arbeitsschritten zeigt sich, wie sehr die acht Atelier-Mitarbeiter und ihre beiden weiblichen Kolleginnen ihr Handwerk beherrschen. Würde man zu fest ziehen, könnte das Leder einreißen. „Es geht nicht um Kraft, sondern um die Technik“, erklärt Goblet, während um ihn herum konzentriert gehämmert und gezogen wird. Jeder Sattel wird von A bis Z, also vom Holz-Stahl-Gerüst bis zur letzten Ölung, von dem gleichen Mitarbeiter gefertigt. Das bedeutet, dass Jeder in diesem, vom Tageslicht durchfluteten Atelier im fünften Stock, ausnahmslos alle einzelnen Arbeitsschritte beherrschen muss. Weil es keine Ausbildungsstätten mehr für Sattlerei gibt, bildet Hermès selbst aus. In wenigen Monaten wird das Atelier um vier Mitarbeiter erweitert. Ein Indiz dafür, dass sich das Ur-Business des Luxushauses auch in unserer modernen Zeit weiter entwickelt und neue Kunden findet.

 

Rund 5000 Euro kostet ein normaler Sattel bei Hermès. Bei Sonderanfertigungen sind die Grenzen nach oben offen. Damit liegen die Sattel, gefertigt mitten im Pariser Zentrum, rund 50% über den Preisen der Konkurrenten. Wie kommt’s? Laurent Goblet: „Die Spezialität des Hauses ist Leder. Für Sattel verwenden wir für Kuh-, Kalb-, Büffel- und Schweine-Leder, aber davon nur das Beste. Nur ein kleiner Prozentsatz des Angebots genügt unseren hohen Qualitätsanforderungen. Wir arbeiten mit den besten Gerbern zusammen und haben selbst das Know-how, um aus einem Leder Qualitätsleder zu machen.“ 25 Stunden Handarbeit stecken in einem Hermès-Sattel. Rund drei Monate nach Bestellung kann der Kunde damit losreiten. Hat er Monate später Änderungswünsche, ist das kein Problem. Kommt der Kunde Jahre oder gar Jahrzehnte später mit einem kaputten Sattel, wird er repariert. Service wird in Rue Faubourg Saint Honoré groß geschrieben.

 

„Natürlich ist die Sattlerei nur ein klitzekleines Business bei Hermès. Aber dieses Atelier ist wie der rote Faden, der sich durch die Geschichte des Hauses zieht.

 

„Pferde sind noch immer die größte Inspirationsquelle für alle Produkte der Marke“, erklärt der 56-jährige Atelierchef mit Stolz. Recht hat er: Ob bei Seidentüchern, Taschen, Schmuck, Bekleidung, Möbeln oder Geschirr – immer sind dekorative Elemente aus der Welt der Pferde integriert, wie zum Beispiel Zaumzeug, Steigbügel oder Halfter. Auch das einmal pro Jahr stattfindende internationale Reitturnier „Saut Hermès“, das mitten in Paris im Grand Palais unter einer Denkmal-geschützten Glaskuppel aus der Belle-Epoque-Zeit stattfindet und die besten Reiter der Welt willkommen heißt, unterstreicht die Bedeutung dieses Geschäftszweiges für das Unternehmen – wie auch für den Reitsport an sich. Laurent Goblet: „Wenn sie irgendwo auf der Welt in ein Hermès-Geschäft gehen, egal wie klein es auch sein mag, wird es dort auf alle Fälle eine Abteilung mit Satteln geben.“ Besser hätte man die Bedeutung des kleinen Ateliers für das Gesamthaus kaum zusammenfassen können.

Altes werbeplakat Hermes

Altes Werbeplakat für Sattel von Hermès

 

Das Stammgeschäft in der Rue Faubourg Saint Honoré hat inzwischen seine Pforten geöffnet und die kleine japanische Gruppe, die über einer Stunde davor ausgeharrt hat, strömt hinein. Wer weiß, vielleicht sind sie auf der Suche nach einer Kelly-Bag, aber vielleicht auf der Suche nach einem Steinkraus-Sattel. Beide Namensgeber sind Berühmtheiten, beide wurden von Hermès mit einem Meisterstück geehrt, aber nur eines der beiden Produktklassiker des Hauses wurde im fünften Stock des Stammhauses gefertigt.

 

 

 

Wir berichten aus mehr als 160 Ländern –
aktuell, kontinuierlich und mit fundiertem Hintergrundwissen.

2013: Lullen, ich und meine Wohnung in Belgrad

 
Weltreporterin Danja Antonovic stellt die Eigenheiten ihrer Heimatstadt Belgrad vor und zeigt ihre Wohnung, die an der längsten Straße der Stadt liegt (sieben Kilometer) und eine bewegte Geschichte hat.
Danja Antonovic für The Weekender, 10/2013

Ich halte es mit Claudia Cardinale und Catherine Deneuve und halte mir meine Lulle so oft ich kann vor der Nase. Ich denke, nachdem ich ein bestimmtes Alter erreicht habe, möchte ich keine harten Schnitte mehr in meinem Leben machen. Die Nichtraucher ehre und achte ich, lehne aber höflich jedes Abendessen in einer Nichtraucherwohnung ab.

Rauchen in Serbien ist Alltag, es wird geraucht, wo man geht und steht. Nachdem das Antirauchergesetz vor ein paar Jahren in Kraft trat, sah man vor allem in Kliniken und Krankenhäusern haufenweise Ärzte und Schwestern, versammelt in ihrer Sucht, vor den Toren der Klinken. Nach einer Statistik kommen die meisten Raucher Serbiens aus medizinischen Berufen.

Rauchen in der Kneipe – kein Thema.

Die meisten Bars, Bistros und Restaurants kennzeichnen sich als Raucherstätten, die größeren haben eine Nichtraucherabteilung, diese wird aber kaum beachtet und besucht.

Paffen und rauchen gehört zum Balkanalltag, ohne die Rauchschwaden wäre vor allem die serbische Institution, KAFANA, eine Art Kaffeehaus, nicht denkbar. KAFANA ist ein Ort, in dem alles zu haben ist: Kaffee, sowieso. Schnaps, Bier und Wein – selbstverständlich. Aber auch: Bohnensuppe, Cevapcici und Kohlrouladen. Belgrader Kafanas bieten aber noch mehr: Kalbsköpfe („kleine”, steht in der Karte), zart gekocht und mit Gemüse an­gereichert. Kutteln gekocht oder gratiniert, Schweinsfüße à la Parisienne, Ochsen­hoden gebraten. Das nur ist eine kleine Auswahl, die Speisekarten pflegen hier lang zu sein, auch wenn nicht immer das, was auf der Karte steht, auch auf den Tisch kommt.

Kafana ist aber vor allem sonntags, am Markttag, Leben pur. Der Weg vom Markt zur Kneipe ist kurz, an jeder Ecke wartet eine Kafana. Sie heißen dann „HIER WIRD GUT GE­GESSEN” oder „BEIM PFERD” oder auch „MADERA”.

Opa und Enkel, Mutter und Nachbar, Handwerker und Rechtsanwalt, vor lauter Rauchschwaden kaum zu sehen, be­reden hier die Tagespolitik, Marktprei­se und das Leben als solches, während das eingekaufte Gemüse unter dem Tisch langsam verwelkt. In ei­ner Ecke eine Oma mit Zigarettenspit­ze und Tageszeitung vor der Nase. In der anderen werden von einer Frauen­riege unbestimmten Alters die Männer mies gemacht. Kinder wuseln, Opas nuckeln an ihrem Schnapsglas. Paffend, schnaufend, lautredend und gestikulierend, versammelt und vereint in dieser Institution, wendet sich die bunte Kafana-Gemeinde dem Hauptan­liegen des Tages: Schnacken und schwätzen, was die Kehle aushält.

Auch wenn Sonntag der Hauptmarkttag ist, die unzähligen Bauernmärkte in Belgrad haben jeden Tag auf. Da gibt es alles, was das Herz begehrt: Das dickflüssige, grüngelbe Olivenöl vom Fass, Ziegenkäse von Hand gemacht, halbe Schweine und lebende Hühner. Bärlauch und Minze, junger Knofel und dicke Bohnen. Chinakohl und Chinaschrott, denn die fleißigen Chinesen sind die größte Migrantengruppe in Serbien, bauen Gemüse an und verkaufen Pfennigware aus der Heimat. In Belgrad haben sie zwei riesige Märkte, in denen alles falsch und nachgemacht ist, was das Auge zu sehen bekommt. Für die armen Serben – Durchschnittsgehalt 300 Euro bei Lebensmittelpreisen wie in Deutschland – sind diese Märkte die Rettung.

Belgrad aber ist viel mehr als Katanas, Bauernmärkte und Chinesen. Befreit von der Milosevic-Ära, atmet Belgrad auf, die Stadt wird verhübscht, Jugendstilhäuser bekommen neuen Glanz, obwohl nicht alle Fassaden saniert sind. Diese Mischung aus alt und neu, aus kleinen Butzen und Palästen aus Stahl und Granit, aus Gründerzeit und Plattenbau, Belgrad ist schon eine witzige, durchbrochene Stadt. Die herrlich an der Mündung der Save in die Donau liegt, viel Grün und viel Wasser hat.

 

Meine Wohnung ist im 4. Stock eines Hauses, das im Art-Deco-Stil in den 1930er Jahren gebaut ist. Klare Linien, keine Schnörkel, viel Marmor und Säulen im Treppenhaus.  Ein Aufzug mit Spiegeln und kleinen Fenstern.

Das fünfstöckige Haus steht in der längsten Straße Belgrads, (sieben Kilometer), die einmal, vor langer Zeit, nach Istanbul führte. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die gemeine Straße ein „Boulevard“, Platanen umsäumten sie und wuchsen in den Himmel, bis die jetzigen Machthaber beschlossen sie abzuholzen. Kein Protest half, sie pflanzten neue Bäume, und ich weiß, ich werde es nicht mehr erleben, dass sie vor meinen Fenstern im Wind tanzen.

Das Gebäude am Boulevard hat so manches erlebt.

In den ersten zehn Jahren seines Bestehens, wohnten hier die wohlhabenden Belgrader, die sich ein Dienstmädchen leisten konnten. Am 6. April 1941 kamen zuerst Hitlers Bomben, dann die Soldaten. Mein Haus wurde gleich nach dem Einmarsch der Wehrmacht enteignet, die Mieter vertrieben, aus dem bürgerlichen Haus wurde – ein deutsches Bordell.

So hörten Soldaten im Radio Belgrad „Lili Marlene“ und träumten von ihr in den Betten am Boulevard.

Als 1944 die Rote Armee Belgrad befreite, flohen die Deutschen, das Haus wurde kommissarisch an Menschen vergeben, die keine Bleibe hatten. Es waren Arbeiter, Partisanen, Schauspieler, Schneider und Bauern, die es in die Hauptstadt verschlagen hatte. In jedem der Zimmer wohnten bis zu fünf Menschen, in unserer Wohnung waren es fünfzehn.

Erst später bekamen wir die Wohnung zurück und zogen mit Großmutters Möbeln mit Kirschbaumintarsien ein. Viele Kinder waren im Haus, wir hatten eine unbeschwerte Kindheit. Wir spielten „Cowboy & Indianer“ im Treppenhaus oder Murmeln im Hof, im dem auch Teppiche geklopft wurden. Die Oma vom 3. Stock saß täglich vor dem Haus auf ihrem Schemel und strickte – so wie sie es aus ihrem Dorf gewohnt war.

Viel Zeit ist seit damals vergangen, junge Frauen und Männer von damals sind heute alt oder tot. Wir Kinder sind erwachsen und neue Kinder lärmen heute im Treppenhaus. Und noch etwas hat sich verändert: das gemeinsame Leben und Teilen sind verschwunden, das, was ich nicht für möglich gehalten habe, hat auch Belgrad erreicht: das anonyme Wohnen.

Trotzdem liebe ich die Wohnung meiner Kindheit sehr, obwohl der Zahn der Zeit an ihr nagt und ich einen Batzen Geld bräuchte, um sie aufzuhübschen. Trotzdem ist sie meine Höhle, mein Heim, der Altar meines Lebens. Jeder Gegenstand, das im Regal steht, hat seine Geschichte, und es sind viele Geschichten, in vielen Ländern gesammelt, die nun in Belgrad schlummern. Meine Wohnung liebe ich auch, weil sie in der Sonne badet. Morgens kommt sie um die Ecke, bescheint nach und nach jedes der drei Zimmer und geht, mohnrot, in den Fensterscheiben meines Arbeitszimmers, unter. Die Fenster sind meterhoch, es gibt fast mehr Fenster als Außenwände, sodass meine Höhle eher wie ein Maleratelier aussieht.

Nachts, wenn der Vollmond zu Besuch kommt, kommt mir der Belgrader Sternenhimmel unendlich vor.

 

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2008: Reise nach Metropolis

 
Im Archiv eines Museums in Buenos Aires sind die verschollenen Szenen des Filmmythos von Fritz Lang aufgetaucht. Das ZEITmagazin berichtet exklusiv darüber, wie der Film aufgespürt wurde und wie er auf einem geheimen Weg nach Deutschland kam.

Paula Félix-Didier hatte geahnt, dass ihr niemand glauben würde. Sie saß an dem Schreibtisch in ihrem kalten Büro in Buenos Aires und wartete auf eine Mail aus Deutschland. Doch es kam – nichts. Warum auch sollte irgendein Experte glauben, dass sie, die Direktorin des kleinen Museo del Cine, gefunden hatte, wonach Forscher und Restauratoren seit Jahrzehnten vergeblich in den Archiven der Welt suchten? Und das ausgerechnet hier, in diesem vergessenen Museum, das irgendwo zwischen Lagerhallen und Fabriken im Stadtteil Barracas untergekommen und seit vier Jahren vorübergehend geschlossen ist, weil es an geeigneten Räumen fehlt?

Aber in der kleinen Kammer hinter der grünen Metalltür gleich neben ihrem Büro lagen sie: drei große Rollen, vorsichtig in silbrig schimmernden Blechdosen verstaut. Metropolis, der große deutsche Stummfilm von Fritz Lang. Seit mehr als sieben Jahrzehnten gilt über ein Viertel des Films als verschollen. Félix-Didier wusste: Sie hatte die meisten der fehlenden Szenen. Eine Weltsensation. Und anscheinend wollte niemand etwas davon wissen.

Félix-Didier, 41, trägt in ihrem Büro eine blaue Daunenjacke gegen die Kälte, denn im Juni ist es Winter auf der Südhalbkugel, und im Museum, das keines sein darf, gibt es keine Heizung. Sie erzählt, dass Stummfilme sie schon immer fasziniert haben und dass sie natürlich Metropolis kannte, oder genauer: Sie kannte eine jener unzähligen Bearbeitungen des Originals, die in Umlauf sind. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie basieren auf einem zerhackten Torso, dem etwa ein Viertel der Premierenversion von 1927 fehlt, zur Enttäuschung von Fritz Lang. Die Handlung wurde vereinfacht, aber dem Schnitt fielen auch einige Schlüsselszenen zum Opfer.

Geschichte schrieb der Film trotzdem – zahllose Science-Fiction-Filme wurden durch ihn inspiriert. Die Unesco erklärte Metropolis zum Weltdokumentenerbe, als ersten Film überhaupt. Ridley Scott fand bei Metropolis Ideen für Blade Runner, Stanley Kubrick für 2001: Odyssee im Weltraum. 1984 wandelte Giorgio Moroder Metropolis ab, er färbte das Material ein und verwendete es als Bildteppich für die Musik von Freddie Mercury und Bonnie Tyler. Musikclips von Queen, Madonna und Pink Floyd bedienten sich bei Langs Bilderwelten. Techno-DJ Jeff Mills entwarf eine neue Musik für den Film.

Auch heute kann sich den magischen Bildern des Films kaum jemand entziehen: der düsteren Vision der Stadt der Zukunft, in der ein Klassenkampf ausbricht. Metropolis – der Monumentalfilm, der ein Großangriff auf Hollywood werden sollte. Für dessen Effekte, Kulissen, 36.000 Statisten und 200.000 Kostüme die Ufa mehr als fünf Millionen Reichsmark ausgegeben hatte. Er war der teuerste deutsche Film, den es bis dahin gegeben hatte. Die Dreharbeiten hatten 310 Tage und 60 Nächte gedauert.

Schon vor langer Zeit habe sie gespürt, dass dieser Film in ihrem Leben mal eine besondere Rolle spielen würde, sagt Félix-Didier. Ihr früherer Mann, Fernando Peña, Kinoenthusiast wie sie, hatte irgendwann Ende der achtziger Jahre eine Bemerkung gehört, die ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf ging. Der Leiter eines Cineclubs in Buenos Aires hatte sich bei ihm beschwert, dass er schon wieder “diese schlechte Metropolis-Kopie” zeigen musste, “du kannst dir nicht vorstellen, wie anstrengend das war, mehr als zwei Stunden am Projektor zu stehen und auf den Film zu drücken, damit der Streifen nicht rausspringt”. Mehr als zwei Stunden? Peña hatte sich gewundert. Ob auf den Spulen vielleicht die vermissten Szenen waren?

Es war der Beginn einer atemberaubenden Suche, die oft genug aussichtslos schien. Und nun, 20 Jahre später – Paula Félix-Didier und Fernando Peña sind längst geschieden, aber noch immer durch ihre Liebe zum Film verbunden –, sollte diese Suche zu Ende sein. Wenn denn die Autoritäten aus Deutschland bestätigten, dass der Fund wirklich die verschollenen Filmmeter enthielt, aus dem echten großen Werk des Fritz Lang. Aber niemand meldete sich, und langsam fragte Félix-Didier sich, wie sie dafür sorgen sollte, was sie als ihre Pflicht ansah: “dass der Film in die richtigen Hände gerät. Und dass unser Museum bekannt wird.”

Wie aber waren die drei Filmrollen überhaupt in dieses kleine Museum gelangt? Hier warten alte Projektoren, Filmkulissen, Kostüme und Fotos darauf, irgendwann einmal wieder der Öffentlichkeit präsentiert zu werden. In einem modrig riechenden Archiv lagern 45.000 Spulen mit Spielfilmen und 12.000 mit Dokumentar- und Nachrichtenfilmen. Das Essigsäure-Syndrom hat nicht wenige von ihnen befallen – doch Metropolis wurde verschont, wie durch ein Wunder.

Nachdem er von der ungewöhnlich langen Filmvorführung gehört hatte, versuchte Peña Zugang zu dem Filmarchiv zu bekommen, in dem die Kopie lagerte. Vergeblich. Ob es die Angst war, einen privaten Sammler ins Archiv zu lassen, weil man womöglich fürchtete, der könnte dort etwas mitgehen lassen? Peña durfte die Kopie nicht sehen, aber er fand einiges über die mysteriösen Rollen heraus.

Die Urfassung von Metropolis hatte Fritz Lang am 10. Januar 1927 im Ufa-Palast in Berlin präsentiert. Vor der Filmpremiere staute sich der Verkehr auf dem Ku’damm, 1200 Gäste waren auf dem Weg ins Kino. Doch bei den Kritikern fiel der Film durch; sie fanden die Handlung unglaubwürdig. Der Vorstand der Ufa erkannte in den Zwischentiteln “kommunistische Tendenzen”. Andere empfanden den Film eher als reaktionär. Und die Vertreter der amerikanischen Paramount, die den Film in den USA rausbringen sollte, waren bestürzt: Dieser Film in Überlänge – mehr als 150 Minuten – würde keine Chance haben, fanden sie. Er müsse kürzer werden. Und einfacher.

Ein Mann aus Buenos Aires fand das nicht, wie Peña herausbekommen hat. Adolfo Z. Wilson, der Chef der Verleihfirma Terra, holte eine Langfassung von Metropolis 1928 nach Argentinien, obwohl sie auch in seinem Land als sperrig und wenig kassenträchtig galt. Wilson nahm das Risiko in Kauf, und kurze Zeit später wäre die Geschichte dieser Filmkopie eigentlich zu Ende gewesen, denn normalerweise müssen die Kopien vernichtet werden, sobald sie nicht mehr in den Kinos laufen. Das ist bis heute so, überall auf der Welt, auch in Deutschland. Doch Wilson hatte einen Bekannten: den Filmkritiker Manuel Peña Rodríguez, und der, so ließ sich rekonstruieren, verhinderte die Vernichtung der Filmrollen und erweiterte mit ihnen seine private Sammlung. In den sechziger Jahren erkrankte Peña Rodríguez an Krebs – und verkaufte seine Filme an den Nationalen Kunstfonds, um seine Behandlung bezahlen zu können. So kam es, dass die Metropolis-Langfassung in argentinischen Staatsbesitz überging.

Doch auch im Depot des Kunstfonds blieb sie nicht lange. Das 35-Millimeter-Filmmaterial aus Nitrozellulose galt als Zeitbombe: Mit Hilfe von Schwefel- und Salpetersäure hergestellt, kann es sich selbst entzünden. Also wurde das Nitro-Material vernichtet, der Film umkopiert. Und so kam es, dass der Nationale Kunstfonds, als er 1992 die Sammlung von Peña Rodríguez dem Museo del Cine übertrug, auch eine 16-Millimeter-Kopie der Metropolis-Langfassung überreichte. Es war die Version, die 1928 von Wilson vertrieben worden war und die man in Argentinien bis in die späten sechziger Jahre im Kino sehen konnte.

Während die 16-Millimeter-Rollen unberührt in Buenos Aires lagerten, suchten Filmhistoriker in den Archiven der Welt, von Moskau bis New York, nach den verschollenen Szenen. Als ihre Hoffnung nachließ, begann der damalige Leiter des Münchner Filmmuseums, Enno Patalas, mit der Rekonstruktion des Films. Mit Hilfe der Partituren der Filmmusik, von Set-Fotos und Zwischentitel-Texten, die er auf Karten der Zensurbehörde fand, versuchte er, der Premierenfassung so gut wie möglich zu entsprechen. Er erstellte eine Studienfassung, in der er die fehlenden Stellen markierte. Auf dieser Basis entstand im Jahr 2001, von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung finanziert, eine restaurierte Fassung, die mit einer Einblendung beginnt: “Von dem Film Metropolis sind nur ein unvollständiges Original-Negativ und unvollständige Kopien gekürzter und veränderter Fassungen erhalten. Über ein Viertel des Films muss als verloren gelten.”

Fernando Peña hatte seine Zweifel. Aber hätte er ahnen können, dass seine Exfrau wenige Jahre später genau das Archiv leiten würde, in dem jene Kopie lagerte, die er so dringend sehen wollte? Seit zehn Jahren gehen sie getrennte Wege, und beide haben die Liebe zum Film zu ihrem Beruf gemacht. Fernando Peña leitet die Filmabteilung des Museums für Lateinamerikanische Kunst in Buenos Aires. Er hat seine eigene Fernsehsendung und ist Programmchef beim internationalen Filmfest Mar del Plata. Paula Félix-Didier unterrichtet an verschiedenen Universitäten Filmgeschichte. Im Januar trat sie ihre Stelle beim Museo del Cine an. Plötzlich lag die Entscheidung bei ihr. Sie konnte bestimmen, wer das Archivmaterial sehen durfte. “Wann kommst du?”, lud sie Peña zur Schatzsuche ein, als sie ihn bei einem Filmfest traf. Ihr Exmann kam am Wochenende darauf. “Es dauerte keine zwanzig Minuten”, erzählt Félix-Didier. “Wir schauten in das Verzeichnis, die Leute in der Cinemathek suchten die Rollen. Dann hielt Fernando einen der Filmstreifen gegen das Licht und sagte: Está todo, alles ist da.”

Peña und Félix-Didier sahen sich an, lachten ungläubig, und beide wussten, was in dem anderen vorging. »Uns war klar: Das ist ein historischer Moment.« Da das 16-Millimeter-Material ein Negativ war, ließen sie eine Positiv-Kopie entwickeln und sahen sich den Film ein paar Tage später an. “Bei jeder neuen Szene, bei jeder neuen Einstellung zeigten wir auf die Leinwand und riefen: Das ist neu! Das war nicht drin!”, erzählt Félix-Didier. Und dann fragte sie Peña: “Was machen wir nun?” – “Das glaubt uns niemand”, sagte er.

Félix-Didier und ihr Exmann wurden wieder ein Team: Peña, der ohnehin nach Spanien reisen musste, nahm eine VHS-Kopie des entdeckten Films mit und suchte in Madrid im Telefonbuch die Nummer des Stummfilmspezialisten Luciano Berriatúa. Dessen Urteil war eindeutig: “Mir diese Szenen zu zeigen ist das schönste Geschenk überhaupt.” Berriatúa bestätigte: Fast alle Szenen, die seit 1927 als vermisst galten, waren da. Aber er war nicht die oberste Instanz. “Es fehlte das Siegel der Experten in Deutschland”, sagt Félix-Didier. Also schrieb sie eine E-Mail an die Murnau-Stiftung in Wiesbaden, die die Rechte an Metropolis besitzt, und eine zweite an den Restaurator Martin Koerber in Berlin, der zusammen mit seinem Team über drei Jahre hinweg in minutiöser Kleinarbeit Bild für Bild des bekannten Filmmaterials restauriert hatte. Die Experten schwiegen zunächst, doch dann schaltete Berriatúa sich ein und schrieb eine Mail nach Berlin: “Martin, c’est incroyable! Eine Kopie von Metropolis mit allem, was fehlt! Man kann jetzt zum ersten Mal die verlorenen Szenen sehen!” Sobald er diese Mail gelesen hatte, rief Koerber bei Félix-Didier in Buenos Aires an. “Sie ahnen gar nicht”, sagte er zu ihr, “wie oft ich E-Mails von Leuten bekomme, die glauben, Metropolis gefunden zu haben, und nie ist es wahr. Aber Luciano kennt sich aus. Ich werde nicht mehr schlafen, bis ich das Material gesehen habe.”

Am Dienstag vergangener Woche fliegt Félix-Didier nach Berlin, mit einer Kopie des gefundenen Materials in der Tasche. Im Filmhaus am Potsdamer Platz, gleich im Erdgeschoss, steht eine Plastik der berühmten Roboterfrau aus Metropolis. Als Félix-Didier mit ihrem Rollköfferchen den Vorführraum der Deutschen Kinemathek betritt, warten drei der größten Fritz-Lang-Kenner, die es gibt, auf sie. Da ist Rainer Rother, der Leiter der Deutschen Kinemathek und Chef der “Retrospektive”-Sektion der Berlinale. Er hat sich in der ersten Reihe platziert, den Laptop auf den Knien. Während der Vorführung wird er eine Studienfassung des Films auf DVD mitlaufen lassen, in der die fehlenden Stellen markiert sind.

Da ist Anke Wilkening, Restauratorin von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung. Sie setzt sich in die Mitte und zückt einen kleinen Block. Ihr Urteil wird entscheidend beeinflussen, was mit dem in Buenos Aires gefundenen Film in Zukunft passiert. Und da ist Martin Koerber, der Restaurator, mit kariertem Hemd und randloser Brille. Er hat von allen im Raum die meiste Zeit mit Metropolis verbracht. Der Rummel scheint ihm nicht zu behagen, er geht zur letzten Reihe, wo das Schaltpult steht. “Schauen wir mal, was wir da haben”, sagt er und startet den Film.

Es ist still im Minikino, einem schwarz ausgekleideten Raum, in dem statt Kinositzen Bürostühle mit Armlehnen stehen. Nur der Beamer surrt leise, ein Magen knurrt. Félix-Didier ist nervös, will etwas zu dem Film sagen. “Nehmen Sie doch nichts vorweg!”, sagt Koerber, Wilkening sitzt kerzengerade. “Der Film wurde für Argentinien bearbeitet”, warnt Félix-Didier vor. “Es gibt sehr poetische Zwischentitel.” – Dann kommt das, was alle kennen: der Vorspann von Metropolis. Die Walzen einer Kurbelwelle, Zahnräder, eine Drehbank. Dampfpfeifen, die den Schichtwechsel für die Arbeiter ankündigen. Ein zweiteiliges Gittertor, Arbeiter in Reih und Glied. Der Zwischentitel rollt nach unten: “Tief unter der Erde lag die Stadt der Arbeiter.”

Das Geschichte von Metropolis ist so pathetisch wie verwirrend: Ein Heer von Arbeitern schuftet unter der Erde an riesigen Maschinen, in der Oberwelt leben die Reichen. Über beide Welten wacht gottgleich der Großkapitalist Joh Fredersen. Dessen Macht wird bedroht, als sein Sohn sich in die schöne Maria aus der Arbeiterwelt verliebt, die von ihren Leuten verehrt wird und für Harmonie wirbt. Der Erfinder Rotwang, einst Rivale seines Vaters um eine inzwischen verstorbene Geliebte, entwirft eine Roboterfrau, um seine große Liebe wieder auferstehen zu lassen. Doch dann gibt er der Maschine die Gestalt von Maria und den Auftrag, Fredersen zu schaden. Die falsche Maria bringt die Menge dazu, die Maschinen von Metropolis zu zerstören. Dabei wird die Stadt der Arbeiter überschwemmt, die echte Maria und Fredersens Sohn retten die Kinder der Arbeiter und finden zusammen, die falsche Maria wird auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Am Ende siegt die Liebe: Der Vorarbeiter und Fredersen geben sich die Hand.

Der Film aus Buenos Aires ist stark verkratzt, wahrscheinlich wurde die Kopie Hunderte Male vorgeführt, bevor sie auf 16 Millimeter umkopiert wurde, ohne vorherige Reinigung. Félix-Didier legt die Hände auf die Armlehnen, dreht den Bürostuhl unruhig hin und her. Ob den Experten die Qualität des Materials zu schlecht ist? Was, wenn doch eine Szene fehlt? So lang wie in diesem Moment sind ihr die ersten Minuten des Films noch nie erschienen. – Dann kommt der Klub der Söhne, alles bekannt. Weiß gekleidete Menschen in einem gigantischen Sportstadion, darunter Freder, der Sohn von Fredersen, dem Lenker von Metropolis. Eine heile, reiche Welt ist zu sehen. Die Experten kennen diese Bilder auswendig. Das erste neue Bild erscheint nach fünf Minuten. Der Zeremonienmeister schminkt eine Dame, die Freder vergnügen soll. Den Paramount-Leuten war diese Szene offenbar zu anzüglich, sie schnitten sie raus. – “Here we go”, sagt Koerber und macht sich Notizen. Félix-Didier ist ungeduldig, sagt: “Das ist nur ein Vorgeschmack.” Aber niemand antwortet. So stumm war Metropolis wohl selten. –

Türflügel, die sich öffnen, Maria tritt ins Bild, fasziniert Freder. Es ist einer der Schlüsselmomente des Films: Der Sohn des Hierarchen verliebt sich, später sucht er Maria in den Tiefen der Arbeiterstadt, tauscht dort seine Kleider mit einem Arbeiter, stellt sich selbst an die Maschinen. Sein Vater gibt die Anweisung, jedem Schritt des Sohnes zu folgen. Ab sofort ist “der Schmale” ihm auf den Fersen. – War es vorher ungläubige Erwartung, ist es jetzt die Spannung, die keine Gespräche im Vorführsaal erlaubt: Der Schmale versteckt sich hinter einer Zeitung, er verfolgt Georgy, den Arbeiter, mit dem Freder seine Kleider getauscht hat. “Super”, sagt Koerber leise. Endlich eine Reaktion. Félix-Didiers Hände entkrampfen sich ein wenig.

Georgy steigt in ein Auto, findet Geld in den Taschen von Freders Kleidern. Sieht im Auto nebenan eine Dame, die sich schminkt. Ihm fällt ein Flugzettel auf den Schoß, “Yoshiwara” steht darauf. Georgy lässt sich in das Vergnügungsparadies fahren. “Exzellent”, sagt Koerber. Die fehlenden Stellen hat der Restaurator bisher nur im Kopf gesehen, sie sich vorgestellt. »Wahnsinn«, sagt Rother, der Kinemathek-Chef und Berlinale-Mann, in der ersten Reihe. “Das hat seit 1927 niemand mehr gesehen. Außer den Argentiniern, die vielleicht nicht wussten, was sie da hatten.”

Nun sind sie wieder da: die Autoszene und Yoshiwara, beide hatte der Filmkritiker Roland Schacht 1927 als besonders gelungen herausgestellt. Nach der Kürzung sei Metropolis nicht mehr der Film, den er bei der Premiere im Ufa-Kino gesehen habe, schrieb Schacht unter dem Pseudonym Balthasar. “Fast alles Dramatische” und “viel des photographisch besonders Gelungenen” fehlten in der neuen Version. Auch das Fehlen der nächsten von Peña und Félix-Didier wiederentdeckten Szene bedauert Schacht in seiner Kritik: Joh Fredersen, der Vater von Freder, steht im Haus des Erfinders Rotwang. Er öffnet einen Vorhang und findet dahinter eine Statue: “Hel. Geboren mir zum Glück, allen Menschen zum Segen. Verloren an Joh Fredersen. Gestorben, als sie Freder, Joh Fredersens Sohn, das Leben schenkte.” Diese kurze Szene macht klar: Rotwang und Fredersen sind Rivalen, sie liebten die gleiche Frau.

Genau diese Szene hatten die Amerikaner entfernt. Channing Pollock, der das Material umgeschnitten hatte, sagte später: “Ich habe ihm meine Bedeutung gegeben.” Durch diese Kürzung wurde der Film entstellt, die Rivalität zwischen Fredersen und Rotwang um die geliebte Frau war nicht mehr zu erkennen. Wenn Rotwang nun vor Fredersens Gesicht wütend mit den Armen herumfuchtelte, fragte man sich, warum. Kein Wunder, dass H. G. Wells über die gekürzte Fassung schrieb: “Ich habe vor Kurzem den dümmsten Film gesehen.” – Doch nun ist die Hel-Szene wieder da. “Auf einmal macht alles Sinn. Jetzt wird der Film zum männlichen Melodram”, sagt Wilkening, sie hat sich seit Beginn der Vorführung nicht bewegt, nur wie gebannt auf die Projektion gestarrt.

Rotwang arbeitet an einer Roboterfrau, er will seine geliebte Hel wieder zum Leben erwecken. Doch dann bittet ihn Joh Fredersen, ihr das Gesicht von Maria zu geben. Maria ist die weibliche Hauptfigur, die einen Mittler sucht, der den Streit zwischen den Arbeitern und den Lenkern von Metropolis beilegen soll. Nun gibt es eine zweite, eine Roboter-Maria. Sie stachelt die Massen auf, die Maschinen zu zerstören und ihre Kinder in Gefahr zu bringen.

Die nächste neue Szene. Georgy hat das Geld in Yoshiwara ausgegeben, steigt ins Auto und wird von dem Schmalen überrascht, der ihn in die Stadt der Arbeiter zurückschickt. “Davon hatten wir bis jetzt nicht mal Szenenfotos”, sagt Rother. – Es geht weiter: ein Kampf in der Wohnung des vom Vater entlassenen Sekretärs, der nun dem Sohn Freders treu ist. Die aufgebrachten Massen verfolgen die gute und schließlich die böse Maria. Dann die Panik der Kinder.

Ein Riss geht durch den Asphaltboden der Arbeiterstadt, Wasser quillt heraus. Zuerst wenig, dann birst der Beton. Die Stadt wird überflutet. Aus den Häusern strömen die Kinder zu Hunderten. Sie versuchen, über eine Treppe zu entkommen, rütteln verzweifelt an der Gittertür, die den Ausgang versperrt, während das Wasser immer höher steigt. 14 Tage lang hatten die Komparsen beim Dreh immer wieder unter Wasser gestanden, die meisten stammten aus den Elendsvierteln des Berliner Nordens. Einer fing sich eine Lungenentzündung ein und verlor die Stimme. In der Paramount-Version war diese Szene stark gekürzt, man wollte dem US-Publikum wohl nicht zu viel zumuten. “Wie spannend diese Szene auf einmal ist”, sagt Rother. “Jetzt ist Metropolis ein echter Fritz-Lang-Film.” Dann sehen die Experten das bekannte, kitschige Ende: Die Liebe überwindet die Differenzen, es kommt zum Handschlag zwischen Arbeiter und Magnat.

Das Licht im Vorführraum geht an. Félix-Didier liest den Experten nun jedes Wort von den Lippen ab. Ihr Urteil wird darüber entscheiden, wie es mit Metropolis weitergeht. Es geht reihum: “Der Zustand des Materials ist bedauerlich”, sagt Koerber, der Restaurator. “Mir hatte Metropolis nie wirklich gefallen”, sagt Wilkening, die Frau von der Murnau-Stiftung, “aber ich überlege, ob ich dieses Urteil revidieren muss. Die wichtigen Nebenfiguren machen nun Sinn.” – “Vorher war der Film holprig, jetzt ist er rund”, sagt Rother, der Chef der Kinemathek.

Ganz am Ende sagt Anke Wilkening den entscheidenden Satz: “Wir als Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung sehen uns in der Verantwortung, das Material zusammen mit dem Archiv in Buenos Aires und unseren Partnern der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.” Es sind Zauberworte in Félix-Didiers Ohren. Irgendwann, hoffentlich, werden die fehlenden Metropolis-Stellen nicht mehr nur im Kopf der Zuschauer laufen, sondern auf einer echten Leinwand.

Seit ihrer Gründung vor 42 Jahren setzt sich die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung dafür ein, einen Großteil des deutschen Filmerbes vom Beginn der Laufbilder bis zum Anfang der sechziger Jahre zu erhalten, zu pflegen und zu verbreiten. In der Obhut der Stiftung finden sich die großen Klassiker des deutschen Kinos: Das Cabinet des Dr. Caligari, Nosferatu, Nibelungen, Der blaue Engel, Die drei von der Tankstelle, Münchhausen, Große Freiheit Nr. 7 – und eben Metropolis. Nachdem seine Restauratorin von ihrer Reise nach Berlin zurückgekehrt ist, sagt Helmut Poßmann, der Vorstand der Stiftung: “Je mehr Materialien zusammengetragen, vergleichend betrachtet und ausgewertet werden, umso historisch zuverlässiger ist das Ergebnis von Restaurierungen. Das bisher verschollen geglaubte Material führt zu einem neuen Verständnis dieses Meisterwerkes von Fritz Lang.”

Fehlt nur noch ein Urteil: das von Enno Patalas, dem Mann, der seit Anfang der siebziger Jahre Metropolis erforscht und versucht hat, den Film zu rekonstruieren – ohne ihn je vollständig gesehen zu haben. Patalas erwartet Félix-Didier in seiner Wohnung in München. Durchs Fenster sieht man Kastanien, das Wohnzimmer steht voll mit Büchern, viele über Fritz Lang, eine Sammlung der Cahiers du Cinema. Patalas legt die DVD ein, guckt und schweigt. “Das könnte eine Kopie vom Original sein”, sagt er am Ende zu der mittlerweile von der Reise völlig erschöpften Paula Félix-Didier. “Es ist das authentischste Material, das wir kennen.”

Patalas glaubt wie die anderen Experten, dass die neuen Stellen selbst nach einer Restaurierung nicht an die Qualität des bekannten Materials herankommen würden. Aber vielleicht sollte Félix-Didier das nicht zu sehr bedauern. Es sind gerade die Materialfehler, die ihrem kleinen Filmmuseum bald ein großes Denkmal setzen könnten: in einer neuen Version von Metropolis, die die in Buenos Aires wiedergefundenen Szenen enthält. Und diese würden – dank der Kratzer auf dem Film – für immer als solche zu erkennen bleiben.

 

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